10.42

Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Uns NEOS wird ja gerade beim Thema Pensionen immer wieder vor­geworfen, sozial kalt und neoliberal zu sein. Auch im Wahlkampf habe ich immer wieder Menschen getroffen, die gesagt haben, sie würden ja gerne die NEOS wählen, aber beim Thema Pensionen können sie nicht mit, weil die NEOS da zu unsozial sind. (Bundesrätin Miesenberger: Genau!) Wie falsch ist das bitte? Was für ein unfassbares Missverständnis ist das? Damit muss aufgeräumt werden.

NEOS heißt „Das Neue Österreich“. Das neue Österreich wird eben auf Dauer nur funktionieren, wenn man sich den Bereich der Pensionen kritisch ansieht, aber nicht unsozial und kalt, sondern vernünftig und ohne ideologische Scheuklappen.

Mein geschätzter Kollege Gerald Loacker hat in seiner letzten Rede im National­rat sehr schön ausgeführt, dass manche Dinge eben unbequem sind, wie zum Beispiel die Schwerkraft (einen Post-it-Block auf das Redner:innenpult fallen lassend): Die Dinge fallen hinunter und eben nicht hinauf. Es ist auch ein simples Rechengesetz, dass das Pensionssystem, so wie es jetzt aufgestellt ist, nicht mehr lange finanzierbar ist. Der Chef der Pensionsversicherungsanstalt, Winfried Pinggera, hat kürzlich bei einer Veranstaltung öffentlich gesagt: Wissen Sie, Ihre Pensionen sind schon gesichert, aber Sie werden mit Ihrem SUV halt auf einer Schotterstraße fahren, weil für was anderes kein Geld mehr da sein wird. Das heißt also, finanzierbar ist es schon, es wird halt für sonst nichts mehr ein Budget da sein. (Bundesrat Spanring: Für Österreich ...!)

Allein im Jahr 2024 entsprechen die Ausgaben für das Pensionssystem beinahe 29 Prozent der Einnahmen des Bundes. Somit fließen 29 von 100 Milliarden Euro in unser Pensionssystem. Warum ist das so? – Die Österreicherinnen und Österreicher gehen heute im selben Alter in Pension wie in den Siebzigerjahren, aber sie werden – glücklicherweise – durchschnittlich neun Jahre älter. Sie treten noch dazu auch später ins Berufsleben ein, weil sie längere Ausbildungen absolvieren.

Nach einer Berechnung des parlamentarischen Budgetdienstes belasten allein die Pensionsbeschlüsse der Jahre 2017 bis 2023 das Budget bis zum Jahr 2050 mit 1,8 Milliarden Euro mehr. Das ist Geld, das im Budget für Maßnahmen zugunsten der jüngeren Generation fehlen wird. Natürlich sollen Pensionen an die Inflation angepasst werden, das ist klar und das steht auch so im Gesetz. Das steht im Gesetz, während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich ihre Lohnerhöhungen Jahr für Jahr in Kollektivvertragsverhandlungen erstreiten müssen und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber diese Mittel am Markt ver­dienen müssen.

Damit nicht genug werden immer vor den Wahlen von den Regierenden noch zusätzliche Pensionsgoodies verteilt, die die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Milliardenhöhe belasten. Als außerordentliches Pensionswahlzuckerl wurden in der letzten Nationalratssitzung am 18. September die Schutzklausel und die Aussetzung der Aliquotierung jeweils um ein Jahr verlängert (Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank!), angeblich um Kaufkraftverluste auszugleichen. Aber welche Kaufkraftverluste sollen das sein? – Die wurden ja schon längst alle ausgeglichen. (Ruf bei der SPÖ: Na geh!)

Obwohl das so ist, werden durch die Verlängerung der Schutzklausel noch einmal 4,5 Prozent extra draufgegeben, wenn die Pension angetreten wird. Gemäß einer Budgetdienstanalyse entstehen im Zeitraum 2025 bis inklusive 2028, also innerhalb von nur vier Jahren, aufgrund genau dieser Verlängerung der beiden Maßnahmen um ein weiteres Jahr fiskalische Kosten in Höhe von 381 Millionen Euro. Diese fiskalischen Kosten enden aber auch nicht im Jahr 2028, denn aufgrund des Zinseszinseffektes wird ebendiese Verlängerung der beiden Maßnahmen bis 2050 nachwirken. Dieser Zinseszinseffekt muss selbstverständlich bei den vorhin erwähnten jährlichen 1,8 Milliarden Euro noch on top gerechnet werden.

Wenn man nicht will, dass der SUV über die Schotterstraße fahren muss, dann muss man schon fragen: Wo soll das Geld herkommen? (Zwischenruf des Bundesrates Schmid.) Von wo nehme ich es weg? Von der Infrastruktur? Von der Bildung? Von den Klimaschutzmaßnahmen? Diese Fragen sind unbeant­wortet.

Ein Sozialsystem lebt vom fairen Gleichgewicht. Diese Frage war zu Recht, wie ich meine, auch Thema im vergangenen Wahlkampf. Das Pensionssystem lebt vom fairen Gleichgewicht zwischen der älteren Generation und der jungen Generation, die auch noch einmal Anspruch auf eine Pension erwerben will und die ein Recht darauf hat, dass Investitionen in ihre Zukunft stattfinden – in die Bildung, den Klimaschutz, das Gesundheitssystem, die Infrastruktur – und dass nicht das Budget zum Großteil und immer mehr und mehr darauf verwendet wird, Pensionen zu finanzieren.

Folgende Beschlüsse müssen für Pensionsneuzugänge endlich ein Ende haben: die Aussetzung der Aliquotierung für Pensionsantritte im Jahr 2025, die Schutzklausel für Pensionsantritte im Jahr 2025, die Abschlagsbefreiung beim Sonderruhegeld, der Frühstarterbonus und der Ausgleichszulagen- und Pensionsbonus. (Ruf bei der SPÖ: Das ist aber nicht frauenfreundlich, Frau Kollegin!) Das Pensionssystem in Österreich ist derzeit ein Fass ohne Boden. Das Fass braucht aber wieder einen festen Boden (Ruf bei der SPÖ: Auf Kosten der Frauen!), damit auch die junge Generation noch etwas davon hat und damit dieses Fass nicht die Zukunft unserer Kinder gefährdet. (Bundesrätin Eder: Das ist ja unerhört!)

Wir NEOS stimmen diesem Gesetz daher nicht zu. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Das ist unerhört! Unglaublich!) Die neue Bundesregierung wird sich jedenfalls auch einer tiefgreifenden Reform des Pensionssystems annehmen müssen. Das neue Österreich kann nicht so weiterwurschteln. Es braucht endlich eine Politik, die auch an übermorgen denkt. – Vielen Dank. (Bundesrat Schreuder: So schaut soziale Kälte aus! So schaut soziale Kälte brutalster Art aus!)

10.47

Vizepräsident Dominik Reisinger: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Manfred Mertel. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Himmer: Jetzt kein Wischiwaschi reden! – Ruf bei der SPÖ: Kollege Himmer, der Witz ist alt!)