RN/20

10.14

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn ich persönlich an Schlepperkriminalität denke, habe ich sofort das Bild der Flüchtlingstragödie bei Parndorf vom 26. August 2015 vor Augen. Dabei kamen damals 71 Menschen aus dem Irak, aus Afghanistan, aus Syrien und aus dem Iran ums Leben, die in einem Kühllastwagen aus Ungarn nach Österreich geschleppt wurden. Ihre Leichen wurden am 27. August 2015 im luftdicht verschlossenen Laderaum des Fahrzeugs gefunden, das in einer Pannenbucht auf der Ost-Autobahn A 4 in der Gemeinde Parndorf abgestellt worden war. Die vier Haupttäter aus der Schlepperbande, die den Transport der Menschen, der Flüchtlinge, organisiert hatten, wurden in Ungarn wegen Mordes unter besonders grausamen Umständen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Das war 2015.

Die aktuellen Zahlen in Bezug auf Schlepperkriminalität zeigen, dass die harte und konsequente Arbeit unserer Polizei gegen diese Schlepperorganisationen Früchte trägt: Die Schleppermafia meidet zunehmend zumindest Österreich, was zweifellos ein Erfolg ist. 

Dieser Erfolg darf uns jedoch nicht davon abhalten, die grundlegenden Werte unserer Asylpolitik zu verteidigen und weiterzuentwickeln. Unsere grüne Position ist klar und konsequent: Wir Grüne stehen in Österreich und in der EU für eine Asylpolitik, die im Gleichgewicht zwischen Menschenrechten, Humanität und Ordnung steht, fest verankert auf dem Boden der Genfer Flüchtlingskonvention. (Beifall bei den Grünen.) 

Jene, die Schutz benötigen, müssen effektiven Zugang zu Asylverfahren erhalten. Das gilt insbesondere für geflüchtete Frauen, Kinder und andere besonders verletzliche Schutzsuchende.

Ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie ist der Ausbau legaler Fluchtwege, insbesondere durch Resettlementprogramme und den Familiennachzug. Dies ist der effizienteste Weg, um Menschenhandel und kriminelle Schleppernetzwerke zu bekämpfen. Auf diese Weise können wir jenen Schutz gewähren, die ihn am dringendsten benötigen, und verhindern, dass Schutzsuchende ihr Leben riskieren müssen.

Da möchte ich jetzt auch gleich auf die aktuelle Situation in Syrien zu sprechen kommen. Nach 14 Jahren grausamen Konflikts – und da rede ich noch gar nicht von dem Assad-Regime im Vorfeld – und Bürgerkrieg geben die jüngsten Entwicklungen ein wenig Hoffnung, dass das Leiden des syrischen Volkes endlich ein Ende finden könnte und dass eine der größten Vertreibungskrisen dieser Welt gelöst werden könnte. 

Ja, unter diesen Umständen ist es sicherlich angebracht, laufende Asylverfahren zu pausieren, um dann auf einer fundierten Grundlage betreffend die neue Situation in Syrien Entscheidungen über Schutzgewährung treffen zu können. Was ich aber für gänzlich populistisch halte – und da stimme ich Kollegen Reisinger zu –, ist, jetzt laut über Abschiebungen im großen Stil nach Syrien nachzudenken, da in Wirklichkeit doch niemand weiß, was dort morgen passieren wird. Während ich jetzt rede, kann die HTS schon ganz andere Wege einschlagen, als noch gestern gesagt worden ist.

Für noch viel unangebrachter halte ich es persönlich, den Familiennachzug, nämlich eine legale Möglichkeit, Krisengebiete zu verlassen, einzustellen. Es handelt sich beim Familiennachzug hauptsächlich um Frauen und Kinder, die um denselben Schutzstatus wie ihre in Österreich lebende Ankerperson ansuchen werden und diesen Schutzstatus ex lege auch erhalten werden. Auch wenn diese Bezugsperson in Österreich zum Beispiel tatsächlich ihren Asylstatus in Zukunft verlieren würde, so ist es immer noch möglich, dass diese Person zu einem anderen Aufenthaltsrecht gelangt. Mit dem Aussetzen des Familiennachzuges zurzeit müssen aber Frauen und Kinder im Ungewissen unter eventuell großen Gefahren ausharren, und das ist tatsächlich unverständlich.

Ich möchte aber noch eine weitere Form des Schlepperunwesens ansprechen: den Menschenhandel. Der Menschenhandel ist eine der abscheulichsten Formen der Ausbeutung und eine direkte Folge unzureichender legaler Migrationswege. Um auch diesen kriminellen Machenschaften endgültig einen Riegel vorzuschieben, müssen wir den Menschen eine sichere legale Alternative bieten. Darum betone ich noch einmal den Ausbau legaler Fluchtwege – das reduziert die Abhängigkeit der Schutzsuchenden von Schleppern und anderen kriminellen Netzwerken. 

Nur durch eine gemeinsame europäische Anstrengung können wir den Menschenhandel effektiv bekämpfen und die Täter zur Verantwortung ziehen. Mit der neuen Resettlement-Rahmenverordnung der EU haben wir erstmals ein einheitliches europäisches Rechtsinstrument für sichere und geordnete Fluchtwege geschaffen, und wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Österreich von diesem Instrument auch Gebrauch macht. 

Ein weiterer Kernbestandteil einer gemeinsamen EU-Asylpolitik ist ein fairer Verteilungs- und Solidaritätsmechanismus. Tatsächlich ist es so, dass Österreich in den letzten Jahren sehr große Verantwortung in der Aufnahme von Geflüchteten übernommen hat, sicher mehr als andere Mitgliedstaaten, wenn wir nur an Ungarn denken. 

Wir müssen in Zukunft von allen EU-Staaten konsequent einfordern, dass sie sich an die geltenden Regeln im Bereich Asyl- und Migrationsrecht halten und die entsprechenden Aufnahmebedingungen und Verfahrensgarantien schaffen. Hier müssen wir klar und deutlich Rechtsstaatlichkeit und solidarische Übernahme der Verantwortung einfordern. 

Die aktuellen Zahlen belegen, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Die Zahl der Aufgriffe an der burgenländischen Grenze ist von 24 000 im Jahr 2022 auf 470 im Jahr 2024 zurückgegangen. Auch die Zahl der festgenommenen Schlepper hat sich drastisch reduziert. Das ist sicher als positiv zu bewerten. 

Auch zu erwähnen ist, weil über Asylantragszahlen heute schon gesprochen worden ist, dass ein Drittel aller Asylanträge in Österreich von Kindern und Frauen gestellt wird, die auf einem sicheren und geordneten Weg eingereist sind. Diese Zahlen verdeutlichen für mich die Wichtigkeit unseres humanitären Ansatzes. Die Schutzgewährung in 64 Prozent aller inhaltlichen Entscheidungen im Jahr 2023 zeigt, dass unser System funktioniert und wir den Menschen, die es am dringendsten benötigen, Schutz bieten können. 

Abschließend und im Hinblick auf die kommenden Festtage möchte ich sagen, dass es wohl am wichtigsten und wesentlichsten ist, Fluchtursachen zu stoppen und zu bekämpfen. Das bedeutet in erster Linie, Frieden zu schaffen und diesen zu sichern. 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen frohe Weihnachten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

10.22

Präsident Mag. Franz Ebner: Vielen Dank, Frau Bundesrätin.

Für eine erste Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister für Inneres Gerhard Karner. Ich erteile ihm das Wort. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.