RN/21

10.22

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Vielen herzlichen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, auch ich möchte Ihnen sehr herzlich zu Ihrer Präsidentschaft gratulieren und auch der neuen Präsidentin alles Gute für die kommende Präsidentschaft wünschen. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren Bundesräte! Ich gebe ganz ehrlich zu, auch ich bin nicht ganz glücklich mit dem Titel der heutigen Aktuellen Stunde (Rufe bei SPÖ und Grünen: Oh!): „Harte und konsequente Arbeit der Polizei […]“. Warum? – Weil er nur die Polizei beinhaltet. Wir müssen aber auch das österreichische Bundesheer dazunehmen, das wäre wichtig.  Wir haben das gestern im Burgenland getan: Wir waren gestern in Eisenstadt und haben uns dort für die Leistungen des Bundesheeres bedankt; ich komme später noch darauf zurück. Und der zweite Teil des Titels: „[…] Schleppermafia meidet Österreich“, wurde, so habe ich gehört und auch gelesen, einfach den deutschen Medien entnommen. So ist es wahrscheinlich zu diesem Titel der heutigen Aktuellen Stunde gekommen. 

Ich möchte aber jetzt mit einem Thema beginnen, das von den meisten meiner Vorredner auch angesprochen wurde und das ganz besonders aktuell ist: die Situation in Syrien und wie sich die Situation jetzt nach dem Sturz des Assad-Regimes vor knapp zwei Wochen verändert hat. Warum ist das ganz aktuell? – Weil es heute auch Thema beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel ist.

Ich bin dem Herrn Bundeskanzler sehr, sehr dankbar, dass er das heute diskutieren wird und auch darauf drängen wird – ich halte das für richtig und wichtig; wir haben das auch schon beim Treffen der Innenminister getan –, dass wir eine gemeinsame europäische Vorgangsweise finden, was Syrien betrifft, nämlich zu schauen, dass es dort stabile Verhältnisse geben wird, und auch die Menschen dabei zu unterstützen, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. Dazu gibt es auch den Vorschlag, einen EU-Sonderbeauftragten für Syrien einzusetzen. Daher ist diese Debatte höchst aktuell, gerade am heutigen Tag, an dem auch die Staats- und Regierungschefs darüber beraten. 

Ich möchte noch einmal zusammenfassen, auch, um vielleicht die eine oder andere Emotion in dieser Frage herauszunehmen, und erklären, welche Schritte Österreich gesetzt hat, welche Schritte unsere Behörden in diesem Zusammenhang gesetzt haben. 

Erstens, und das wurde zu Recht angesprochen: Am Montag vor einer Woche, Montag Vormittag, wurden alle laufenden Verfahren ausgesetzt beziehungsweise gestoppt, in erster Instanz, beim BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, etwas über 7 000 Verfahren. Das ist rechtlich so vorgesehen, völlig legitim und wurde natürlich auch sofort gemacht. Auch in zweiter Instanz, beim Bundesverwaltungsgericht, wurde Ähnliches gemacht, dort sind aktuell etwas über 5 000 Verfahren anhängig. Damit einhergehend wurde selbstverständlich auch der Familiennachzug ausgesetzt. 

Ich erzähle das, weil das auch von den Expertinnen und Experten so gesehen wurde und diesem Beispiel Österreichs auch auf europäischer Ebene gefolgt wurde: Deutschland am selben Tag, Schweden, Niederlande, Italien wenige Stunden später beziehungsweise am nächsten Tag. 

Parallel dazu, ebenfalls am Montag, wurden über 40 000 Bescheide, mit denen syrische Staatsbürger in den letzten fünf Jahren einen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, aufgemacht – so heißt das in der Beamtensprache. Das heißt, diese müssen neu bewertet werden, weil sich die Asylgründe eben sehr wahrscheinlich geändert haben. Das ist auch Teil des Asylgesetzes, das zu tun und auch entsprechend umzusetzen. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach [SPÖ/W].) 40 000 Verfahren, das ist viel Arbeit, das ist enorm viel Arbeit. Das duldet keinen Aufschub, das sind Dinge, die von den Behörden sofort umzusetzen sind.

Ich habe auch an diesem Montag – und dazu stehe ich in jeder Sekunde – den Auftrag dazu gegeben, ein systematisch geordnetes, stufenweises Rückführungs- und Abschiebeprogramm vorzubereiten, weil auch das als Innenminister meine und als Behörde unsere Verantwortung und unsere Aufgabe ist, diese Schritte zu setzen, mit einer klaren Priorität, mit einer klaren Prioritätenliste, wie ich das bereits im Parlament gesagt habe. Und ich bitte, dass man mich, wenn es um eine so sensible Sache geht, korrekt zitiert, Herr Bundesrat. (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Muss man nicht so stolz sein!) Ich habe nicht von einer Abschiebeliste gesprochen, ich habe von einer Prioritätenliste gesprochen. 

Wenn man ein so sensibles Thema diskutiert, dann bitte ich einfach, korrekt zu zitieren. Ich tue das auch. Die Priorität liegt klar auf der freiwilligen Rückkehr, und es gibt viele, die das tun wollen. Sie haben das bei dieser Freudenkundgebung in Wien ausgesprochen und viele haben das auch in weiterer Folge ausgesprochen. Gestern hat eine junge Frau, die 2015 aus Syrien nach Österreich gekommen ist und mittlerweile Österreicherin ist, selbst gesagt, sie wolle, sobald es möglich ist (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Vorübergehend! Vorübergehend!), für eine gewisse Zeit zurückkehren. Es ist unsere Aufgabe als Behörde – für deren Erfüllung werden wir gut bezahlt –, dass wir diese Menschen dabei auch unterstützen. 

Aber natürlich – und das meine ich mit Prioritätenliste – müssen wir jetzt auch schon darüber reden: Wie können wir dann, wenn es möglich ist, auch wieder die entsprechenden Abschiebungen durchführen – auch das ist in einem Rechtsstaat notwendig –, wenn jemand kriminell geworden ist, wenn er nicht bereit ist, sich in unserem Land zu integrieren und sich an die Spielregeln in unserem Land zu halten, oder wenn er nicht bereit ist, arbeiten zu gehen, und nur von der Sozialhilfe leben will, weil er einfach nicht arbeiten gehen will? Darüber haben wir auch zu reden, auch das ist in einem Rechtsstaat selbstverständlich notwendig. Deshalb sind jetzt die Schritte dazu vorzubereiten und ist das auch entsprechend umzusetzen. Das ist verantwortungsvolle Politik, zu der ich mich bekenne, zu 100 Prozent bekenne. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch einmal, um das für alle noch einmal klar und unmissverständlich auszusprechen – ich habe das im Parlament getan und tue das auch hier in diesem Kreis, weil es wichtig ist (Bundesrätin Schumann [SPÖ/W]: Das ist alles Parlament, Herr Minister!) –: Wir haben weder vor, zur jetzigen Stunde Massendeportationen durchzuführen, wie sich das vielleicht manche wünschen, noch haben wir jetzt die Aufgabe, die Hände in den Schoß zu legen und zu warten, was passiert. Nein, jetzt haben wir Vorbereitungen für dann zu treffen, wenn es möglich ist. (Vizepräsident Reisinger übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt viele, aus allen Fraktionen, auch aus Ihrer Fraktion, die vor einem halben, vor einem Dreivierteljahr, als wir über kriminelle syrische Staatsbürger diskutiert haben, kritisiert haben, warum die noch nicht abgeschoben worden sind. Wenn es möglich ist, müssen wir das tun. Das ist unsere Verantwortung, und ich bekenne mich hundertprozentig dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme jetzt zum Hauptthema, das ich schon kurz angesprochen habe, zum eigentlichen Hauptthema, wobei natürlich das Thema, das ich davor angesprochen habe, sehr unmittelbar damit zu tun hat: der Kampf gegen die Schlepperkriminalität, der Kampf gegen die illegale Migration, der Kampf gegen Asylmissbrauch. Wir haben wie gesagt gestern Abend in der Martin-Kaserne in Eisenstadt auf Einladung des Militärkommandos Burgenland den traditionellen – Herr Präsident, du kennst das – Weihnachtsempfang abgehalten, das Militärkommando hat dazu eingeladen, um Danke zu sagen. Traditionell tun das die Polizei, das Bundesheer, das Land Burgenland und die Stadt Eisenstadt gemeinsam, da wird stellvertretend einigen Vertretern des Bundesheeres, Soldatinnen und Soldaten, und auch einigen Polizisten ein Geschenk übergeben. Ich halte das für ein ganz besonders gutes und wichtiges Signal, dass wir das als Republik tun: dass wir den Kolleginnen und Kollegen, die diese schwierige, harte, oft gefährliche Arbeit machen, ein ganz klares Zeichen des Dankes geben, gerade wenige Tage vor Weihnachten. Wir haben das gestern sehr, sehr gerne getan. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch ein paar Zahlen, die unterstreichen, wie erfolgreich die Arbeit dieser Frauen und Männer im abgelaufenen Jahr war – eine Zahl wurde schon genannt, ich wiederhole sie –: Wir hatten im Jahr 2022 allein an der burgenländischen Grenze 80 000 illegale Grenzübertritte, im selben Zeitraum heuer waren es 4 500. Das ist eine massive Entlastung für die Bevölkerung, vor allem in den Gemeinden Oberpullendorf, Nikitsch. Es sind vor allem jene Gemeinden, die direkt an der Grenze sind, die vor zwei Jahren massiv belastet waren. Da ist der Polizei, da ist dem Bundesheer wirklich etwas gelungen. Das hat aber nicht nur Auswirkungen auf das Burgenland, das hat Auswirkungen auf ganz Österreich. 

Auch dazu eine Zahl, die unterstreicht, dass wir da noch lange nicht am Ende, aber auf dem richtigen Weg sind, um das auch ganz klar zu sagen: Wir haben zuletzt, im heurigen Jahr, von 35 Asylquartieren des Bundes 26 geschlossen; neun sind noch in Betrieb, 26 wurden geschlossen, weil die Zahlen – und damit auch die Belastung, denn es ist für die Gemeinden eine Belastung – so deutlich gesenkt werden konnten. 

Noch eine Zahl: Wir haben innerhalb von zwei Jahren an die tausend Schlepper aus dem Verkehr gezogen – in Österreich, auch gemeinsam mit unseren Nachbarn, Ungarn –, und daher an dieser Stelle ein großes Dankeschön allen Polizeikräften, allen Soldatinnen und Soldaten des Bundesheeres, den Ermittlern des Bundeskriminalamtes, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BBU und letztendlich auch den Gemeinden, die ganz besonders betroffen waren: vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.

Es wurden viele Maßnahmen gesetzt, aber es werden weitere Maßnahmen gesetzt werden müssen; das sei an dieser Stelle auch ganz klar gesagt. 

Ich möchte auch kurz darauf eingehen, was in den meisten Debattenbeiträgen angesprochen wurde, nämlich das Thema Schengen. Ich sehe es als absolut richtig und es war notwendig, dass Österreich vor zwei Jahren das Schengenveto gezogen hat. Es war – das sei auch ganz klar ausgesprochen – letztendlich ein Hilferuf aus Österreich. Die Zahl wurde genannt: 112 000 Asylanträge allein in diesem Jahr in Österreich. Es war ein Hilferuf, ja, es war ein Fingerzeig – Richtung Europäische Union, Richtung Europäische Kommission, auch Richtung mancher Länder, die eventuell durchgewunken haben –, dass es so nicht weitergehen kann. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach [SPÖ/W].

Wir haben mit diesem Veto, ich habe mit diesem Veto, davon bin ich überzeugt, gemeinsam mit dem Bundeskanzler auch ein Umdenken in der Europäischen Union erreicht. In diesen zwei Jahren wurde ein Asyl- und Migrationspakt verabschiedet, der jetzt umgesetzt wird: mit intensiver Verstärkung des EU-Außengrenzschutzes und mit den von Ihnen zu Recht geforderten Verfahren an diesen EU-Außengrenzen. 

Ganz entscheidend war vor allem, dass sich die Situation in Rumänien und Bulgarien verbessert hat, dass die Kommission mehr Geld in diese beiden Länder investiert hat. 1 200 zusätzliche Polizisten wurden in Bulgarien an die türkische Grenze gestellt, Frontex wurde verdreifacht, und 130 Millionen Euro wurden vonseiten der Kommission in den Ausbau der Grenzüberwachung investiert: in Bewegungsmelder, Wärmebildkameras und alle neuen technischen Möglichkeiten, die es da gibt. Es hat ein Umdenken in diesem Bereich stattgefunden. 

Ja, mir ist völlig bewusst, dass wir da noch nicht am Ende der Fahnenstange sind, da muss Weiteres passieren, da müssen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Asyl- und Migrationspaktes weitere Schritte gesetzt werden.

Nur eine Bemerkung, Herr Bundesrat, weil wir uns – Sie haben es ja angesprochen – in Brüssel getroffen haben: Warum haben Sie mich denn nicht angeredet? (Heiterkeit des Bundesrates Schennach [SPÖ/W]. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) – Vielleicht hätten Sie gute Argumente gehabt (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP), mich bei der Sitzung noch zu überzeugen; aber das haben Sie leider nicht getan. Bleiben wir doch seriös, auch in dieser Debatte, wie wir heute hier zusammengekommen sind. 

Wichtig ist auch, was von Rumänien und Bulgarien weiter umgesetzt wurde: Es sind Pilotprojekte für die sogenannten Außengrenzverfahren von diesen Ländern gestartet worden. Diese Länder sind deutlich besser geworden in der Rückübernahme von beispielsweise – was wir heute schon diskutiert haben – Syrern und Afghanen, Dublinüberstellungen im Zusammenhang mit diesen beiden Ländern funktionieren jetzt wieder; das betrifft die, die kein Aufenthaltsrecht in Österreich haben, und die Verfahren müssen eben in Rumänien und Bulgarien durchgeführt werden. Das sind wichtige Punkte, die da gesetzt wurden.

Der letzte Punkt, den wir zuletzt noch gemacht haben, war eine Arbeitskonferenz in Budapest unter ungarischem Vorsitz, unter Vorsitz des ungarischen Innenministers Sándor Pintér, gemeinsam mit Rumänien und Bulgarien, bei der wir ein weiteres Grenzschutzpaket verabschiedet haben. Auch in Zukunft werden, und das ist so vereinbart, ungarische, rumänische und österreichische Polizisten an der EU-Außengrenze Bulgarien–Türkei, eine enorm wichtige Grenze, Dienst machen; das ist ein gemeinsames Paket. Das heißt, wir reden nicht nur davon, dass wir die EU-Außengrenze schützen müssen, sondern wir leisten auch ganz konkret und ganz konsequent unseren Beitrag. 

Was auch vereinbart wurde – Sie haben darüber gesprochen –: Rumänien und Bulgarien werden Vollmitglieder von Schengen, aber – auch das ist vereinbart – es wird weiterhin, so wie es derzeit Grenzkontrollen von Österreich Richtung Ungarn, von Deutschland Richtung Österreich gibt, Grenzkontrollen von Ungarn Richtung Rumänien und von Rumänien Richtung Bulgarien geben, um eben diese Sicherheitskorridore weiterhin gewährleisten zu können. Das sind ganz konkrete Punkte, die wir vereinbart haben, damit dieser Schritt, den wir jetzt gesetzt haben, letztendlich möglich war. Das ist eine ganz klare Linie: das Veto, das wir vor zwei Jahren gezogen haben, mit ganz klaren Ergebnissen für die Sicherheit der Bevölkerung jetzt zu dieser Stunde. (Beifall bei der ÖVP.)

Zusammengefasst: Meine sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte Damen und Herren Bundesräte, vielen Dank für diese Debatte, vielen Dank für diese Aktuelle Stunde. Das unterstreicht diesen notwendigen, diesen harten, diesen konsequenten Kampf gegen Asylmissbrauch, diesen Kampf gegen illegale Migration und diesen Kampf für einen funktionierenden EU-Außengrenzschutz, für einen gemeinsamen Asyl- und Migrationspakt auf europäischer Ebene. In diese Richtung müssen wir ganz, ganz konsequent weitergehen, damit wir die Bevölkerung entlasten und für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke für diese Stellungnahme. 

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer:innen an der Aktuellen Stunde nach Beratung in der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Matthias Zauner. Ich erteile ihm dieses. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.