RN/33

11.32

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Vielen Dank, Kollege Schennach, für diese letzten Worte. Ich wollte in meinem Vortrag auch Gisèle Pelicot danken, für ihren Mut und auch dafür, dass tatsächlich die Scham die Seiten gewechselt hat. Dafür, dass ein Mann das hier unterstreicht, danke ich dir sehr. (Allgemeiner Beifall.) 

Ich habe mich aber auch sehr über die Rede von Herrn Kollegen Himmer gewundert, der irgendwie so tut, als wäre er heute neu angelobt worden. Dabei ist die ÖVP eigentlich seit Ewigkeiten in der Regierung und hätte auch schon vorher eine entsprechende Änderung oder überhaupt ein anderes Gesetz machen können. 

Was mich bei der ÖVP heute eigentlich auch total erschreckt, ist: Sie reden heute schon den halben Tag von Menschenrechten, aber unterstützen Minderheitsrechte, die auch Menschenrechte sind, hier im Bundesrat nicht. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, vier Mitgliedern einer Partei im Bundesrat einen Fraktionsstatus zu geben. Das haben Sie nicht gemacht. Ich finde, das ist für die Menschenrechte und die Grundrechte, für das rechtspolitische Handeln in Österreich sehr, sehr schade. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Jetzt haben die Eigenen vergessen zu applaudieren!)

Die Neuregelung der sogenannten Handysicherstellung ist sehr gut durchdacht und total wichtig – wir haben es eben schon gehört –, auch um den staatlichen Zugriff auf Datenträger, die das halbe Leben organisieren und dokumentieren, gut zu regeln. Es geht nämlich um Straftaten – meist um schreckliche Straftaten –, bei denen das das Ermittlungsverfahren schlechthin ist: Es geht um Wirtschaftskorruption und Wirtschaftsabsprachen, um Betrug übers Internet und auf Social Media, um Hass im Netz, auch um Upskirting – auch dafür wird der Ehemann von Gisèle Pelicot gerade verurteilt –, um die Darstellung von Kindesmissbrauch und um die Verfolgung von Vergewaltigung. Dafür ist es extrem wichtig, dass diese Neuregelung einen Ausgleich verschiedener Interessen bietet. 

Es ist dieses Gesetz mit vereinten Kräften zustande gekommen. Alle Stakeholder wurden einbezogen – wir haben es schon gehört –, auch die SPÖ hat sich eingebracht. Es waren die konstruktiven Parteien, die sich da eingebracht haben, aber auch die staatsanwaltschaftlichen Stellen, die Rechtsanwaltskammer, die verschiedenen Ministerien. Sie haben aus unserer Sicht einen guten Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verfolgung und Aufklärung von Straftaten und dem Schutz der Privatsphäre und der eigenen Daten geschaffen. Sie haben diesen auch geschaffen, indem sie den Rechtsschutz erhöht haben, nämlich indem sie die Verfahren klarer und transparent gemacht haben, nämlich den Ablauf und die Zuständigkeiten in diesen Verfahren. 

Es ist auch gut, dass die Staatsanwaltschaft die Herrin des Verfahrens bleibt, weil sie schon in dem an das Gericht gestellten Antrag auf Beschlagnahmung von Datenträgern und auf Durchführung von deren Analyse diese Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen muss, ob das Interesse an Aufklärung den Grundrechtseingriff bezüglich der geschützten Daten rechtfertigt. 

Was dabei auch ganz wichtig ist, ist, dass das Ermittlungsverfahren zu laufen beginnt, sobald gegen eine Person ermittelt wird, und dass ab dann die Opfer, aber auch die Beschuldigten ihre Verfahrensrechte haben. 

Lieber Herr Kollege Kofler von der FPÖ, bitte lesen Sie den Gesetzestext und die Erläuterungen dazu genauer! Genau ab dem Beginn dieses Ermittlungsverfahrens haben die Beschuldigten, aber eben auch die Opfer schon Rechte; also da beginnen die Verfahrensrechte. Da können sie – weil auch dieser Vorgang der Datenauswertung so gut dokumentiert ist – beantragen, dass verschiedene Funde in diesen Daten, also die Ergebnisse dieser Analyse, vernichtet werden, sie können sagen, dass genauso nach verschiedenen Parametern gesucht werden muss, und sie bekommen vor allem Einsicht in diese Ergebnisse. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Das ist ein total wichtiger Schutz der Beteiligten in diesen Verfahren. Darüber hinaus – und das ist auch ein wichtiger Punkt – wird auch die öffentliche Kontrolle in diesem Bereich gestärkt. Die Rechtsschutzbeauftragten der Justiz bekommen nämlich Kontrollkompetenzen und müssen das auch in ihren Jahresberichten veröffentlichen. Das ist gut so, weil dann nämlich auch die Öffentlichkeit von diesen Ermittlungsverfahren und davon, wie diese durchgeführt werden, erfährt. 

Es ist also alles in allem eine wohldurchdachte und rechtsstaatlich sehr gut abgewogene Neuregelung, die die Kompetenzen in den Verfahren, die Frage, wer was macht, aber auch die Verfahrensschritte klarer und transparenter regelt und den Rechtsschutz der Beteiligten erhöht. 

Ich möchte auch noch ein bisschen die weiteren Regelungen, die in diesem Strafprozessrechtsänderungsgesetz vorkommen, erwähnen. Da muss ich die Ausführungen von Kollegen Schennach ein bisschen ergänzen. Minderjährige werden glücklicherweise schon bisher, wenn es um Gewalt zu Hause geht, durch Opferschutzeinrichtungen begleitet und haben psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Das wird jetzt auf alle Gewalttaten ausgedehnt. Also bei allem, was Minderjährige an Gewalt mitbekommen, haben sie ein Recht auf diese Prozessbegleitung. Das Wichtige ist, glaube ich, dass die Polizei die Minderjährigen darauf aufmerksam macht und mit den Opferschutzeinrichtungen verbindet.

Ein zweiter für mich wichtiger Punkt ist, dass speziell geschulte Richterinnen und Richter den Auftrag bekommen, Verfahren über häusliche Gewalt zu leiten. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. 

Es ist also ein sehr zustimmenswertes Strafprozessrechtsänderungsgesetz, damit eben gerade heute mit den digitalen Möglichkeiten auf der Seite der Straftäter:innen, aber vor allem auf der Seite derer, die Aufklärung betreiben, Letztere besser funktioniert, und mit dem auf die Abwägung zwischen Grundrechtseinschränkung und Interesse der Aufklärung gut Bedacht genommen wurde. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

11.40

Vizepräsident Dominik Reisinger: Danke. 

Als nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Barbara Prügl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.