RN/19

10.36

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte und liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Die Präsidentin ist jetzt nicht da, ich möchte ihr trotzdem gerne zu ihrem Vorsitz gratulieren. Ich durfte hier im Bundesrat beginnen, als sie ihren ersten Vorsitz hatte, und ich weiß, sie wird das sehr gut machen. 

Herr Bundeskanzler, ich möchte mich auch dafür bedanken, dass Sie wieder zur Verfügung stehen, ich muss leider dazusagen, in einem ÖVP-geführten Bundeskanzleramt, in dem wieder Not am Mann ist. Ich danke aber Ihnen und auch dem Herrn Bildungsminister, der gegangen ist, dass Sie sich von einer möglichen FPÖ-geführten Regierung abgrenzen; eine Regierung, daran möchte ich nochmals erinnern, die von den NEOS – die innerparteiliche Überlegungen vor die Interessen Österreichs gestellt haben – angestoßen wurde. Ja, es ist verdammt schwierig, Herr Bundeskanzler Schallenberg hat es auch gesagt, es braucht Mut, über seinen eigenen Schatten zu springen, es ist nicht leicht, Kompromisse einzugehen, und oft ist es noch schwieriger, diese Kompromisse in der eigenen Partei durchzubekommen. Wir Grüne wissen das aus eigener Erfahrung, aber wir wissen auch, dass es möglich ist, wenn man Verantwortung für Österreich übernehmen muss.

Das tut man, wenn man den ersten Schritt in Koalitionsverhandlungen setzt: Man übernimmt Verantwortung für dieses Land, für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, für eine gerechte Gesellschaft, in der das Gute im Menschen gefördert und das Schlechte hintangehalten wird. Darum geht es in einem zivilisierten Miteinander. Diese Verantwortung für Österreich haben die NEOS leider nicht übernommen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Hahn [SPÖ/NÖ].) 

Explizit gegen die Verantwortung entschieden hat sich aber die ÖVP, die nach Aufgabe der NEOS schnurstracks zur FPÖ geeilt ist und sich als potenzielle Regierungspartnerin angeboten hat. Es ist die ÖVP – Kollege Wanner von der SPÖ hat es schon gesagt –, die Steigbügelhalterin für einen blauen Bundeskanzler ist. Es ist so klassisch, wenn wir uns an das Bild des ehemaligen Innenministers auf dem Pferd erinnern. Es ist auch die ÖVP, die einen Gesellschaftsspalter – ja, die Spalter sind nämlich die FPÖ – und Putin-Freund nach Brüssel schickt, der dort Orbáns illiberales und antidemokratisches sowie EU-feindliches Vorgehen stärkt und ihm darin auch noch nacheifern wird und genauso die Mechanismen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit blockieren wird – der also für ein schwaches Europa anstatt für die Stärkung Europas stimmen wird, die wir jetzt gerade so dringend brauchen. 

Blaue Minister werden auch dafür sorgen, dass das Recht einer rechten Politik folgen wird. Sie werden damit der Demokratie und den Menschen in Österreich schaden. Die Unabhängigkeit der Institutionen, die für die Demokratie im Sinne der Checks and Balances so wichtig ist, wird der Parteipolitik und dem Machterhalt geopfert. Denken wir an die Staatsanwaltschaften, denken wir an die Medien oder an die NGOs, die sich jetzt schon zurückhalten, weil sie Kürzungen befürchten. Denken wir aber auch an die Minderheitenrechte und Frauenrechte, die sie mit Füßen treten werden – und ja, auch das sind Menschenrechte. Denken wir an die Klimaschutzförderungen, die auch der Wirtschaft im kleinen Ort sowie der großen Industrie extrem dienlich waren und die gestrichen werden. Denken wir an die milliardenschweren Strafzahlungen nach Brüssel, die zu erwarten sind. Aber ÖVP und FPÖ brettern lieber mit 150 km/h auf der Autobahn, als Verantwortung für dieses Land zu übernehmen. 

Ich erinnere mich an die Worte der Holocaustüberlebenden Erika Freeman am Montag im Parlament: „Nein ist der Anfang von Ja.“ Daher rufe ich Sie auf, werte Kolleg:innen von der ÖVP: Sagen Sie Nein zu einem Volkskanzler, egal wie er heißen mag, und Ja zu neuen Verhandlungen mit Parteien, die Verantwortung für Österreich übernehmen wollen! Die Geschichte wird es Ihnen danken. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Zu guter Letzt – meine Rede ist heute krankheitsbedingt etwas kürzer (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]) – möchte ich etwas aufgreifen, was in drei Tagen schon mehr als 100 000 Menschen unterzeichnet haben – bisher sind es 122 000 Menschen –, nämlich eine Petition für den Erhalt des Klimatickets. (Ruf bei der FPÖ: Bitte? – Zwischenruf des Bundesrates Thoma [ÖVP/Vbg.].) Es ist das Klimaticket, mit dem man mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein Jahr lang um 1 100 Euro österreichweit fahren kann. Das ist eine soziale und ökologische Maßnahme gleichzeitig, und weil es das ist, freue ich mich, wenn die SPÖ, die das schon angedeutet hat, diesem Entschließungsantrag, den ich jetzt einbringen möchte, auch zustimmen wird. Es ist mein erster Entschließungsantrag, daher wohl ein bisschen holprig: 

Entschließungsantrag

der Bundesrätinnen und Bundesräte Elisabeth Kittl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Das Klimaticket muss bleiben!“

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 37 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates anlässlich des Amtsantrittes des neuen Bundeskanzlers 

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass das KlimaTicket in seiner bestehenden Form erhalten bleibt.“ 


Ich freue mich, wenn Sie mit uns dafürstimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

10.43

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/19.1

TOP1 Unselbständiger Entschließungsantrag: Das Klimaticket muss bleiben!-Image von MMag. Elisabeth Kittl, BA

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön. 

Der von den Bundesrät:innen MMag. Elisabeth Kittl, BA, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Das Klimaticket muss bleiben!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung. 

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Sumah-Vospernik. Ich erteile es.