12.30
Bundesrat Sebastian Forstner (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Es ist mir heute eine besondere Ehre, als Vertreter nicht nur des Bundesrates, sondern auch eines großartigen Bundeslandes zu Ihnen sprechen zu dürfen, nämlich des industriellen Herzstücks unserer Republik, des Bundeslandes Oberösterreich.
Oberösterreich ist ein Standort, der für Innovation, Qualität und vor allem wirtschaftliche Stärke steht. Das weiß ich so gut, weil ich nicht nur seit 1998 in der Privatwirtschaft arbeite, sondern auch die große Ehre habe, seit 2006 in einem großartigen und innovativen Familienunternehmen im Innviertel zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen meinen Beitrag leisten zu dürfen, damit diese starke oberösterreichische Industrie diese Leistung erbringen kann.
Mit dieser Stärke geht aber auch große Verantwortung einher. Von der Verantwortung haben wir heute schon sehr oft gehört, und ich will – das ist mir ein Anliegen – auch in das gleiche Horn stoßen. Wir alle in diesem Raum haben nämlich Verantwortung für unsere Unternehmen, für unsere Umwelt, aber ganz besonders für unsere Menschen, nämlich unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die täglich ihr Bestes geben, genau in diesen Unternehmen, die diesen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder [Grüne/W].)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Zusammenhang muss ich auch auf einen tragischen Wendepunkt eingehen, der direkt bei uns in der Region war oder auch immer noch ist, der uns alle sehr, sehr hart getroffen hat. Sie wissen wahrscheinlich, was ich ansprechen will: Das ist die Insolvenz der Firma KTM in Mattighofen, direkt vor unserer Haustür in Ried. KTM – so war es bei mir in meiner Kindheit immer – war immer eine Bezeichnung für österreichische Ingenieurskunst, für Weltruhm, für Spitzenleistungen im Motorsport und für das gute innviertlerische Hemdsärmelaufkrempeln: Schauen wir, dass etwas weitergeht!
KTM ist nicht nur ein bedeutender Arbeitgeber, sondern für mich und für Sie alle, glaube ich, auch ein Symbol für diesen industriellen Erfolg in Oberösterreich und für unser Land. Der plötzliche Zusammenbruch dieses Unternehmens hat nicht nur einen wirtschaftlichen Schock ausgelöst, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz, ganz hart getroffen. Die waren in Schockstarre, weil sie auf einmal vor dem wirtschaftlichen Ruin gestanden sind. Da waren Familien betroffen, die auf einmal nicht mehr gewusst haben, welche Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen werden. Da ist es um viel, viel mehr gegangen: Da ist es darum gegangen, ob sie ihre Miete noch zahlen können, ob sie die Ausgaben des täglichen Lebens überhaupt noch finanzieren können. Das ist eine Situation, die ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünsche. Ich bin selber zweifacher Familienvater, und ich will mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was da passiert ist.
Auch in dieser existenziellen Krise hat man aber gesehen, dass da jemand da ist. Da hat es Leistungen gegeben, für die ich jetzt an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich Danke sagen will: allen voran der Arbeiterkammer Oberösterreich – Stangl Andi und seinem Team –, dem AMS Oberösterreich, das sich sofort besonnen hat, was da jetzt los ist. Die haben alle Kräfte zusammengezogen und wirklich an einem Strang gezogen, um diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Last von den Schultern zu nehmen, diese existenzielle Bedrohung abzufedern und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Es ist dieses berühmte Wort Lohnnebenkosten gefallen: Ich sage immer, für mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind es Lohnnebenleistungen, die da erbracht worden sind, das muss man an dieser Stelle noch einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
Und es ist auch eine Leistung des Insolvenzentgeltfonds, der sehr, sehr schnell mit Rat und Tat und dem dementsprechenden Geld zur Seite gestanden ist, damit unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerade zur Weihnachtszeit, in der man ein bisschen mehr Geld braucht als sonst, unterstützt werden konnten.
Wenn ich dann höre, dass man zeitgleich überlegt, dem AMS Oberösterreich nicht einmal die Inflation abzugelten, sondern zusätzlich noch einmal 10 Millionen Euro vom Budget wegzukürzen, dann ist das für mich, wie wenn ich sehe, dass sehr, sehr viele Leute ertrinken und man absichtlich noch die Luft aus der Weste herauslässt, damit man es ja nicht schafft. Das ist für mich ein Zeichen der falschen Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn man bedenkt: Wir sind ja nicht alleine mit dieser Situation, auch unser Partner Deutschland, der sozusagen direkt neben dem Innviertel liegt, schwächelt. Wir haben im dritten Jahr in Folge eine Rezession zu erwarten, und dadurch steigen die Arbeitslosenzahlen. Da sind wir in Oberösterreich natürlich noch viel stärker betroffen.
An dieser Stelle will ich natürlich auch positive Stimmung vermitteln. Dieser Schicksalsschlag von KTM zeigt uns eindrücklich, warum eine vorausschauende und verantwortungsvolle Industriepolitik unerlässlich ist. Es geht jetzt darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die es unseren Unternehmen ermöglichen, zukunftsfähig und resilient zu bleiben, und das auch in schwierigen Zeiten. Da gehört genauso ein Transformationsfonds dazu, den wir immer wieder gefordert haben, damit wir es schaffen, in eine nachhaltige Produktion, in Forschung und Entwicklung sowie in eine aktive Arbeitsplatzsicherung zu investieren.
Es reicht nicht – das ist mir jetzt auch ganz wichtig –, nur im Nachhinein auf Insolvenzen zu reagieren. Wir alle hier haben die Verantwortung, präventiv zu handeln. Jetzt gilt es, gezielte Förderprogramme, die Angebote für Aus- und Weiterbildung unserer Fachkräfte auszubauen und zu sichern und durch eine Modernisierung unserer Infrastruktur Unternehmen wie KTM oder Fischer den Rücken zu stärken. Eine nachhaltige und faire Industrie- und Wirtschaftspolitik ist nämlich der Schlüssel für eine gute Zukunft in Oberösterreich und in ganz Österreich.
Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, braucht es klare Bekenntnisse zu einer Strategie, die Wohlstand sichert. Ich komme aus der Privatindustrie, ich bin es nicht gewohnt, ohne Plan zu arbeiten (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Wo arbeitet man ohne Plan?), und deswegen ist es umso wichtiger, eine Strategie zu entwickeln, die Wohlstand sichert, soziale Sicherheit stärkt und Klimaschutz mit wirtschaftlicher Entwicklung verbindet.
Beim letzten Punkt möchte ich an dieser Stelle einer der bedeutendsten Industriestädte Österreichs gratulieren, nämlich Linz, nicht nur zur supererfolgreichen Wahl des neuen Bürgermeisters – Dietmar Prammer und seinem Team an dieser Stelle noch einmal herzlichen Glückwunsch (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder [Grüne/W]) –, sondern auch dazu, dass in Linz seit Oktober 2022 aktiv daran gearbeitet wird, klimaneutral zu werden, ein gesamtstädtisches Klimaneutralitätskonzept zu entwickeln. Dort werden Maßnahmen definiert, damit die Bereiche Energie, Verkehr und Gebäude des direkten und erweiterten Wirkungsbereiches rasch dekarbonisiert werden können. Das ist ein ganz wichtiger Schritt mit Vorzeigewirkung.
Jetzt komme ich bei meiner Erstrede auch schon langsam zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir dürfen nicht vergessen, dass Industriepolitik am Ende auch immer Sozialpolitik ist. Unser Fokus muss auf den Menschen liegen, auf den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in diesen Betrieben so viel Großartiges leisten, die unsere Wirtschaft tragen. Ihnen gilt es jetzt gemeinsam Perspektiven zu bieten, denn hinter jedem Arbeitsplatz stehen eine Geschichte, eine Familie und am Ende des Tages ein Lebenstraum. Dafür haben wir allesamt die Verantwortung.
Ich appelliere an uns alle: Lassen wir uns vom Schicksal von KTM mahnen, aber nicht entmutigen! Lassen wir uns inspirieren, gemeinsam die richtigen Weichen zu stellen, damit unsere heimische Industrie stark und innovativ bleibt!
Liebe ÖVP, übernehmen Sie gemeinsam mit uns die Verantwortung, und setzen wir gemeinsam die richtigen und wichtigen Schritte in Richtung Zukunft für unsere Industrie und für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Tiefnig [ÖVP/OÖ].)
12.40
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag.a Kerschler. Ich erteile ihr dieses.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.