RN/18
11.19
Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Josef Schellhorn: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Kollegen auf der Regierungsbank! Vor allem sehr geehrte Mitglieder aller hier im Bundesrat vertretenen Parteien! Was lange währt, wird gut – und unser Regierungsprogramm, das auch ich Ihnen hier vorstellen darf, ist gut.
Es ist gut, weil es ein klares Arbeitsprogramm ist – drei Parteien, mehr, viel mehr als drei Parteien, für ein großartiges Land Österreich. Es ist ein Arbeitsprogramm, das die budgetären Realitäten berücksichtigt und dennoch die wichtigen Spielräume für Investitionen in die Zukunft und für Entlastung schafft. Es ist ein Arbeitsprogramm, das entstanden ist, weil wir hart gearbeitet haben, aufeinander zugegangen sind und weil wir bereit sind, für die Zukunft hart zu arbeiten. Beides wollen wir in den nächsten Jahren fortsetzen: die Offenheit zwischen den Regierungspartnern und das unerlässliche Arbeiten für ein gemeinsames, besseres Österreich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Wir möchten uns an dieser Stelle auch ganz besonders bei Bundeskanzler Christian Stocker und Vizekanzler Andreas Babler für die vielen Stunden und, wie der Herr Bundeskanzler auch gesagt hat, Nächte der Verhandlungen, der Gespräche, des Aufeinanderzugehens bedanken. Es waren wichtige Gespräche, die extrem lange gedauert haben, aber zu einem sehr guten Ende geführt haben.
Es war nicht immer einfach. Der Wille für positive Veränderung, um Österreich wieder nach vorne zu bringen, war da, ist da und wird da sein, und das ist ein klares Bekenntnis zu unserer Zusammenarbeit. Von Anfang an war uns klar: Regieren ist kein Selbstzweck. Die alles entscheidende Frage ist: Wie können wir das Leben der Menschen in Österreich nachhaltig verbessern? Das war die Frage, die uns drei Parteien wirklich angetrieben hat.
Das heißt, die Fragen, die wir uns stellen müssen, sind: Was ist denn in diesem Programm konkret an Lösungen von ganz aktuellen und täglichen Problemen und Sorgen der Menschen zu finden? Sind die Kinder am Ende dieser Legislaturperiode besser auf ein selbstbestimmtes Leben vorbereitet, indem sie ihre eigenen Talente frei zur Entfaltung bringen können? Haben Kinder mehr Chancen, sich zu entfalten? Sind Unternehmerinnen und Unternehmer von unnötigen bürokratischen Hürden entlastet, und haben sie die unternehmerische Freiheit, Werte zu schöpfen und damit den Wohlstand sowie Arbeitsplätze, die so wichtig sind in diesem Land, zu sichern?
Dazu darf ich Ihnen in meiner Rolle als Staatssekretär für Entbürokratisierung und Deregulierung ein, zwei zusätzliche Worte mitgeben: Die Bürokratie ist ein Thema, das uns alle in diesem Land betrifft. Sie begleitet unser tägliches Leben, regelt Prozesse, sichert Standards und sorgt für Ordnung. Das ist richtig, doch wenn sie überhandnimmt, wenn sie Innovation hemmt und Unternehmertum erschwert, dann wird sie zum Hindernis für die Zukunft. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Bürokratie zu durchforsten, davon zu entlasten und so den Weg für mehr Dynamik, mehr Wachstum und mehr Eigenverantwortung freizumachen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ein starker Staat ist kein überregulierter Staat. Ein starker Staat setzt klare, effiziente Rahmenbedingungen, die den Menschen dienen, anstatt sie zu belasten. In den vergangenen Jahren haben wir erlebt, wie Vorschriften Unternehmen in ihrer Entwicklung behindern, wie sich Existenzgründer durch die Papierberge kämpfen müssen und Unternehmer viel Zeit und Geld in irrsinnig komplizierte Reportings stecken müssen, statt ihre Arbeit zu tun. Deswegen ist meiner Ansicht nach Entbürokratisierung mehr als ein wirtschaftliches Anliegen.
Es geht um Vertrauen in die Eigenverantwortung und in die Freiheit der Menschen. Ich habe dieses Vertrauen in die Menschen, in jeden Einzelnen. Es geht jetzt um Entlastung! Und, so ehrlich müssen wir sein, wenn wir Entlastung für die Menschen in diesem Land bringen wollen und sie jetzt bringen wollen, dann können wir die ersten Schritte eben mit einer Bürokratieentlastung setzen.
Wo Vertrauen ist, wird aber auch Verantwortung vorausgesetzt. Diese Verantwortung des Einzelnen findet sich in unseren Vorgaben im Integrationsbereich, denn wir wollen ab dem ersten Tag Integration nicht nur fördern, sondern auch wesentlich entschlossener einfordern und damit in unseren Kindergärten und in unseren Schulen auch einen starken Schwerpunkt setzen.
Es geht um die Chancen aller und es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und zwar – unverrückbar! – auf Basis der Werte einer liberalen Demokratie und einer offenen Gesellschaft. Für mich ist der Gradmesser der Offenheit, der Aufgeschlossenheit und auch der Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft die Kunst und Kultur des Landes.
Es mag für Sie absurd klingen, sehr geehrte Damen und Herren, aber Sie wissen ja, Kunst und Kultur ist mir ein Herzensanliegen – neben Entbürokratisierung –, und da will ich ganz klar betonen: Die österreichische Kunst und Kultur, unsere aktive Kunstszene, ist ein nicht zu unterschätzender Faktor im Außenauftritt und in der Außenwahrnehmung unseres Landes. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Ich freue mich daher persönlich ganz außerordentlich, dass wir ein wirklich engagiertes Kunst- und Kulturkapitel für das Regierungsprogramm verhandeln konnten. Es ist so wichtig, denn Kunst und Kultur fördert den Diskurs, die Auseinandersetzung und den diplomatischen Dialog im Außenauftritt, und ich glaube, das ist das, was uns gerade in Zeiten des Auseinanderrückens, gerade in Zeiten eines Keils wieder zusammenbringt. In meiner Rolle als Staatssekretär im Außenministerium werde ich die österreichische Kunst und Kultur im Ausland als Treiber für Offenheit und Toleranz weiter stärken.
Diese Werte sind es auch, die uns als Regierung ein klares Bekenntnis zu Europa diktiert haben. Wir stehen zu einem starken gemeinsamen Europa. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Wir sagen das auch ganz klar in Bezug auf die Sicherheitslage: ein starkes Bekenntnis zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und ein starkes Bekenntnis zu einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa. Nur gemeinsam sind wir stärker.
Das ist keine Abkehr von unserer langjährigen Partnerschaft und tiefen Verbundenheit mit den Vereinigten Staaten. Auch diese Bundesregierung bekennt sich klar zu dieser transatlantischen Partnerschaft, aber die Entwicklungen der letzten Wochen haben doch gezeigt, dass wir vieles neu denken müssen, und das gilt insbesondere auch für die Sicherheit der Menschen in Europa.
Und wenn ich Europa sage, ist ganz klar, dass es vonseiten dieser Regierung weiterhin eine ungebrochene Unterstützung für die Ukraine geben wird, denn es geht nicht bloß um die Sicherheit der Menschen in der Ukraine, es geht um die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. Die Ukraine verteidigt im dritten Jahr ihre Souveränität, territoriale Integrität, Unabhängigkeit und Freiheit gegenüber einem Aggressor Russland. Es gilt weiter – und das haben wir auch gestern wieder bekräftigt –: keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine, keine Verhandlungen bezüglich Europas Sicherheit ohne Europa! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Der springende Punkt ist nämlich jener, geschätzte Mitglieder des Bundesrates: Es darf keine Täter-Opfer-Umkehr geben! Gerade ein kleines Land wie Österreich und wir als Österreicher haben Interesse daran, dass wir wieder zu einer regelbasierten Weltordnung zurückkehren, in der es aber auch Sanktionen gegen den gibt, der diese Regeln mit Bomben, Granaten, Ermordungen und Deportationen von kleinen Kindern bricht.
Die Ukraine ist bedauerlicherweise nicht der einzige Kriegsschauplatz in der europäischen Nachbarschaft. Auch im Nahen Osten hat sich die Lage seit dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 weiter zugespitzt, und sie bleibt sehr instabil und fragil. Aufgrund unserer historischen Verantwortung bekennen wir uns, auch diese Bundesregierung, zur Sicherheit Israels: Das Existenzrecht Israels steht für uns außer Debatte. Österreichs Bekenntnis zu einer engen, bilateralen Beziehung zu Israel ist selbstverständlich im Regierungsprogramm enthalten. Unsere Verantwortung und Aufgabe wird sein, die Diplomatie mit dem Pochen auf Einhaltung von Völkerrecht, auch mit dem Pochen auf Einhaltung von humanitären Verpflichtungen im Nahen Osten zu führen und letztendlich auch für Frieden zu sorgen.
Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Es ist historisch, dass zum ersten Mal eine Dreierkoalition arbeitet. Erlauben Sie mir, zu sagen: Es ist auch historisch, dass zum ersten Mal eine liberale Partei in Österreich in einer Regierung vertreten ist. Wir wollen den Menschen den Glauben an eine bessere Zukunft zurückgeben und ihnen Zuversicht schenken. Die kommenden Jahre werden zugegebenermaßen nicht einfach – für uns alle, für die Menschen da draußen wie für uns in unseren Entscheidungsprozessen. Diese Ehrlichkeit hatten wir immer und diese Ehrlichkeit müssen wir auch verkörpern, gepaart mit einem richtigen Schub an Optimismus: weil es wieder vorangeht, wenn wir entlasten, wenn wir an Bürokratie entlasten und wenn wir am Ende dieser Legislaturperiode auch klare Zeichen setzen können, dass dieser Wirtschaftsstandort Österreich wieder prosperieren kann. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Diese klaren Worte, auch des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers, diese Ehrlichkeit haben sich die Menschen verdient. Aber unser Versprechen als Bundesregierung gilt: Wir sind uns unserer großen Verantwortung bewusst und werden hart an einer besseren Zukunft für Österreich arbeiten: für die Menschen in diesem Land und mit den Menschen in diesem Land – gemeinsam und hoffentlich mit Ihnen allen, zum Wohle Österreichs, zum Wohle von uns allen für dieses großartige Land Österreich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
11.32
Vizepräsident Michael Wanner: Herr Staatssekretär, danke für Ihre Ausführungen.
Bevor wir in die Debatte eintreten, begrüße ich unseren ehemaligen Bundesrat und jetzigen Nationalrat Markus Leinfellner recht herzlich bei uns. (Allgemeiner Beifall.)
Wir treten in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet ist Klubvorsitzender Bundesrat Himmer.