RN/23

12.37

Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik (NEOS, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In meiner Rede hier im Plenum am 30. Jänner war mein Blick noch auf den demokratiepolitischen Abgrund gerichtet, auf den unser Land zu dem Zeitpunkt geradeaus zusteuerte. Die Umbrüche, die eine FPÖ-Kanzlerschaft unserer Republik demokratiepolitsch, justizpolitisch und medienpolitisch gebracht hätte, hätten unser aller Leben für lange Zeit verändert, und das nicht zum Besseren! (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Nein!)

Es kam anders: Die ÖVP hat in allerletzter Sekunde die allerletzte rote Linie doch nicht überschritten, sondern sich ihrer staatspolitischen Verantwortung besonnen. Dafür sei Ihnen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, aufrichtig gedankt! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Was kam, war ein ehrliches Aufeinander-Zugehen von ÖVP, SPÖ und auch uns NEOS mit dem festen Willen, für unser Land das Meistmögliche weiterzubringen, das Bestmögliche, das in unser aller Kraft liegt, zu schaffen. Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein Regierungsprogramm, das sich sehen lassen kann, ein Regierungsprogramm, das auf 211 Seiten 50-mal das Wort Reform und 91-mal das Wort Frauen enthält.

Vor dem Hintergrund der innenpolitischen Diskussionen der letzten Tage möchte ich persönlich auch betonen, dass ich natürlich eine Feministin bin, wie hoffentlich jede Frau, die etwas auf sich hält, und hoffentlich auch jeder Mann, der etwas auf sich hält, denn Feminismus ist purer Humanismus. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Schreuder [Grüne/W] und Lindner-Wolff [ÖVP/W].) Das bedeutet, dass man sich für Menschenrechte – und nichts anderes sind Frauenrechte – einsetzt, und das muss in unser aller Interesse liegen.

Ich selber hatte bei den Regierungsverhandlungen die große Ehre, in der Untergruppe Justiz, Verfassung und Rechtsstaat mitverhandeln zu dürfen, und ich freue mich ganz besonders, dass Meilensteine für unser Land wie die unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft und das Hearing von Minister:innen vor dem Nationalrat ebenso kommen wie eine längst überfällige Modernisierung des nachehelichen Unterhalts.

Im Regierungsprogramm dieser ersten Dreierkoalition der jüngeren Geschichte findet sich auch eine ORF-Reform, die weit über die Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses hinausgeht und die die Unabhängigkeit dieses so wichtigen heimischen Mediums stärken wird.

Auch für Kunst und Kultur gibt diese Bundesregierung trotz angespannter budgetärer Lage ein starkes Bekenntnis ab, und erstmalig gibt es auch ein Zusammendenken von Kunst, Kultur und Bildung in der elementarpädagogischen schulischen Ausbildung.

Besonders hoch hüpft mein Herz natürlich, wenn ich auf den Bereich der Bildungsagenden in diesem Regierungsprogramm schaue, denn es kommen ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]); die Mittlere Reife; ein sozial indizierter Chancenbonus für eine individuelle Stärkung von Schulen; mehr Schulautonomie; transparente und nachvollziehbare Postenbesetzungen; und der uns so wichtige Bürokratieabbau in Schulen, damit unsere Pädagoginnen und Pädagogen ihre Zeit wieder den Kindern widmen können.

Wie wichtig dieser Bundesregierung das Thema der Deregulierung ist, zeigt die Schaffung eines eigenen Deregulierungsstaatssekretariats. Manche mögen sich gewundert haben, dass es im Außenministerium angesiedelt ist, aber jeder, der dich, sehr geehrter Herr Staatssekretär, lieber Sepp, kennt, weiß, dass du ein Macher bist und dass du überall, wo du bist, egal ob in der Küche, in der Landespolitik, im Nationalrat oder jetzt im Staatssekretariat, leidenschaftlich für deine Überzeugungen kämpfst und etwas weiterbringst. Du bist genau der Reformmotor, den unsere Regierung jetzt braucht.

Sehr, sehr stolz sind wir NEOS freilich auch auf unseren ersten liberalen Bildungsminister der Zweiten Republik. Zum ersten Mal wird das Bildungsministerium nicht von ÖVP oder SPÖ geführt, und das bedeutet einen echten Aufbruch. Sehr geehrter Herr Bildungsminister, lieber Christoph! Du hast in Wien in den letzten Jahren gezeigt, dass dir die Verbesserung der Bildungssituation unserer Kinder ein echtes Herzensanliegen ist (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Mit Containerschulen, ja genau!), das du mit viel Engagement und Energie vorangetrieben hast. Österreich könnte sich keinen besseren Bildungsminister wünschen, und ich wünsche dir für deine wichtige Aufgabe alles Gute, viel Kraft und viel Gelingen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Seit meiner letzten Rede hier im Bundesrat am 30. Jänner hat sich aber auch die geopolitische Lage zusehends zugespitzt. Zwar bekennt sich Österreich freilich weiterhin zur transatlantischen Partnerschaft und es wird nicht vergessen, was wir Amerika alles zu verdanken haben, aber Donald Trump zeigt derzeit in fast wöchentlichem Graus eine disruptive Politik und eine bedrückende Annäherung an Putins Russland.

Der bekannteste russische TV-Moderator Wladimir Solowjow sagte kürzlich: Warum bilden Amerikaner und Russen eigentlich nicht einfach ein Militärbündnis und teilen sich Europa auf? Wir richten dann unsere Basen an unseren Lieblingsorten ein, in Berlin und in Paris, und dann kann sich Europa auch seine teuren Militärausgaben sparen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ! Ist es das, wie Sie sich die europäische Sicherheitsordnung vorstellen? Sind Sie deswegen gegen Sky Shield? Sind Sie deswegen so stolz darauf, dass Herbert Kickl als einziger österreichischer Politiker bei der Angelobung von Donald Trump eingeladen war? – Wenn man das so sieht, dann haben Sie freilich recht. Dann ist alles paletti.

Russen und Amerikaner teilen sich Europa auf, von Grönland bis zum Baltikum, aber wir neutralen Österreicher im Herzen von Europa, wir werden davon natürlich verschont bleiben, weil uns die Neutralität ja schützt, oder? (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber Sky Shield wird uns schützen ...?!) – Nein, liebe Kollegen von der FPÖ, da liegen Sie leider völlig falsch.

Der EU-Gipfel vergangene Woche wurde zu Recht als historisch beschrieben, weil die EU-Staaten erstmals ganz klar und eindeutig ihre Entschlossenheit bekundet haben, sich selbst – notfalls auch ohne Unterstützung der USA – gegen ihre äußeren Feinde zu verteidigen. (Zwischenruf der Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.].)

Man stelle sich vor diesem geopolitischen Hintergrund vor, bei diesem Gipfel wäre nicht Bundeskanzler Stocker, sondern Herbert Kickl für Österreich am Tisch gesessen. Was hätte das für die Sicherheit unseres Landes, unserer Kinder bedeutet? Hätte Herbert Kickl diese Beschlüsse mitgetragen? – Gott sei Dank mussten wir das nicht herausfinden.

Die derzeitige geopolitische Lage ist wohl angespannter, als sie es in den letzten 70 Jahren je war. Beate Meinl-Reisinger hat schon in ihren ersten Amtstagen unter Beweis gestellt, dass sie eine hervorragende Außenministerin für Österreich ist und sein wird. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Sie steht für eine klare Haltung Österreichs in der EU, in der Welt und auch und ganz besonders (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]), was die Unterstützung der Ukraine jetzt in ihren schwersten Stunden betrifft. In diesem Moment befindet sie sich auf dem Weg dorthin, um ihren Antrittsbesuch zu absolvieren und der Ukraine Österreichs Unterstützung zu versichern.

Gerade in der jetzigen Zeit braucht die Welt starke, mutige Frauen wie sie, die alles dafür tun, damit wir wieder in Sicherheit und Frieden leben können. Für diese historische Aufgabe wünsche ich ihr alle Kraft der Welt und das nötige Masel.

In der Politik wie im Leben weiß man ja bekanntlich nie, wie die Dinge ausgehen. Deswegen kann man auch gleich das Anständige, das Richtige tun, in diesem Fall das Richtige für Österreich, denn schon Winston Churchill hat gewusst: „Fear is a reaction. Courage is a decision.“

In diesem Sinne: Bauen wir mutig gemeinsam das neue Österreich! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.45

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann. Ich erteile ihr dieses.