RN/27

10.58

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein wirklich herzliches Willkommen hier, Frau Ministerin Holzleitner! Ich freue mich, dass Sie als feministische Kämpferin jetzt auch Ministerin sind. Willkommen! (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].)

Ich möchte nach der letzten Rede den Blick jetzt wieder ein bisschen öffnen (Heiterkeit bei der ÖVP), ich muss aber trotzdem bei diesem Tagesordnungspunkt – und das passiert uns leider bei vielen Tagesordnungspunkten, auch heute – an den Erhalt von Demokratie und Menschenrechten denken. 

Ich habe Kultur- und Sozialanthropologie am Neuen Institutsgebäude in Wien studiert. In dessen Eingangsbereich steht: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“. Lehre und Forschung in autokratischen Staaten aber müssen sich nach der Staatsdoktrin richten, das sehen wir gerade live in den USA, wo sich die Universitäten nach der Ideologie Trumps richten müssen beziehungsweise ihre Programme daran anpassen müssen.

Das heute wiederbelebte Übereinkommen über das Austauschprogramm zwischen Universitäten in Zentral-, Ost- und Südeuropa, das die Zusammenarbeit von Forscher:innen, Lehrenden und Lernenden fördert, dient natürlich dem gegenseitigen Verstehen. Es öffnet und bereichert uns und es lässt uns vor allem die Welt zusammen denken. Danke auch an Frau Kollegin Muthsam und Gratulation – sie ist jetzt leider nicht hier, aber sie wird es vielleicht nachhören oder nachlesen – zu dieser wirklich guten ersten Rede, in der sie auch davon spricht, dass dieses Programm Wege öffnet. Genau das ist eben der Ausdruck einer zivilisatorischen, einer aufgeklärten und einer gemeinsamen Welt, in der globales Denken Fortschritt und dadurch auch Frieden bedeutet. Das gilt es heute so dringend zu erhalten, und ich freue mich sehr, dass Österreich da so engagiert vorangeht, denn internationaler Austausch ist einer der Grundpfeiler, auf dem Friedensordnungen stehen. Denken wir an die Gründung der United Nations vor 80 Jahren, nach dem Horror des Zweiten Weltkriegs: 193 Staaten – fast die ganze Welt – wurden damals Mitglied. Auch ohne diesen Horror, ohne Krieg müssen wir aber alles daransetzen, das Ziel einer friedlichen Weltgemeinschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Anlässlich des gestrigen EU-Ausschusses, in dem es um Aufrüstung gegangen ist: Es schaudert mich, gerade in dieser Zeit, weil es sich so anfühlt, als gäbe es kein Zurück mehr; aber eine ausgleichende und regelbasierte Ordnung muss auch in Friedenszeiten erstrebenswert bleiben.

Auch Serbien ist Mitglied des Ceepus-Übereinkommens. Dort hat das Bahnhofsunglück in Novi Sad die Menschen gerade wachgerüttelt, sie aus der Angst, aus der Angststarre, in die man angesichts eines unterdrückenden Machtapparats allzu leicht verfällt, herausgeholt. Viele Menschen sehen das Unglück in Novi Sad als Folge des korrupten Systems Vučić. In den ersten Reihen der Proteste gegen das System stehen Studenten und Studentinnen; eine Gruppe von ihnen ist mit dem Rad von Novi Sad nach Straßburg unterwegs, sie sind gerade in Österreich: Am Montag waren sie in Wien zwischen den Museen, es wurde ihnen der rote Teppich ausgerollt und es wurde ihnen unsere Solidarität ausgesprochen. Heute sind sie in Salzburg. Mit ihrer Protestfahrt für Gerechtigkeit und Demokratie wollen die serbischen Studierenden vor den europäischen Institutionen auf die antidemokratische Lage in Serbien aufmerksam machen, und sie fordern die Rechtsstaatlichkeit für Serbien ein. Ich darf sie zitieren: „[...] es ist ein Weg der Hoffnung, des Widerstands und die Stimme all jener, die zum Schweigen gebracht wurden“. Es geht ihnen um das Recht, ohne Angst, Zensur und Gewalt zu leben, und sie fordern das Ende der Korruption und die Bestrafung korrupter Akteur:innen in Serbien.

Da darf ich wieder ins Jahr 1945 zurückspringen, zu Franklin Roosevelt: Das Einzige, wovor wir Angst haben müssen, ist die Angst selbst. – Das sagte er im Zuge der Gründung der United Nations vor 80 Jahren. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Von Angst nährt sich auch der Autoritarismus. Die Protestierenden in Serbien haben diese Angst überwunden, trotz Diffamierungen, trotz Klagen gegen sie, trotz staatlicher Gewalt gegen sie. Diese radelnden Student:innen handeln, sie wehren sich. Ich würde mich total freuen, wenn wir unsere Solidarität und unsere Unterstützung für ihren Mut zeigen und ihnen Kraft schicken – durch einen großen Applaus! (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich hiermit den Entschließungsantrag der grünen Bundesrät:innen zur Unterstützung der serbischen Demokratiebewegung einbringen: Wir fordern die Außenministerin auf, die Angriffe der serbischen Regierung gegen die Protestierenden zu verurteilen und sich bilateral, aber auch EU-weit dafür einzusetzen, dass das Unglück am Bahnhof von Novi Sad unabhängig untersucht wird, dass Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung in Serbien auf der Tagesordnung stehen, dass die Zivilgesellschaft in Serbien unterstützt wird, dass im Falle von Neuwahlen für freie und faire Wahlen gesorgt wird – Kollege Schennach, ich glaube, Sie werden uns dazu später noch etwas erzählen – und dass die EU den kulturellen Austausch und die Bildung der jungen Menschen in Serbien unterstützt.


Liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie mit uns und stimmen Sie mit der serbischen Demokratiebewegung! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.04

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar: 

RN/27.1

TOP2 Unselbständiger Entschließungsantrag: Unterstützung für Serbiens Demokratiebewegung von MMag. Elisabeth Kittl, BA

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Der von den Bundesräten MMag. Elisabeth Kittl, BA, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Unterstützung für Serbiens Demokratiebewegung“ ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Bevor ich der Frau Ministerin das Wort erteile, begrüße ich Herrn Bundesminister Hanke recht herzlich bei uns. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich erteile Ihnen das Wort.