RN/44
12.15
Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wir als Österreichische Volkspartei bekennen uns natürlich zur Medienvielfalt, wir bekennen uns auch zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der ein breites, vielfältiges Angebot bereitstellen soll. Das ist überhaupt keine Frage, und dieses Bekenntnis ist ein ganz klares und deutliches.
Wir haben auch in der letzten Legislaturperiode ein Verfassungsgerichtshofserkenntnis gehabt, das wir selbstverständlich zur Umsetzung gebracht haben. Auch diesmal werden wir ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes natürlich und selbstverständlich gesetzlich zur Umsetzung bringen. Darum geht es bei dieser Gesetzesvorlage.
Dass ich das gesagt habe, bedeutet natürlich nicht, dass man, wenn man sich zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekennt, deswegen automatisch mit allem einverstanden sein muss oder gar, dass die Exponenten, die dort aktiv sind, alle persönlich sakrosankt sind. Natürlich gibt es da einiges zu tun, und es ist auch zu begrüßen, dass die ORF-Gebühren jetzt einmal eingefroren worden sind und nicht inflationsangepasst werden. Das führt natürlich automatisch zu einem gewissen Sparzwang beim ORF.
In der Debatte über den Österreichischen Rundfunk werden stets zwei Begriffe strapaziert, die Begriffe Objektivität und Unabhängigkeit. Man darf natürlich schon sagen: Das Unternehmen ORF ist kein Unternehmen wie viele andere auch, an denen die Republik Österreich Beteiligungen gehabt hat oder immer noch hat.
Da war es in der Vergangenheit so, dass mit der Liberalisierung beispielsweise des Telekombereichs und der Ausgliederung aus dem Ministerium und so weiter auch privatwirtschaftliche Strukturen etabliert worden sind. Das hat dazu geführt, dass es dann beispielsweise eben bei der Telekom nicht mehr Sektionschefgehälter gegeben hat, sondern Generaldirektorengehälter, und dasselbe natürlich auch bei der Post und so weiter. Das waren aber Unternehmen, die dann auch in die freie Wirtschaft entlassen worden sind, sich dem Wettbewerb stellen mussten. Da sind also sukzessive Aspekte des freien Marktes ins Spiel gekommen.
Das ist etwas, was sich wirtschaftlich beim Österreichischen Rundfunk so nicht abbildet, weil er eben im Gegensatz zu Telekom, Verbund oder OMV für sich selbst keine Gelddruckmaschine ist, die aus sich heraus Geld abwirft, sondern von den Gebührenzahlern finanziert wird.
Vor diesem Hintergrund ist es natürlich schon gerechtfertigt, zum Beispiel zu hinterfragen, wie die Gehaltsstruktur beim ORF ist. Da es eben eine gebührenfinanzierte Struktur ist, kann man sich bei jedem dieser Gehälter ausrechnen, wie viele Gebührenzahler zahlen müssen, um entsprechende Managergehälter zu finanzieren. Das darf man dann schon hinterfragen. Bei aller Wichtigkeit der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks, des Managements und der journalistischen Tätigkeit dort, darf man natürlich schon auch sagen: Wenn jemand im Innenministerium tätig und für die Terrorabwehr zuständig ist, dann übt derjenige auch eine wichtige Tätigkeit aus. Da würde ich also nicht automatisch sagen, dass solchen Leuten nur ein Bruchteil eines ORF-Gehalts zusteht. Das sollte man sich also schon anschauen, und ich denke, da sind wirklich Reformen notwendig.
Der Begriff der Unabhängigkeit wird immer strapaziert. Ich sage immer, jeder will unabhängig sein. Unabhängigkeit ist ja, glaube ich, etwas, was jeder Mensch haben will – man will unabhängig sein, man will Geld verdienen, man will sich von anderen nicht zu viel sagen lassen, man will mit seiner Familie unabhängig sein. Jeder will unabhängig sein, und daher will auch jeder Manager unabhängig sein, aber trotzdem ist es halt so, dass man gewisse Verantwortlichkeiten hat. In einem privatwirtschaftlichen Unternehmen hat man sich eben gegenüber dem Eigentümer zu verantworten, dem gehören die Betriebsmittel, und da muss man halt schauen, dass man Geld verdient, man muss sich rechtfertigen. Dasselbe gilt natürlich auch für alle, die beim ORF tätig sind – auch im wirtschaftlichen Bereich jetzt einmal –: dass es nicht so ist, dass man es jemandem, wenn er diese Aufgabe hat – wenn er beim Österreichischen Rundfunk arbeitet –, ermöglichen kann, dass er sich niemandem gegenüber rechtfertigt. Eine Kontrolle muss es geben, und daher gibt es auch beim Österreichischen Rundfunk die entsprechenden Organe.
Ich bin auch dafür, dass man entpolitisiert und entparteipolitisiert, aber gleichzeitig, sage ich, muss man natürlich auch immer den Pragmatismus haben, dass man sagt, die Parteien sind halt auch die, die es in der Politik gibt, und sind auch die, die den Pluralismus der Gesellschaft abbilden. Daher muss man natürlich in dem Bemühen, dem Österreichischen Rundfunk eine unabhängige Berichterstattung zu ermöglichen, diese Dinge berücksichtigen, weil halt zu den Themen Unabhängigkeit und Objektivität jeder eine andere Meinung hat.
Wenn wir zum Beispiel den heutigen Tag und diesen Tagesordnungspunkt hernehmen, so werden wir erleben, dass die Grünen dagegenstimmen und dass die Freiheitlichen dagegenstimmen. Und ich glaube, wir alle in diesem Saal wissen, dass die beiden vermutlich nicht idente, nicht die gleichen Motive haben (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Sie haben es sich ausgemacht ...! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und FPÖ), weshalb sie dagegenstimmen. Ich glaube auch, dass beide Parteien eine unterschiedliche Vorstellung von dem haben, was Objektivität betrifft, und auch da müssen wir alle eine Spur von dem weg, was unseren eigenen Standpunkt betrifft, abstrahieren.
Ich denke, dass es auch dem Österreichischen Rundfunk guttut, anzuerkennen, dass es ein breites Spektrum an unterschiedlichen Meinungen gibt und dass dieses breite Spektrum an unterschiedlichen Meinungen von einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch dargestellt werden soll. Das ist, glaube ich, der Grund, warum die Österreicherinnen und Österreicher diesen Rundfunk haben wollen und warum er auch eine wichtige Rolle in der Medienlandschaft spielt.
Dazu möchte ich – vielleicht eh fast zur Abrundung, möchte ich sagen – ein Beispiel bringen. Ich glaube, die Menschen in diesem Land können sich frei eine Meinung bilden, wenn sie transparent mitverfolgen, wie Politik gemacht wird und wie in diesem Land die Gesetze entstehen.
Wir wissen, wie diese Gesetze entstehen, wir sind gerade selber dabei, einen Gesetzesbeschluss zu fassen. – Das ist im Übrigen die Bühnenfunktion des Parlaments, dass die Menschen zuschauen können, mit welchen Argumenten Gesetzesbeschlüsse gefasst werden. Was sagen die unterschiedlichen Parteien? Wie rechtfertigen die Regierungsvertreter ihre Vorgangsweise? – Und das ist ja auch ein Grund, warum es auch zum öffentlich-rechtlichen Auftrag gehört, die parlamentarischen Debatten zu übertragen, und das ist auch ein Grund, warum ich glaube, dass es sinnvoll ist, dass die parlamentarische Debatte des Bundesrates im Rundfunk, im ORF, übertragen wird.
Ich, der hier schon länger dabei ist und mehreres miterlebt hat, darf auch sagen, dass der ORF früher hinsichtlich weniger Übertragungen der Bundesratssitzungen manchmal damit argumentiert hat, dass immer die ganze Gerätschaft gebracht werden muss, mit den ganzen Verkabelungen und so weiter; da sind sie jedes Mal extra ausgerückt. Nun, seit dem Parlamentsumbau, haben wir die Infrastruktur bereits eingebaut. Es ist eine sehr kostengünstige Sache, eine Bundesratssitzung zu übertragen.
Und auch wenn wir alle in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung sind, so habe ich eine Forderung, die wir gemeinsam an den ORF richten könnten: die Übertragung jeder einzelnen Bundesratssitzung. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
12.25
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses.