RN/74

16.15

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Es ist an sich ein übliches Prozedere, dass eine neu gebildete Regierung natürlich von der Opposition entsprechend scharf analysiert und kritisiert wird. Wir alle wissen, wie lange sich diese Regierung – und die einzelnen Minister – im Amt befindet, nämlich ein Monat, und trotzdem gibt es zum Teil schon sehr, sehr abschließende Urteile über die Fähigkeiten, die die Regierungsmitglieder haben. 

Ich bin kein Mitglied der NEOS, die NEOS sind ein Koalitionspartner, der kleinste Koalitionspartner in dieser Regierung, aber weil es gleich am Beginn angesprochen worden ist: Ich hatte mir das bei Frau Meinl-Reisinger auch gedacht, dass sie unbedingt Minister werden möchte, diesen Tipp hätte ich auch gehabt, allerdings nur bis zu jenem Zeitpunkt, als sie dann im Jänner aufgestanden ist. Wie auch immer man das beurteilen mag – ob das gescheit war oder nicht und was das dann, geschichtlich betrachtet, gebracht hat und so weiter –, aber sie hat zumindest mit diesem Aufstehen damals schon irgendwie dokumentiert, dass es ihr nicht ausschließlich darum geht, Regierungsmitglied zu werden.

Was ich auch anerkennungswürdig finde, ist Folgendes: Es ist halt immer so, dass ein Außenminister extrem viele Termine hat, logischerweise auch im Ausland, und wenn man im Inland ist, sind internationale Gäste da oder es sind eben Konferenzen wie die, die gegenwärtig stattfindet, und da finde ich es schon sehr respektabel, dass sie selbst hierhergekommen ist, um die Fragen zu beantworten, obwohl sie doch einen Staatssekretär hat (Beifall der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]), an den sie das hätte übergeben können. Das möchte ich als sehr positiv erwähnen. 

Dann zur Debatte, was die Neutralität betrifft, was die außenpolitische Positionierung von Österreich betrifft: Ich denke, es hat in den letzten Jahrzehnten schon eine Vielzahl von Diskussionen, Diskussionsbeiträgen und Debatten im Parlament und außerhalb und in der Wissenschaft gegeben, wie mit der Neutralität weiter vorzugehen ist oder wie sie zu interpretieren ist. Es haben sich alle Parteien im Parlament, soweit ich das überblicke, am Ende des Tages immer zur Neutralität bekannt. Es hat aber sehr wohl immer wieder auch Debatten darüber gegeben, wie diese zu leben ist. 

Ich darf gerade die Freiheitliche Partei daran erinnern – und auch ich kann mich noch gut daran erinnern –, dass Bundesminister Herbert Scheibner von der Freiheitlichen Partei – ich glaube, es war zu einem Zeitpunkt, als er noch gar nicht Bundesminister war – als Abgeordneter sogar sehr stark für einen Nato-Beitritt eingetreten ist, dass es selbstverständlich auch von Ihrer Partei in sicherheitspolitischen Fragen schon andere Meinungen gegeben hat.

Es ist natürlich populär – jeder von uns will Frieden – und man versucht jetzt, diejenigen Politiker und Politikerinnen, die sich um die Sicherheitsarchitektur des Landes und auch um die Sicherheitsarchitektur des gesamten Kontinents oder der Europäischen Union Gedanken machen, dabei auch über die Verteidigungsfähigkeit nachdenken, über diese Verteidigungsfähigkeit Analysen erstellen und auch versuchen, gemeinsam mit anderen europäischen Ländern Maßnahmen zu setzen – das ist doch nur vernünftig –, in die Nähe von Kriegstreibern zu bringen. Das halte ich wirklich für absolut absurd. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

In diesem Zusammenhang ist es ja, wenn die Außenministerin eine Rede hält und eben auf die Fragen repliziert, auch lächerlich, dass man dann sagt: Uh, jetzt hat sie das Wort Frieden nicht siebenmal in den Mund genommen! – Ja selbstverständlich wird es der Außenministerin am Ende des Tages um nichts anderes als um Frieden gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Wenn wir uns die großen Blöcke anschauen, die sicherheitspolitisch für uns in Österreich – und wir liegen halt im Zentrum Europas – relevant sind, wenn wir wissen, was sich in den letzten Wochen und Monaten in Amerika abgespielt hat, wissen, wie Russland agiert hat, auch wissen, was China macht, dann ist uns natürlich bewusst, dass es ja auch nur logisch ist, dass nicht wir als Österreicher, auch wenn wir jetzt das österreichische Bundesheer ein bisschen aufstocken, alleine die Sicherheit unserer Landsleute gewährleisten können. 

Daher möchte ich bei aller berechtigten Kritik, die ja auch von den Freiheitlichen kommt – ich bin ja nicht geneigt, das alles pauschal in einen Topf zu schmeißen und zu sagen, das ist alles absurd –, schon auf eines hinweisen: Gerade dann, wenn man die Europäische Union kritisch sieht – und man darf die Europäische Union kritisch sehen, das haben wir heute schon einmal diskutiert –, darf man aber schon auch die Russen kritisch sehen und auch die Chinesen kritisch sehen und auch kritisch sehen, was jetzt in Amerika passiert und was das reziprok für die europäische Sicherheitslage bedeutet. Wenn man das auch kritisch sieht, dann kann man wohl nur zu dem Befund kommen, dass ein gemeinsames Vorgehen in Europa das ist, was uns dauerhaft Sicherheit bringen kann. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Da das ebenfalls gekommen ist: Man kann natürlich im Rahmen von solchen Anfragen immer auch sehr günstig Beträge, die der Entwicklungszusammenarbeit dienen, herausnehmen und dieses Geld als etwas darstellen, das jemand mit dem Sackerl bringt und sagt (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: So geschieht das aber nicht!): Ja, jetzt bringe ich 2 Millionen Euro in die Ukraine und dann bringe ich 3 Millionen Euro nach Syrien, nehmt es euch, kauft euch was darum, habt viel Spaß damit! – Das ist natürlich eine sehr billige Darstellung.

Ich finde, die Frau Außenminister hat das ohnehin bereits sehr sachlich und auch sehr nachvollziehbar beantwortet, als sie ausgeführt hat, dass es natürlich so ist, dass es, wenn die Ukraine der große Getreidespeicher Europas und so elementar für die Ernährung nicht nur auf unserem Kontinent, sondern auch in Afrika ist, natürlich Implikationen für uns hat. Die müssen wir mit überlegen, und deshalb ergeben dann solche Unterstützungszahlungen natürlich auch einen Sinn. Das Gleiche gilt natürlich für jede Hilfe vor Ort in politischen Krisengebieten, derer es tatsächlich genug gibt – in jedweder Zahl –, also zum Beispiel ergibt es Sinn, im Nahen Osten zu helfen und zu schauen, dass die Flüchtlingsbewegungen aus diesem Teil der Erde nicht noch größer werden.

Das heißt zusammenfassend, Kriegsrhetorik sehe ich bei der Europäischen Union nicht. Es mag das eine oder andere Wort, die eine oder andere Bezeichnung ungünstig, ungeschickt, undiplomatisch oder wie auch immer formuliert gewesen sein. Ich glaube aber, wir sind uns einig, dass wir Europäer sind, dass wir daher in allererster Linie darauf angewiesen sind, dass Europa seine Verteidigungsfähigkeit nachschärft, dass wir als europäischer Kontinent auch selbst handlungsfähig sind und dass wir uns eben nicht nur auf unseren Freund in Amerika verlassen können, weil wir auch diesbezüglich gemerkt haben, dass solche Freundschaften eine gewisse Volatilität haben können.

Da die Frau Außenminister nicht die Möglichkeit gehabt hat, auf diesen Punkt noch einmal speziell einzugehen, möchte ich Folgendes zum Schlusspunkt machen: Ich bin überzeugt davon, die Frau Außenminister (Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Ministerin!), alle Koalitionsparteien, die diese Regierung bilden – und das billige ich selbstverständlich der Opposition auch zu –, wir alle gemeinsam sind für den Frieden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

16.25

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Schennach. Ich erteile es ihm.