RN/76

16.45

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Ja, die Wortwahl der Dringlichen, vor allem in ihrer Überschrift, gegen die Außenministerin, hätten Sie sich meiner Meinung nach sparen können, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].) Aber wir kennen Sie ja: Diffamierung ist Ihr Steckenpferd, vor allem auch hier im Bundesrat, und sie mündet darin, dass Sie sogar das Gesetz gegen Hass im Netz ablehnen. 

Es ist völlig absurd, wenn Sie – gestern im EU-Ausschuss und auch heute – Österreich von allem abschotten wollen, so als wären wir allein auf der Welt und als könnten wir auf dieser Welt allein bestehen. Das konnten wir weder gestern noch können wir das heute, und vor allem können wir es dann nicht, wenn wir ein gutes Leben führen wollen; und genauso wenig können wir es, wenn wir uns effektiv, nämlich wirklich effektiv, verteidigen wollen.

Wir können nicht allein für unsere Sicherheit und für unsere Verteidigung sorgen, vor allem dann nicht, wenn wir auch noch zusätzliche Aufgaben – und das ist das Wichtige, nämlich zusätzliche Ausgaben, um ein soziales Netz in Österreich aufrechterhalten zu können – durchführen wollen. Das kostet nicht nur Millionen – weil Sie immer sagen, die Regierung hat keine Millionen für die Österreicher und Österreicherinnen –, sondern das braucht Milliarden. 

Sie tun auch immer so, als würden Sie hier Menschen mit geringem Einkommen vertreten, aber Sie fordern Dinge, die diesen Menschen eben nicht zugutekommen, indem Sie für ein gut ausgestattetes Militär eintreten, aber nicht mit anderen bei der Beschaffung zusammenarbeiten wollen. Das ist ökonomisch einfach dumm und nicht für die Leute.

Gemeinsame Beschaffung hat auch nichts mit Verletzung der Neutralität zu tun – das ist eine rein wirtschaftliche und eine sehr sinnvolle Angelegenheit. Wir haben es vorhin länger auch von Herrn Kollegen Schennach gehört: Neutralität bedeutet nicht Verantwortungslosigkeit oder Unsolidarität gegenüber anderen, sondern es ist genau das Gegenteil: Es ist aktive Friedenspolitik und die Übernahme von Verantwortung. 

Genauso wichtig ist dabei auch der Wissensaustausch im Bereich Verteidigung und Sicherheit, nämlich der Wissensaustausch, der oft unbezahlbar ist. Auch da tun Sie oder taten Sie alles, zum Beispiel mit einem blauen Innenminister bei der BVT-Affäre, um eben diesen Vertrauensverlust in Österreich zu verstärken und den Rückzug ausländischer Dienste, die uns bei diesem Informationsaustausch helfen, voranzutreiben. 

Verteidigung – das ist ein wichtiger Punkt –: Dabei geht es nicht nur um Waffen, wobei die Harmonisierung von Waffensystemen wichtig ist, sondern Verteidigung ist immer auch sehr breit zu denken, nämlich dann, wenn es um die Themen Infrastruktur und Energieversorgung geht. Bei der Infrastruktur fällt einem zum Beispiel die Bahninfrastruktur ein, und das nicht nur hinsichtlich der Initiative Grain from Ukraine, bei der damals die ÖBB die Logistik übernommen haben und die sehr wichtig war und weiterhin unterstützt wird – aufgrund des Hungers in der Welt ist das ja ein wichtiger Punkt, dass wir das weiterhin machen –, sondern da geht es zum Beispiel auch um die Bahninfrastruktur in Deutschland; diese wieder zu modernisieren, ist extrem wichtig, weil Deutschland ein europäischer Bahnknotenpunkt ist. Und ja, da wird es auch die Hilfe der EU brauchen und sicher auch im Rahmen dieses Programms. 

Des Weiteren stellt die Energieinfrastruktur – das ist natürlich auch für uns immer wichtig – einen wesentlichen Punkt in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik dar, vor allem wenn wir unabhängig sein und im Ernstfall versorgt werden wollen. Daher ist es wichtig, dass auf EU-Ebene, aber auch national auf erneuerbare Energiegewinnung und Energieeffizienz geschaut wird und diese auch gefördert werden. 

Es müssen natürlich auch alle anderen kritischen Sektoren und Technologiebereiche analysiert werden, um präventiv vorsorgen zu können. 

Was wir aber jedenfalls brauchen, ist eine starke Kontrolle der wirklich immensen Geldflüsse in die Rüstungsindustrie, nämlich eine parlamentarische und öffentliche Kontrolle bei der Beschaffung. Wir sind da leider sehr geprägt vom Eurofighter-Skandal, der ja bis heute noch nicht vollständig aufgeklärt wurde.

Was wir auch auf keinen Fall vergessen dürfen, ist ein genauer Blick auf die Waffenexporte. Waffen dürfen schon gesetzlich nicht in Krieg führende Staaten verkauft werden, sie tauchen aber trotzdem oft dort auf. Genau das müssen wir hintanhalten und genau das wäre wichtig für den Frieden, aber das erwähnen Sie, sehr geehrte Kollegen von der FPÖ, nicht.

Um wieder auf die Demokratie zu kommen, für die die Ukraine – eigentlich für ganz Europa – kämpft: In diesem Sinne ist das Ziel der EU, die Ukraine auch weiterhin zu unterstützen, ein sehr wichtiges. Österreich tut auch da viel und wird auch weiterhin die Ukraine unterstützen, das ist extrem begrüßenswert. 

Das ist auch möglich, ohne militärisch einzugreifen, eben zum Beispiel durch das, was die letzte Bundesregierung gemacht hat, durch die Verfünffachung des Auslandskatastrophenfonds. Österreich kann dadurch in Kriegsgebieten besser helfen. Bis zum heutigen Tag wurden viele, viele Hilfsprojekte über den Auslandskatastrophenfonds unterstützt. Hunderttausenden, wenn nicht Millionen Menschen in der Ukraine, aber auch in Syrien und im Sudan, genauso wie in Gaza, konnte geholfen werden. Ich hoffe daher – und das ist auch ein Appell an die neue Bundesregierung –, dass die Dotierung des Auslandskatastrophenfonds in dieser Höhe bestehen bleibt.

Genauso darf auch bei den Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit nicht gespart werden, denn auch diese ist Friedensförderung. 

Warum allerdings die Regierungsparteien unseren Antrag im Nationalrat zur Unterstützung der syrischen Zivilbewegung und für humanitäre Hilfe nicht unterstützt haben, sondern den Antrag vertagt haben, ist vor allem zu diesem Zeitpunkt unverständlich. Ich muss sagen, Kollege Schennach von der SPÖ widerspricht sich da, wenn einerseits die SPÖ diesen Antrag vertagt, aber andererseits eigentlich gerade jetzt, in diesen Zeiten des Umbruchs, die Chance für mehr Demokratie in Syrien gegeben ist und gerade jetzt die progressiven zivilen Bewegungen jede Unterstützung brauchen. 

Noch etwas, Herr Kollege Schennach: Sie haben hinsichtlich des heutigen Antrages zur Unterstützung der serbischen Demokratiebewegung gemeint, Sie müssten sich noch in der Koalition abstimmen – aber auch dieser Antrag ist zwei Wochen alt und wurde im Nationalrat bereits von Ihrer Fraktion abgelehnt. Es scheint vielmehr, Sie wollen Ihren Koalitionspartner nicht überzeugen oder Sie können ihn nicht überzeugen. Das eine wäre so schlecht wie das andere. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.53

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sumah-Vospernik. Ich erteile ihr dieses.