RN/82

17.14

Bundesrat Christoph Thoma (ÖVP, Vorarlberg): Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär in Vertretung der Frau Bundesministerin! Ich habe jetzt 20 Minuten Zeit; mein Zug nach Vorarlberg ist ja mittlerweile abgefahren, also muss ich heute Nacht hier übernachten, ich komme nicht mehr heim, darum werde ich die Zeit ausnützen. – Keine Sorge, mache ich nicht! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Frau Jäckel, weil Sie den Wirtschaftsbund Vorarlberg erwähnt haben (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Sie wohnt in Vorarlberg!): Großartig, dass die Vorarlberger Wirtschaft eine Fraktionsgemeinschaft von Vorarlberger Wirtschaftsbund und Freiheitlicher Wirtschaft ist. Sie haben gemeinsam 87,0 Prozent bei der letzten Wahl erreicht – nur, dass ich das gesagt habe. So schlimm können wir gar nicht sein, auch wenn Sie uns so negativ darstellen. 

Im Übrigen heiße ich Christoph und nicht Thomas. (Heiterkeit bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Thoma!) 

Wenn wir schon wieder bei der Genderdebatte sind: Auch Sie haben nur die Frau Minister. Es ist eigentlich: die Frau Minister, die Frau Ministerin oder die Ministerin. – Man könnte da ein Deutschseminar machen; vielleicht gibt es hier einen Germanisten, ich weiß es nicht. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Herr Schennach, vielleicht gehen Sie oder irgendjemand der Sache nach. Da (in Richtung Bundesrat Ruf) ist ein Germanist. Vielleicht kann uns Kollege Ruf danach noch aufklären, was denn wirklich richtig ist. – Das Ganze ist einfach nur kindisch. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Eines noch, Frau Jäckel: So wie Sie mich angebrüllt haben, wundert es mich nicht, dass Sie in Hard nicht Bürgermeisterin geworden sind (Zwischenruf der Bundesrätin Jäckel [FPÖ/Vbg.]), dass Sie nicht einmal in die Stichwahl gekommen sind. – So, dass das auch einmal gesagt ist. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP.

Kollege - - (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Du bist doch auch nicht Bürgermeister geworden!) Wo soll ich denn anfangen? (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wo soll ich anfangen, es ist jetzt schon wieder so viel gesagt worden, ich muss mir das Grinsen ein bissl verkneifen. (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Wie war das eigentlich mit der Nötigung? Hat die stattgefunden, die Nötigung, oder nicht?)

Schauen Sie, geschätzte Damen und Herren – der Mitte, sage ich jetzt schon fast (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]) –, Menschen, die versuchen, Europa- und Sicherheitspolitik ernst zu nehmen und da nicht nur permanent irgendwie reinrufen, weil Sie keine Argumente mehr haben. (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Hat die Nötigung bei der Lehrerin stattgefunden?) – Sie merken, die Freiheitlichen haben keine Argumente mehr, dann brüllen sie und schreien herein. Das ist Ihre Form von Politik. Diese FPÖ-Rhetorik hilft uns am Ende des Tages nicht weiter. Wir brauchen lösungsorientierte Sicherheits- und Außenpolitik. 

Eines ist gut an dieser Anfrage, Herr Kollege Spanring und Kollegen – Konsorten hätte ich fast gesagt –, Kolleginnen und Kollegen: Wissen Sie, was diese Anfrage gezeigt hat? – Wie hervorragend die Frau Außenministerin eigentlich arbeitet. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Zwischenruf bei der FPÖ.

Sie konnte nämlich aufzeigen, was alles in nur vier oder fünf Wochen in dieser Funktion passiert ist. Bringen Sie also ruhig noch mehr solcher Anfragen ein, denn Sie geben uns den Raum, zu zeigen, dass die gemeinsame neue Regierung, also unsere Dreierkoalition, tatsächlich funktioniert. Das wollen Sie ja nicht ernst haben. Obwohl sie irgendwann vom Tisch aufgestanden ist, kam sie auch wieder zurück, weil sie Ministerin werden wollte. Das unterscheidet sie auch dezidiert von Herrn Kickl, der wollte nämlich nie Bundeskanzler werden. Das ist der Unterschied – um nicht das Wort Will-nicht-Kanzler schon wieder zu zitieren. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP, Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Zwischenrufe bei der FPÖ.

Bei der Rede von Herrn Pröller habe ich mir gedacht: Glauben Sie eigentlich an das, was Sie alles erzählen? – Ich bin mir nicht sicher. Ich habe es Ihnen das letzte Mal auch schon gesagt: Vielleicht reden Sie mit Ihrem Klub einmal über Dramaturgie, über den Bogen, über den roten Faden! Alle Reden haben denselben Inhalt; es wird halt deswegen auch nicht besser, vor allem auch, wenn Sie dann über die humanitäre Hilfe reden. 

Entschuldigung, wir leben in einem der höchst entwickelten, der reichsten Länder dieser Welt. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das habt ihr aber schon abgewirtschaftet! Wirtschaftsbündler ...!) Das haben alle Menschen in diesem Land seit 1945 geschaffen, Ihre Großeltern, Eltern, meine Großeltern, Eltern. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Unser aller Vorfahren haben das aufgebaut. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja!) Und wenn wir in Europa nicht mehr helfen (neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]), dann frage ich mich: Wer hilft dann noch in dieser Welt? Verdammt, wer hilft dann noch in dieser Welt?! Ich verstehe es nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Es ist unsere tiefste innere Verpflichtung, Menschen zu helfen, die von einem aggressiven Aggressor angegriffen werden, der einfach diese Nachkriegsordnung wegwischt, so wie er das will. Ich will damit nichts zu tun haben. Ich will meinen Kindern in die Augen schauen und ihnen sagen können: Wir leben in Frieden und Freiheit! – Ihr Herr Putin und Ihr Herr Orbán, der sich mit ihm solidarisiert, und Sie mit Ihren Freundschaftsverträgen – Sie unterstützen das alles –: Sie machen das alles kaputt, und das ist ehrlich gesagt echt tragisch. 

Ich komme schon zum Ende – nein, ich brauche keine 20 Minuten, geschätzte Damen und Herren (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Gott sei Dank!) –: Wir bekennen uns zur Neutralität. Ich glaube, das kam auch heute wieder ganz klar heraus. 

Zu dieser Rhetorik, dass man die Neutralität infrage stellt: Sie haben die Irische Klausel nicht verstanden. Sie haben wahrscheinlich das Weißbuch gar nicht gelesen, das wir gestern im EU-Ausschuss diskutiert haben. Glauben Sie daran oder glauben Sie mit uns gemeinsam - - Jetzt fällt mir noch etwas ein – ha! –, jetzt fällt mir gerade noch etwas ein (Heiterkeit bei der ÖVP): Die „Nato-Beate“ hat er einmal erwähnt und dann hat er irgendwo noch die Beate Langstrumpf erwähnt. – Sorry, es tut mir leid, das ist ein Wording, das hier im Haus einfach nichts verloren hat, sage ich Ihnen; ich bin nicht da hinten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Ich sage es Ihnen aber ganz ehrlich: Das ist einfach – und jetzt geben Sie mir einen Ordnungsruf –, finde ich, zutiefst verwerflich und primitiv, Menschen in dieser Art zu diskriminieren und herunterzudrücken. Das tut man einfach nicht, also ich erziehe meine Kinder anders. Ich weiß nicht, wie Sie es machen, aber so geht man mit erwachsenen Menschen nicht um. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Ein Letztes: Ich war fünf Jahre im Stadtrat, fünf Jahre im Landtag, ich bin jetzt seit einem halben Jahr hier und immer wieder frage ich mich: Was interessiert die Menschen, wohin eine Reise geht? 

Frau Jäckel, dass die Frau Außenministerin zu Beginn ihres Dienstantrittes eine Reise macht: Ja hoffentlich macht sie eine Reise. Sie machte nämlich eine Dienstreise in ein Land, in dem es Schwierigkeiten gibt, eben in die Ukraine – der Kanzler ist nach Brüssel gefahren. Und Sie stellen die Anfrage: Wohin ist sie denn in den ersten vier Wochen gereist? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Auch das ist zutiefst abzulehnen, weil es einfach nichts zur Sache tut. Stellen Sie eine Anfrage, die der Sache dient, die uns weiterbringt!

Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Wir sind Demokraten, und in einem demokratischen System geht es darum, dass man die besten Lösungen erarbeitet, aber nicht darum, dass Sie hinterfragen, wohin die Außenministerin eine Dienstreise macht. Das ist doch lächerlich. (Heiterkeit bei der SPÖ.) 

Geschätzte Damen und Herren! Ich schließe, weil ich auch will, dass wir nach einem so wunderbaren, intensiven Tag irgendwann nach Hause kommen. Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir irgendwann zu einer sachlichen, lösungsorientierten Debattenkultur kommen. Ich mag es nicht, dass ich so aggressiv bin, ich mag es wirklich nicht. (Bundesrätin Doppler [FPÖ/Sbg.]: Musst eh nicht!) – Na ja, das Problem ist, ihr merkt es gar nicht, wie ihr die ganze Zeit die Debatte befeuert, es fällt euch gar nicht auf. Das ist das Problem, das ihr habt. Darum ist es hin und wieder ganz gut, dass man Debatten führt, weil Debatten ins Parlament gehören. 

In diesem Sinne wünsche ich allen noch eine schöne Woche; ich fahre heute nicht mehr nach Vorarlberg, aber morgen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der SPÖ.) 

17.21

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Thomas Karacsony. Ich erteile ihm dieses.