RN/83
17.21
Bundesrat Thomas Karacsony (FPÖ, Burgenland): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kollegen im Bundesrat! Meine erste Rede hier im Bundesrat nutze ich, um über das zu sprechen, was vielen Menschen draußen unter den Nägeln brennt, vor allem den Landwirten, die täglich arbeiten, um den ländlichen Raum am Leben zu erhalten. Als Landwirt bin ich tagtäglich damit konfrontiert.
Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde war: 30 Jahre EU-Mitgliedschaft – eine Erfolgsgeschichte. Ich frage Sie: Wie kann man den massiven Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in diesem Land als Erfolg verkaufen? (Beifall bei der FPÖ.)
Wie kann man es feiern, dass in den letzten Jahrzehnten Zigtausende Höfe zugesperrt haben, während multinationale Agrarkonzerne immer mehr Macht gewinnen? Und: Wie kann sich ausgerechnet die ÖVP, die sich selbst gerne als Bauernpartei bezeichnet, hinstellen und das alles schönreden?
Die Wahrheit ist, die sogenannte EU-Erfolgsgeschichte hat für viele unserer bäuerlichen Familien vor allem eines gebracht: neue Belastungen, überbordende Bürokratie, unfaire Marktbedingungen, ruinöse Preise und praxisfremde Vorschriften; die Landwirte unter uns wissen, was ich meine.
Jetzt, Herr Staatssekretär, zu Ihnen oder zur Außenministerin: In dieser ohnedies angespannten Lage kommt das Außenministerium mit einer Maßnahme, die für mich und für viele Landwirte das Fass zum Überlaufen bringt: 2 Millionen Euro österreichisches Steuergeld für den Kauf von Weizen aus der Ukraine. Alles recht und schön, wenn man damit Länder unterstützt, denen es schlecht geht, die in Not sind, aber auch wir in Österreich haben Weizen zu verkaufen. Ich kenne viele Bauern, viele Händler, deren Weizenlager voll sind. Man kann auch zuerst österreichischen Weizen kaufen und diesen dann verschenken und damit österreichischen Bauern helfen. (Beifall bei der FPÖ.)
Und wenn der Weizen für den Nahen Osten bestimmt ist, stelle ich mir die Frage: Warum kann ich in regelmäßigen Abständen bei einem südburgenländischen Agrarhändler Lkws mit der Aufschrift: Getreide aus der Ukraine für Europa, beobachten, und zwar beim Abkippen des Getreides? Ich war einige Male dort, habe auch Fotos, ich kann es beweisen. Mir wird schlecht, wenn ich das Getreide sehe, das die dort abkippen. Da staubt es schwarz heraus, das ist verschimmelt und vergammelt. Das wird bei uns abgekippt – und unser Weizen liegt in den Hallen. Wie gesagt: Zuerst österreichischen Weizen verkaufen, dann kann man über die Ukraine reden – kein Problem. (Beifall bei der FPÖ.)
Diese ganze Außenpolitik ist nicht nur wirtschaftlich zweifelhaft, sie ist eine klare Missachtung der Lebensrealität und Bedürfnisse unserer eigenen Bevölkerung. Unsere Bauern, die jahrhundertelang verlässlich Lebensmittel für dieses Land produziert haben, werden im Stich gelassen. Sie müssen mit immer höheren Kosten, mit politischen Experimenten und mit globalen Krisen zurechtkommen, währenddessen man Getreide aus einem Kriegsgebiet verschenkt. Da wird mit großem moralischen Pathos internationale Hilfe zelebriert, während man gleichzeitig den eigenen Leuten das Wasser abgräbt.
Das bringt mich zu einem weiteren Punkt, einem grundsätzlichen: Österreich ist ein neutrales Land. Neutralität bedeutet, dass wir uns aus militärischen und geopolitischen Konflikten heraushalten. Ja, Frau Kollegin von den NEOS, es stimmt: 1998 haben wir den Antrag eingebracht, der Nato beizutreten, aber damals war die Nato ein Verteidigungsbündnis. (Beifall bei der FPÖ.)
Was wir in den letzten Jahren erleben, ist eine Außenpolitik, die sich immer mehr an fremden Interessen orientiert und dabei unsere bewährte Rolle als Vermittler aufgibt. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir brauchen keine PR-Aktionen auf internationaler Bühne, sondern eine Außenpolitik, die unsere Interessen vertritt, unsere Werte wahrt und unser Steuergeld verantwortungsvoll einsetzt. Sie sprechen gerne von europäischer Solidarität – aber was ist mit der Solidarität gegenüber unserer eigenen Bevölkerung? Was ist mit jenen, die dieses Land mit ihrer Arbeit tragen? Was ist mit der österreichischen Landwirtschaft? Dazu habe ich heute fast nichts vernommen. Was ist mit unseren Familienbetrieben, mit unserer regionalen Versorgung? (Zwischenruf des Bundesrates Thoma [ÖVP/Vbg.].)
Herr Kollege Thoma, eines zu Ihnen – Sie schimpfen und schreien hier immer raus –: Man kann Vorarlberg nicht mit dem Burgenland vergleichen. Wir haben über 70 Prozent Rückgang bei den Betrieben, das ist so. Das Burgenland ist geografisch ganz anders als Vorarlberg. (Beifall bei der FPÖ.)
Stärken wir gemeinsam unsere Bauern und unsere kleinen Familienbetriebe! Sichern wir damit die Pflege und Versorgung unserer Kulturlandschaft! Wir alle, aber vor allem unsere Bäuerinnen und Bauern haben es sich verdient. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
17.26
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile ihm dieses.