RN/23

10.22

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Wir sind jetzt natürlich nicht dramatisch überrascht, dass Kollegin Theuermann die zu beschließende Gesetzesvorlage kritisch sieht; man hat das ja auch bereits den Zwischenrufen entnehmen können.

Wir kennen alle die Situation, in der wir uns in Österreich befinden und was in den letzten Wochen und Monaten passiert ist, und da wissen wir, dass die Freiheitliche Partei, insbesondere unter der Führung des Herbert Kickl, ein großes feuerspeiendes Monster ist, wenn es darum geht, die Probleme darzustellen – da sind durchaus richtige Themen dabei, wenn Sie Probleme beschreiben –, dieses große feuerspeiende Monster ist aber dann, wenn es darum geht, Lösungen zu finden, ein kleines Mauserl, das irgendwo verschwindet. Und das ist Ihr großes Problem: dass Sie den Menschen mit Ihrer Politik überhaupt nicht helfen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Wir haben es hier ja schon öfter besprochen und eigentlich wollte ich es jetzt gar nicht noch einmal erwähnen, aber die Situation bringt mich dazu. Es ist ja wirklich ein Spezialfall: Ich kenne keinen weiteren in Europa und wahrscheinlich gibt es auch sonst keinen auf der Welt, bei dem jemand den Regierungsbildungsauftrag bekommt, einen Partner findet, der mit ihm verhandelt, einen Partner, der ihm eigentlich auch anbietet, ihn zum Kanzler zu machen, gemeinsam eine Regierung zu bilden (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Keine faulen Kompromisse, Herr Kollege! Keine faulen Kompromisse!), und der dann nicht die entsprechende Kompromissfähigkeit hat, um zu Lösungen zu kommen. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Und das ist eben ein ganz, ganz wesentlicher Bestandteil in der Politik: dass man am Ende des Tages auch zu Lösungen kommt. Man muss sich das Thema anschauen und danach braucht man eine Lösung.

Was die Problembeschreibung betrifft, werden wir wahrscheinlich gar nicht so weit auseinander sein. Ich glaube, wir alle wissen, was in den letzten Jahren passiert ist, also dass eine Vielzahl von Schutzsuchenden nach Österreich gekommen ist, ein großer Anteil davon natürlich auch aus Afghanistan und Syrien, und dass sich natürlich in weiterer Folge die Thematik des Familiennachzugs hier ergeben hat. 

Was die weitere Problembeschreibung betrifft, sind wir uns, glaube ich, auch einig. Was bedeutet das? – Das bedeutet natürlich, dass wir an die Grenzen gelangen: dass wir an die Grenzen der Belastbarkeit hier in Österreich gelangen, was unser Bildungssystem betrifft, was die Sicherheit betrifft, aber natürlich auch, was das Sozialsystem betrifft. Und vor diesem Hintergrund haben wir eben entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen. 

Ich möchte hier Folgendes erwähnen: Jetzt ist er heute nicht hier, der Herr Bundesminister wird durch den Staatssekretär vertreten, aber er ist ja auch einigermaßen dafür gescholten worden, als wir als Republik Österreich den Schengenbeitritt von Rumänien und Bulgarien nicht gleich durchgewunken haben. Auch dabei ist es natürlich darum gegangen, eine gewisse politische Debatte fortzusetzen oder auch in Europa entsprechend anzustoßen. 

Und man muss auch sagen, dass es ja ganz klar ist, dass wir rechtskonforme Lösungen brauchen, gleichzeitig ist es aber natürlich auch so, dass wir in der Politik schon auch wissen, dass die Gesetze von den Parlamenten gemacht werden. Und Tatsache ist, dass es die Menschenrechtskonvention gibt, Tatsache ist, dass es klare internationale Regeln gibt, aber Tatsache ist, wenn man sich die Europäische Union anschaut, natürlich auch, dass es so ist, dass eben nicht alle Mitgliedstaaten gleichermaßen davon betroffen sind, was die Problematik der Migration betrifft. Und es ist eben auch unter Freunden so – und ich zähle jetzt wohl einmal alle EU-Mitgliedstaaten zu unseren politischen Freunden, mit denen wir uns gemeinsam in der Europäischen Union wiederfinden und hier Politik machen –, dass diese Freunde phasenweise und teilweise immer noch eine Spur mehr für sich sind als für das große Ganze. 

Ich glaube, dass wir hier natürlich viele Herausforderungen haben, die wir in Zukunft zu bewältigen haben, für die wir internationale Lösungen finden müssen, aber natürlich auch rechtsstaatlich konforme Lösungen zu finden haben. Hier liegt der typische Fall vor, dass wir einen Artikel herangezogen haben, der legitim ist, nämlich dass das Asylrecht unter bestimmten Voraussetzungen – wenn die öffentliche Ordnung gefährdet ist – auch entsprechend ausgesetzt werden kann. Das Asylgesetz ist übrigens ein Gesetz – das werden die Freiheitlichen, zumindest einige von Ihnen, wissen –, das aus dem Jahr 2005 stammt – und die Geschichtskundigen wissen, dass es im Jahr 2005 eine ÖVP-FPÖ-Regierung gegeben hat – und daran wird jetzt diese Änderung vorgenommen, um es dem Innenminister – im Übrigen in Abstimmung mit dem Hauptausschuss – zu ermöglichen, den Familiennachzug eben auch temporär auszusetzen.

Insgesamt werden wir es wahrscheinlich in dieser Konstellation, die wir jetzt haben, öfter erleben, dass bestimmte Vorhaben sowohl von den Freiheitlichen als auch von den Grünen abgelehnt werden, wenn auch vermutlich mit deutlich unterschiedlicher Begründung, es ist aber eine Tatsache, dass man am Ende des Tages nur zu Lösungen kommen kann – sowohl im Land als auch in der Europäischen Union, und natürlich die Europäische Union wiederum in ihren weltweiten Verwebungen –, wenn man auch immer wieder zu Kompromissen kommt.

Sie bemüßigen immer wieder der Menschen, der Menschen in diesem Land: Ja, es geht um die Menschen in diesem Land, und es stimmt, dass die Menschen in diesem Land ihre Wünsche auch bei Wahlen zum Ausdruck bringen, dass die Menschen in diesem Land auch ihren Unmut bei Wahlen zum Ausdruck bringen! – da ist die Freiheitliche Partei wirklich nicht unprofessionell, das muss man offen anerkennen –, aber die Menschen erwarten sich dann auch, egal welche Partei sie wählen – ob jetzt die Freiheitlichen, die Sozialdemokraten, uns, wen auch immer; wir alle wissen, welche Parteien es gibt –, dass diese Politiker zusammenarbeiten und auch zu entsprechenden Lösungen kommen. (Vizepräsident Wanner übernimmt den Vorsitz.)

Das ist das, was hier stattfindet. Wir gehen einen richtigen Schritt. Wir entlasten unser System. Wir entlasten die Schulen. Wir entlasten damit auch das Sozialsystem. Wir verschaffen dem System Luft, damit wir die Herausforderungen der Zukunft bewältigen können. Wir werden uns in dieser Konstellation auch weiterhin bemühen – auch wenn wir unterschiedliche politische Meinungen haben –, im Interesse unseres Landes und im Interesse der Menschen in diesem Land, darum zu raufen, vernünftige Lösungen zu finden, und das ist heute ein weiterer Schritt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

10.30

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön. 

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr.