RN/30

11.10

Bundesrätin Johanna Miesenberger (ÖVP, Oberösterreich): Vielen Dank, geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Wir sehen heute an dieser Debatte, dass es sich um ein sehr emotionales Thema handelt. Es ist ein Thema, das uns bewegt, es ist ein Thema, bei dem es um Menschen geht. Es geht um Menschen: nicht nur um jene, die vom Familiennachzug betroffen sind, sondern auch um jene Österreicherinnen und Österreicher, die in unserer Heimat leben, auch um jene, die bei uns in Österreich leben wollen und die sich bei uns integrieren wollen. Österreich hat in den letzten Jahren gezeigt, dass es bereit ist, zu helfen, und hat auch viele aufgenommen, die Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen. Das war für uns wichtig, das war für uns richtig, auch weil es unsere Verantwortung war und ist. Das, aber auch viele andere Umstände haben dazu geführt, dass Österreich eines der Länder mit den höchsten Asylantragszahlen pro Kopf in ganz Europa geworden ist beziehungsweise war.

2022 wurden über 110 000 Asylanträge gestellt; das war damals ein historischer Höchststand. Diese Entwicklung war nicht gut, und wir haben mit unserem damaligen Innenminister Gerhard Karner natürlich auch gehandelt, und zwar schnell gehandelt. Es waren 2023 nur mehr rund 60 000 Anträge – die Zahl ging von 110 000 auf 60 000 Anträge zurück – und 2024 ging die Zahl um fast 60 Prozent auf knapp 25 000 Anträge zurück. Das bedeutet einen Rückgang bei den Asylanträgen seit 2022 um 80 Prozent. Jetzt, im Februar 2025 – weil wir schon ein paar Zahlen haben – verzeichnen wir mit nur 1 300 Anträgen den niedrigsten Stand seit dem Sommer 2020. 

Wir sehen, die Asylbremse wirkt, aber es hat auch andere nationale Maßnahmen gegeben, auch durch unseren Bundesminister Gerhard Karner, wie zum Beispiel den Kampf gegen die Schlepperkriminalität; dieser hat dazu geführt, dass die Schleppermafia mittlerweile einen Bogen um Österreich macht. Auch da ist nämlich eine Trendwende eingetreten: 2022 waren es noch 5 400 Aufgriffe im Burgenland und 2024 nur mehr rund 190. Das ist darauf zurückzuführen, dass massive Grenzpunkt- und Grenzraumkontrollen in Österreich, direkt an den Grenzübertrittsstellen durchgeführt wurden. 

Es hat auch mehr Abschiebungen gegeben: Bis Ende Februar 2025 sind über 2 000 Menschen abgeschoben worden, die Hälfte davon waren eigenständig Ausreisende, die andere Hälfte wurde zwangsweise außer Landes gebracht. Davon waren aber 46 Prozent strafrechtlich verurteilt, das war also durchaus auch eine notwendige Maßnahme. 

Mit dem Rückgang der Asylanträge ist es aber nicht getan, denn in den vergangenen zwei Jahren kamen dazu über 17 000 Familienangehörige von schutzberechtigten Personen nach Österreich, ein Großteil davon wie schon erwähnt minderjährige schulpflichtige Kinder aus Syrien und Afghanistan. Das stellt sich jetzt so dar, dass dieses Thema unsere Schulen in den Großstädten – insbesondere in Wien, aber auch in Linz –, unser Sozialsystem und unsere Integrationsarbeit vor enorme Herausforderungen, aber auch Aufgaben stellt. Die Lehrerinnen und Lehrer in den betroffenen Städten sind am Limit, in vielen Klassen kann der Spracherwerb, der so notwendig ist, auch um sich zu integrieren, nicht mehr ausreichend gefördert werden. Auch die steigenden Zahlen im Bereich der Jugendkriminalität zeigen, dass es besorgniserregende Entwicklungen gibt. 

Daher sind bereits im letzten Jahr Maßnahmen gesetzt worden, und wir haben schon einen Rückgang beim Familiennachzug bemerkt, es sind nämlich verstärkt DNA-Tests durchgeführt worden, strenge Dokumentenprüfungen sind durchgeführt worden, um eben Missbrauch, wie zum Beispiel vorgewiesenen Scheinehen, auf die Spur zu kommen. Allein dadurch ist wie schon erwähnt die Zahl der tatsächlichen Einreisen drastisch gesunken: von 1 000 Personen im Vorjahr, im Februar 2024, auf nur noch 60 im Februar 2025. 

Wir wissen aber, das alleine reicht jetzt nicht. Wir müssen auch in die Zukunft schauen, denn die Kapazitätsgrenzen sind in vielen Bereichen – heute schon einige Male erwähnt – eben erreicht und teilweise auch überschritten. Deshalb hat die aktuelle Bundesregierung entschieden, entschlossen zu handeln. Der Familiennachzug soll vorübergehend ausgesetzt, gestoppt werden. Die rechtliche Grundlage dafür schafft eben diese Novelle des Asylgesetzes 2005. Es wird hier eine Sonderregelung eingeführt, die der Bundesregierung erlaubt, bei Überlastung der Systeme den Familiennachzug per Verordnung auszusetzen. Härtefälle werden natürlich gesondert betrachtet, Anträge können auch weiterhin gestellt werden. Diese Regelung gilt einmal bis Ende September 2026. Das heißt, das ist eine Vorgehensweise, die befristet ist und kontrolliert abläuft. 

Parallel dazu wird – ich habe es schon erwähnt – auch in die Zukunft geschaut und wie im Regierungsprogramm vereinbart an einer Kontingentierung des Familiennachzuges gearbeitet, und zwar mit Blick auf die tatsächlichen Aufnahmekapazitäten, die unsere Systeme haben; daran wird sich diese Kontingentierung orientieren. 

Geschätzte Damen und Herren, das ist unserer Meinung nach keine Politik der Abschottung, keine Politik der Grenzen, der Mauern, der Festungen, wie sie die FPÖ so gerne machen würde. Das ist eine Politik der Verantwortung, die unsere Systeme schützt, die Integration ermöglicht, und – wie Herr Staatssekretär Leichtfried so schön ausgeführt hat – ein Balanceakt zwischen Verantwortung übernehmen und trotzdem Hilfsbereitschaft zeigen. Wir wollen keine Spaltung, sondern wir wollen sozialen Frieden, der sich auf Basis gesellschaftlichen Zusammenhalts entwickeln kann. 

Wenn man die Debatte heute bis hierher verfolgt hat, könnte man ja meinen beziehungsweise gewinnt man den Eindruck, dass wir mit dieser Novelle auf dem richtigen Weg sind, für die einen ist es nämlich zu viel und für die anderen ist es zu wenig. Ja, geschätzte Kollegen und Kolleginnen von den Grünen, Sie überraschen heute in der Debatte nicht; gerade dieser Beschluss wäre mit euch in der letzten Periode eben nicht möglich gewesen, und, geschätzte Kollegin Hauschildt-Buschberger, das EU-Recht wurde auch mitbedacht. 

Die FPÖ – auf der anderen Seite – überrascht uns auch schon lange nicht mehr. Die Aufregung ist immer dann groß oder wieder einmal groß, wenn ein Thema weggenommen wird. Die FPÖ hätte nämlich mit einer Zustimmung heute die Chance, konkret mitzuhelfen, die Situation im Bildungssystem, in der Integration zu verbessern, aber Tatsache ist – und das kennen wir schon länger –: Die FPÖ lebt davon, die Probleme zu wälzen, am Leben zu erhalten und eben nicht zu lösen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].) 

Dabei entsteht der Eindruck: Für die Menschen ehrlich zu arbeiten, kann nie das Ziel gewesen sein, denn sonst hätte die FPÖ im Februar nicht den Verhandlungstisch verlassen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

11.18

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön. 

Ein weiteres Mal zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr.