RN/27
11.37
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Gäste hier und vor den Bildschirmen! Ja, über das Budget zu reden, heißt, darüber zu reden, wie wir Geld einnehmen, aber auch darüber, wofür wir es ausgeben. Das Finanzministerium hält dafür natürlich den stärksten Steuerungsmechanismus in der Hand, der unser Zusammenleben organisiert.
Die Grundfrage dabei ist aber: Wohin soll er steuern? – Das Ziel sollte sein, ein gutes Leben für so viele Menschen wie möglich in Freiheit und in Sicherheit zu gewährleisten. Um in Freiheit zu leben, bedarf es der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte, aber es bedarf vor allem eines gewissen Lebensstandards, damit man sich auch Beteiligung – soziale Beteiligung und politische Beteiligung – leisten kann. Der Sozialstaat in Österreich sichert diese Freiheit für uns alle, nämlich tatsächlich für uns alle, für alle, die in Österreich leben, und das ist auch wichtig. Für den sozialen Frieden ist es das Um und Auf. (Beifall bei den Grünen.)
Daher ist uns Grünen auch wichtig, dass Reichtum und Chancen in der Gesellschaft gerecht verteilt werden und dass es keine Armut in der Gesellschaft gibt, sondern eine sehr, sehr breite Mittelschicht. Ich finde es schon sehr spannend, dass sich Kollegin Partl von der FPÖ an Milei aus Argentinien hält und den Sozialstaat zerschlagen will. Sie sprechen immer nur von Bürgern und nie von Bürgerinnen. Und anscheinend sprechen Sie von den Reichen (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ]), und da passt es, Bürger zu sagen – wenn Sie von den reichen Bürgern sprechen, die Sie anscheinend vertreten wollen. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das ist grüne Politik!)
Von selbst aber entsteht so eine Mittelschicht nicht, sondern der Staat muss dafür sorgen, und er muss es im Budget abbilden: Er muss im Budget eine Umverteilung abbilden. Ich muss sagen, ich wundere mich über dieses Budget, denn dort findet sich kaum Umverteilung, obwohl an dieser Regierung scheinbar – wir haben uns heute schon ein bisschen gewundert – die SPÖ beteiligt ist. Ihre Handschrift ist aber nicht erkennbar, ganz im Gegenteil: Das Budget hat Umverteilung nicht mehr im Blick. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Ja, die Frau Staatssekretärin hat es auch jetzt gesagt, „die Sparmaßnahmen treffen alle“. – Da frage ich mich: Gießkanne? Sozialstaat? Das heißt, Sie erhöhen die Gebühren für alle, Sie kürzen Familienleistungen für alle, Sie streichen Ausgleichszahlungen wie den Klimabonus für alle, Sie verteuern Öffifahren für alle und nutzen die Drittelverteilung aus der kalten Progression nicht mehr für die Umverteilung.
Da frage ich mich bitte: Wo sind die breiten Schultern, auf denen die Budgetsanierung lastet? – Sie haben die Last schlicht und einfach nicht auf diese starken und breiten Schultern gelegt, sondern auf die schwachen – anstatt dass Sie das Geld dort suchen, wo es in Hülle und Fülle vorhanden ist, nämlich bei den Vermögenden, bei Erbschaftssteuern, bei Schenkungssteuern oder bei den Großgrundbesitzern.
Wie sieht es damit aus, unseren Kindern und Kindeskindern eine halbwegs intakte Umwelt zu hinterlassen? – Auch da: Fehlanzeige. Auch das interessiert Sie scheinbar nicht – also kein Zukunftsbudget, auch nicht bei den Sanierungen, keine Anreize mehr für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, keine PV-Anlagen mehr, kein Heizungstausch mehr, keine Anreize mehr dafür, E-Autos statt Verbrenner zu kaufen (Zwischenruf des Bundesrates Gfrerer [ÖVP/Sbg.]), keine günstigen Öffitickets mehr (Zwischenruf des Bundesrates Himmer [ÖVP/W]), kein Bahnausbau mehr. – Das ist keine zukunftsgerichtete Budgetpolitik. (Beifall bei den Grünen.)
Ganz im Gegenteil ist es eine Sanierung des fossilen Zeitalters und eine Sanierung der Autozentriertheit in Österreich: Pendlerpauschalen werden erhöht, Schnellstraßen werden gebaut, Tunnel unter Naturschutzgebiete gegraben, Diesel und Dienstwagen subventioniert. Dafür werden mehr Milliarden ausgegeben – viel mehr –, und das ist kurzsichtig! Haben Sie sich denn die Auswirkungen davon überlegt, die Wirkungen auf die so dringend notwendige Energie- und Mobilitätswende oder auf die Wirtschaftstreibenden, die lokalen Unternehmen in den Gemeinden, die jetzt, weil sie keine Aufträge mehr bekommen, Mitarbeiter abbauen müssen? – Das scheint nicht so. Sie bleiben lieber abhängig von ausländischen Fossilmächten und feuern mit Ihren Maßnahmen die Klimakrise an. Ich hätte gerne, dass Sie das dann Ihren Enkel:innen erklären. (Beifall bei den Grünen.)
Und erklären Sie, vor allem die Kolleg:innen von der SPÖ, den armutsgefährdeten Familien, warum sie die Gebührenerhöhungen, die verringerten Familienleistungen und den fehlenden Klimabonus in gleichem Maße tragen müssen, nämlich genauso wie die, die es sich sowieso leisten können und die sich jetzt sogar freuen, weil sie mit dem SUV in die Arbeit fahren und das auch noch steuerlich geltend machen können! Die Alleinerziehende mit zwei Kindern aber verliert viele Hunderte Euro pro Jahr, von ihr verlangen Sie mehr Geld und ihr streichen Sie Unterstützungen.
Mit einem guten Zukunftsplan könnte man aber eine Zukunft für alle Menschen in diesem Land formen, auch und gerade in Zeiten des Sparens. Gerade da, wo man noch intensiver darüber nachdenken muss, gerade da könnten Sie am besten an den Stellschrauben für eine gerechte und zukunftsgerichtete Gesellschaft drehen. Das aber, was Sie uns mit diesem Budget und dieser Budgetsanierung vorlegen, ist reine Klientelpolitik – für die Klientel der Autofahrer:innen, der fossilen Energielieferant:innen und der Wohlhabenden. Es wäre ein solidarischeres und ein gerechteres Österreich, wenn Sie einmal die alleinerziehende Mutter als Maßstab für Ihre Budgetpolitik heranziehen würden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
11.43
Vizepräsident Michael Wanner: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Zauner zu Wort gemeldet.