RN/31

11.53

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Danke schön, Herr Vorsitzender! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Besucherinnen und Besucher, auch von meiner Seite willkommen bei uns im Hohen Haus! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, ebenfalls willkommen bei uns im Bundesrat! Ja, so eine Budgetdebatte zeigt, finde ich, ganz gut auf, welche unterschiedlichen Herangehensweisen wir alle haben. Das ist ja prinzipiell einmal gut, und ich finde es gut, dass wir da auch wirklich so sachlich darüber diskutieren können. 

Es wird euch wahrscheinlich nicht verwundern, dass es für mich zwei Dinge gibt, die ich mittlerweile etwas mühsam finde: Das ist einerseits die Geschichte, die immer wieder so herumschwirrt, dass die Klimaschutzmaßnahmen der letzten Regierung einen maßgeblichen Anteil an der budgetären Lage tragen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist die Wahrheit!) Es ist immer wieder die Rede davon, dass das Geld da mit der Gießkanne ausgeschüttet und vergeudet wurde, aber, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das Geld ist nicht verschwendet worden, sondern es befindet sich auf den Dächern der Österreicherinnen und Österreicher (Beifall bei den Grünen), es befindet sich in den Kellern, es sorgt dafür, dass die Menschen günstige Energie haben – im Vergleich zur Abhängigkeit von Putins Gas. Das Geld trägt auch dazu bei, dass Österreich seine Klimaschutzziele hätte erreichen können – sage ich einmal so. Immerhin hat sich der CO2-Ausstoß von 2019 bis 2024 um 17 Prozent verringert – das ist das erste Mal, dass es eine derart große, kontinuierliche Abnahme der CO2-Emissionen in so einer Zeit gab, nämlich von knapp 80 Millionen Tonnen auf 65,6 Millionen Tonnen. Wie es damit weitergeht, werden wir sehen. 

Waren alle Maßnahmen der letzten fünf Jahre wirklich zu 100 Prozent zielsicher? – Nein. Aber da wir die erste Regierung waren, die ernsthaft ökosoziale Reformen und erstmals ernsthafte Klimaschutzmaßnahmen angegangen ist, nämlich tatsächlich wirkungsvolle Maßnahmen umgesetzt hat, kann man uns, glaube ich, die einen oder anderen Gehversuche zugestehen. Ja, wir müssen an der Treffsicherheit mancher Maßnahmen arbeiten, aber bitte klug und sozial! (Beifall bei den Grünen.) Daher: Evaluieren, daraus Schlüsse ziehen und aus dieser Erfahrung lernen!

Die zweite Geschichte, die mir ehrlich gesagt sauer aufstößt, ist die Art und Weise, wie das Budget saniert wird, und dass behauptet wird, diese Art und Weise sei alternativlos. Auch das stimmt nicht. Das Budget ist eben, was es ist – und das hören wir auch bei manchen Kolleginnen und Kollegen zwischen den Zeilen oder auch deutlicher heraus –: In Wahrheit ist es ein blau-schwarzes Sparbudget auf Kosten des Klimaschutzes und der sozial Schwächsten. Es ist ein verteilungspolitisches Desaster – so klar muss man das leider sagen. (Beifall bei den Grünen.) 

Anders nämlich als von der Regierung beworben sind es weniger, wirklich weniger die breiten Schultern, die diese Sanierung tragen. Ich bin erstaunt, dass immer wieder dieses Bild geschaffen wird, es seien die breiten Schultern – dass das wirklich überhaupt noch jemand behaupten kann, ohne rot zu werden, finde ich faszinierend. (Bundesrat Beer [SPÖ/W]: Wo waren die Maßnahmen in der letzten Bundesregierung?) Es sind eher die schmalsten. (Bundesrat Beer [SPÖ/W]: Wo waren die Maßnahmen der letzten Regierung?) – Genau: Wo waren die Maßnahmen? Wir haben wenigstens Maßnahmen gesetzt (Bundesrat Beer [SPÖ/W]: Das Geld habt ihr rausgehaut!), ihr nehmt die Maßnahmen zurück. 

Noch einmal: Das Geld ist nicht beim Fenster rausgeworfen, sondern es ist genau dort, wo es sein soll, und das bringt den Leuten nachhaltig etwas. 

Das, was ich gesagt habe, nämlich dass es nicht die breiten Schultern sind, die diese Budgetsanierung tragen, das sagen auch die aktuellen Analysen des Budgetdienstes sehr ausdrücklich: 2025 bedeuten die Budgetmaßnahmen durchschnittlich einen Nettoeinkommensverlust von 0,8 Prozent. Das klingt jetzt einmal nicht nach so wahnsinnig viel, das klingt wie etwas, wozu man sagen würde: Ja, es kann jeder von uns ein bisschen beitragen, das ist ja nicht so viel. Aber: Die 10 Prozent der Menschen mit den geringsten Einkommen haben 2025 einen Nettoeinkommensverlust von 2,3 Prozent – das steigert sich bis 2029 auf 3,3 Prozent –, während die obersten 10 Prozent der Einkommensbezieher, die Besserverdienenden, die Spitzenverdiener zwischen 0,4 und maximal 1,1 Prozent Nettoeinkommensverlust haben. Der Budgetdienst bestätigt also genau das, dass es eben nicht die breiten Schultern sind, sondern die Personen mit dem schmalsten Geldbörsl – sagen wir so. (Beifall bei den Grünen.) 

Jetzt ist die Frage: Was könnte man anders machen? – Ich nehme da auch das Beispiel des Klimabonus: Ja, da hätten wir auch nachgeschärft, keine Frage. Prinzipiell aber ist der Klimabonus ja eine wirklich sinnvolle Sache: Der Klimabonus war als sozialer Ausgleich zur wirklich dringend notwendigen, absolut notwendigen CO2-Bepreisung konzipiert – und diesen sozialen Ausgleich schafft ihr jetzt einfach ab. Wer leidet am meisten darunter? – Die Familien mit mehr Kindern, die Familien, die weiter draußen leben. Und sie leiden doppelt – ich erkläre gleich, warum –, denn statt eine kluge ökosoziale Maßnahme zu verbessern, zum Beispiel dadurch, dass sie einkommensteuerpflichtig wird, ersetzt ihr diese durch eine ökologisch rückschrittliche Maßnahme wie die Erhöhung des Pendlereuros. Das bringt keine einzige Person dazu, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, und das bringt keiner einzigen Familie eine bessere öffentliche Anbindung. Im Gegenteil, das verzögert weiter die Verkehrswende, die dringend notwendig ist, und das wird – und ich werde nicht müde, das immer wieder zu betonen – den uns nachfolgenden Generationen auf den Kopf fallen. Zukunftsvergessen nennt man das! (Beifall bei den Grünen.)

Betreffend die Inflationsanpassung der Sozial- und Familienleistungen: Man kann darüber streiten, ob es de facto eine Kürzung ist oder nicht. Wir haben es aber vorhin gesehen, und es gibt auch eine wundervolle Grafik vom Budgetdienst dazu. (Die Rednerin hält ein Schriftstück mit einem Balkendiagramm in die Höhe.) Das ist ein bisschen klein ausgedruckt, aber sie zeigt ganz genau, dass die einkommensschwächsten Haushalte wirklich die größten Verluste durch die Budgetmaßnahmen haben, während der Pendlereuro den einkommensstärkeren Haushalten am meisten zugutekommt. (Vizepräsident Stotter übernimmt den Vorsitz.)

Dass die SPÖ mit dieser Aussetzung der Inflationsanpassung der Sozial- und Familienleistungen mitgeht, das ist wirklich unverständlich. Ihr hättet stattdessen zum Beispiel die Erhöhung des Familienbonus Plus zurücknehmen können. Der Familienbonus Plus kommt ja ohnehin hauptsächlich Besserverdienenden zugute. Aber nein, ihr entscheidet euch, bei den Einkommensschwächsten anzusetzen – unverständlich, dass ihr da mitmacht, ehrlich gesagt! Und wisst ihr, ihr habt uns die letzten fünf Jahre und auch heute zugerufen, vorgehalten, wir würden im Sozialbereich nicht genügend weiterbringen, aber wir haben wenigstens etwas weitergebracht, und ihr, wie gesagt, streicht das wieder weg. 

Ich glaube, Kollege Peterl hat die kommunalen Investitionspakete erwähnt. Da sieht man: Selbst Klimaschutzmaßnahmen, die absolut zielgerichtet und wirkungsvoll waren, schießt diese Regierung ab. Dabei hat der Herr Finanzminister – ich habe mir seine Budgetrede ganz aufmerksam angehört – selber gesagt – ich zitiere –: „Klimaschutz ist unverzichtbar, er kostet und er braucht Finanzierung. Was wir uns aber nicht mehr leisten können, sind wenig zielgerichtete und überschießende Förderungen.“ 

Für die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause: Das kommunale Investitionspaket – das sind Gelder des Bundes an die Gemeinden – gab es 2020, 2023 und 2025 für spezielle Projekte. Ja, die finanzielle Lage vieler Gemeinden ist seit Längerem angespannt. Die Gründe sind bekannt, und ich verstehe ja auch, dass die Gemeinden mehr Geld brauchen; ich bin auch Kommunalpolitikerin. Die Kosten steigen, die Einnahmen sinken, die Umlagen, die die Länder einbehalten, gehen inzwischen auf die 60 Prozent zu. Da braucht es konkrete, zielgerichtete Maßnahmen, eine bessere Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden.

Die Gelder der kommunalen Investitionspakete waren genau für Ausgaben für Zukunftsinvestitionen gedacht, die sich Gemeinden eben nicht leisten können. Was macht aber die Regierung? – Sie macht aus dieser treffsicheren, zielgerichteten Förderung eine Gießkannenförderung, also das, was ihr immer so kritisiert habt. Die Gemeinden bekommen das Geld – immerhin insgesamt, wir haben es schon gehört, rund 880 Millionen Euro – ohne Auflagen. Was bedeutet das? – Investitionen in Energieeffizienz, in erneuerbare Energien und die Sanierung senken ja langfristig die Kosten für die Gemeinden, aber diese entsprechenden Projekte sind jetzt möglicherweise aufgeschoben oder sogar ausgesetzt. Das ist ebenfalls zukunftsvergessen und eigentlich nicht nachvollziehbar, muss ich sagen. Gerade die SPÖ hat in der Vergangenheit wie gesagt oft alles Mögliche als Gießkannenmaßnahme kritisiert; aber bei der größten Gießkanne, da seid ihr jetzt mit dabei. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.03

Vizepräsident Markus Stotter, BA: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christoph Thoma. Ich erteile dieses.