RN/38
12.25
Bundesrätin Elisabeth Lindner-Wolff, MSc (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher vielleicht via Livestream! Anhand des jetzigen Beispiels erkennt man den ständigen Wandel bei uns im Bundesrat. Beim Kollegen vor mir war es gerade seine erste Rede, bei mir ist es heute voraussichtlich die letzte Rede im Bundesrat. Ich freue mich sehr, dass ich heute auch noch einmal zu einem landwirtschaftlichen Thema sprechen kann. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Ja, mit dem heutigen Gesetz beschließen wir eine neue Regelung der Übergangsfristen für Vollspaltenböden in der Schweinehaltung. Mit 2034 soll die Übergangsfrist für unstrukturierte Vollspaltenbuchten in der Schweinehaltung enden. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei oder weil wir uns gedacht haben, wir wollen dieses Gesetz jetzt schon wieder überarbeiten. Nein, das machen wir, weil dieses Gesetz verfassungsrechtlich einfach nicht standhält und wir es überarbeiten müssen.
Wir haben es geschafft, einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Es war wichtig, schnell zu reagieren, sodass die Bäuerinnen und Bauern ab Anfang Juni nicht ohne rechtliche Grundlage dastehen. Das haben wir mit unseren Regierungspartnern, der SPÖ und den NEOS, geschafft, und dafür möchte ich mich auch ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Es ist klar: Wir in der ÖVP und im Bauernbund stehen für die Planungssicherheit in unseren Betrieben, denn nur so kann sichergestellt werden, dass die Betriebe in Österreich auch weiterhin bestehen können. Man muss sich darauf verlassen können, dass das, was wir heute sagen, auch morgen gilt, denn sonst treibt man die Betriebe halt leider an ihre Existenzgrenzen oder darüber hinaus. Die letzten Monate waren gerade in der Schweinebranche wirklich extrem belastend für die Betriebsführerinnen und für die Betriebsleiter: nicht zu wissen, wie es weitergeht. Kann man sich das alles überhaupt noch leisten? Macht es Sinn, die Ställe und die Betriebe in der nächsten Generation weiterzuführen? Das sind leider Fragen, die in letzter Zeit nur zu berechtigt waren.
Es ist unsere Aufgabe als Regierung, uns für stabile Rahmenbedingungen einzusetzen. Das machen wir mit dem heutigen Gesetzesbeschluss.
Innerhalb von 16 Jahren nach Anschaffung, spätestens mit Mitte 2034 – beziehungsweise dürfen ein paar Ausnahmebetriebe ein Jahr länger dafür brauchen –, ist es notwendig, die Investitionen zu setzen, um die Maßnahmen umzusetzen. Das ist die Dauer der Abschreibung, die auch buchhalterisch so vorgesehen ist, und so muss das auch umgesetzt werden.
Wir verfolgen aber auch in der ÖVP und im Bauernbund das Prinzip der ökosozialen Marktwirtschaft. Das spiegelt sich wie in einem Paradebeispiel auch in dem heutigen Gesetzesbeschluss wider. Mit dem heutigen Beschluss ist klar, dass wir uns für mehr Tierwohl auch in den fleischproduzierenden Betrieben und in der Industrie einsetzen.
Eine gute Produktion funktioniert nur Hand in Hand mit den Betrieben und den Konsumentinnen und den Konsumenten. Deswegen beschließen wir mit dem heutigen Gesetz, dass mit 1.6.2029 auch mehr Tierwohl in die Ställe einzieht. Es braucht mit 1.6.2029 geringere Besatzdichten in den Ställen beziehungsweise auch mehr Beschäftigungsmaterial für die Tiere; wir haben es schon gehört.
Ich möchte auch ein bisschen einen Appell an unsere konsumierende Bevölkerung richten, denn Tierwohl, ja, wird in Österreich bereits sehr großgeschrieben. Das zeigt auch eine unabhängige Studie, laut der Österreich mit Schweden und der Schweiz auf Platz eins beim Animal Protection Index steht. Da brauchen wir uns nicht zu schämen, nicht zu verstecken. Das ist so.
Umso wichtiger ist es dann aber, wenn wir die Wahl haben, wenn wir im Supermarkt stehen, dass wir auch zu diesen Produkten greifen. Wer mehr Tierwohl fordert, muss dann aber auch den Preis dafür bezahlen. Derzeit kommen nur 5 Prozent der Produktion von biologischen Strohschweinen. Der Rest wird konventionell produziert. Da müssen wir schon auch ein bisschen aufpassen. Wir können nicht höchste Tierwohlstandards fordern, und dann kauft es niemand, und wir importieren dann eventuell Billigprodukte aus dem Ausland.
Als Konsument, als Konsumentin stellt man sich oft ein Bild einer hochindustrialisierten Landwirtschaft vor, die über gesamte Landstriche hinweg geht. Ich denke da beispielsweise an die Rinderzucht in Argentinien oder an die Hühnerhaltung in den USA. Aber das ist keine Produktion, wie wir sie in Österreich haben. Das ist kein Bild, das wir tatsächlich in Österreich haben und das wir kennen. Wir sind in Österreich geprägt von Familienbetrieben, von mittelständischen und Kleinunternehmen, und die schaffen es auch, die Vielfalt, die wir in Österreich haben und die wir doch auch so schätzen, zu halten. Klar ist auch, dass die Lebensmittelversorgung aus dem eigenen Land ein ganz zentrales Thema der Zukunft sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Deswegen freue ich mich umso mehr darüber, dass wir mit dem heutigen Beschluss die Betriebe absichern, die tagtäglich die Verantwortung dafür übernehmen, dass wir regionale und gute Produkte auf unsere Teller bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Abschließend möchte ich, wie ich schon zu Beginn gesagt habe, noch ein paar persönliche Worte an Sie alle richten. Es ist heute voraussichtlich meine letzte Rede hier im Parlament und im Bundesrat nach viereinhalb Jahren, und ich muss wirklich sagen, es war mir eine richtig große Ehre, dass ich hier stehen darf.
Angefangen habe ich in der Hofburg im Redoutensaal, und ja, so kommt alles im Leben vielleicht manchmal wieder: Im Redoutensaal habe ich bereits mein Bachelordiplom überreicht bekommen, ein paar Jahre später durfte ich dann als Rednerin im Bundesrat stehen, und jetzt hatte ich auch noch die Ehre, in den neu renovierten Räumlichkeiten des Parlaments auch noch mitwirken zu dürfen. (Allgemeiner Beifall.)
Ich glaube, man hat es in meinen Reden ein bisschen gemerkt: Es war mir eine wirklich große Ehre, mich hier für die Bevölkerung einzusetzen, und zwar natürlich für die gesamte Bevölkerung, aber ganz speziell für die Landwirtschaft und für die Wiener Landwirtschaft eine starke Stimme zu sein und mich für diese einzusetzen.
Neben all der Arbeit, die wir alle hier im Parlament haben, durfte ich aber auch unglaublich viel erleben, das einfach wirklich nicht selbstverständlich ist. Dafür möchte ich noch einmal einen ganz besonderen Dank aussprechen, einerseits natürlich an alle Mitarbeiter des Parlaments. Ich glaube, ohne sie würde hier keine Sitzung stattfinden und auch keine Aktivität außerhalb dieses Sitzungssaales. Vielen herzlichen Dank dafür, dass Sie sich immer um uns kümmern und dass alles so funktioniert, wie es funktionieren soll! (Allgemeiner Beifall.)
Ein ganz besonderer Dank gilt aber meiner Fraktion. Ich freue mich sehr, dass wir die letzten viereinhalb Jahre gemeinsam, eigentlich wie eine große Familie erleben durften, dass ich so viel mit euch erleben durfte. Das wird mir, denke ich, immer in Erinnerung bleiben. Vielen herzlichen Dank für so eine tolle Zeit! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)
Auch wenn vom Rednerpult aus der Ton vielleicht manchmal ein bisschen strenger ist – was ja auch gut so ist, denn wir alle haben unterschiedliche Meinungen und vertreten diese Meinungen auch hier ganz öffentlich, dafür sind wir da –, freue ich mich, dass zwischenzeitlich doch auch das eine oder andere gute Gespräch, mit sehr viel Wertschätzung, stattfinden konnte. Ich freue mich darüber, dass das möglich war. Vielen herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)
Und last, but not least, ich muss es ganz ehrlich sagen: Mein Amt als Bundesrätin wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht meine Familie mir so sehr den Rücken gestärkt hätte, sodass ich sagen konnte: Es ist Sitzung, ich muss weg!, und es stand jemand dort, und der Betrieb war einfach gut betreut.
Auf der anderen Seite möchte ich natürlich auch meinem Mann ganz herzlich Danke sagen dafür, dass er sämtliche Arbeiten im Hintergrund für mich gemacht hat, als mein Fuß nicht so gut funktioniert hat, darauf gewartet hat, dass ich aus dem Parlament komme, um mich abzuholen. Und natürlich möchte ich auch meinen Eltern dafür danken, dass sie mich immer unterstützt und gestärkt haben. Das ist nicht selbstverständlich. Ich glaube, wir alle haben solche Familien, die uns zum Glück teilweise den Rücken stärken, und dafür möchte ich heute ganz laut und öffentlich Danke sagen. (Allgemeiner Beifall.)
Für mich steht jetzt ein neues Kapitel bevor, sowohl familiär als auch im Heurigen, wohin ich jetzt wieder zurückkehren darf und wo ich jetzt ein bisschen mehr wirken darf. Ich möchte nur sagen: So wie die Türen hier im Parlament stehen auch die Türen bei uns im Heurigen wirklich immer offen. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich freue mich, das eine oder andere bekannte Gesicht zu sehen und vielleicht auch bei einem guten Achterl Wein über die Zeiten in der Politik zu reden. – Vielen Dank. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)
12.35
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Liebe Elisabeth, wir wünschen dir natürlich für deinen weiteren Lebensweg von Herzen alles Gute.
Als Nächste ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.