RN/62

17.15

Bundesrat Matthias Zauner (ÖVP, Niederösterreich): Vielen Dank, Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir hätten das alles natürlich auch schon am Vormittag, im Zuge der Debatte über das Budgetsanierungsmaßnahmengesetz, diskutieren können – aber, Herr Bundesminister, fühlen Sie sich geschmeichelt, die Freiheitlichen wollten Sie unbedingt persönlich kennenlernen. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Schön, dass Sie da sind und dass wir das jetzt hier gemeinsam debattieren können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)

Kollege Bernard, das ist schon spannend: Sie stellen 28 Fragen an den Bundesminister. Der Herr Bundesminister beantwortet diese (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Na, hat er nicht!), und Sie stellen sich hier heraus und dreschen Begriffe, Namen in irgendeinem nicht vorhandenen Zusammenhang und Überschriften. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Um es mit Ihren Worten zu sagen: Es ist mir ein Rätsel. (Bundesrat Bernard [FPÖ/NÖ]: Ja, der Herr Bundesminister hat die Fragen 1 bis 14 auf einmal beantwortet! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]. – Bundesrat Bernard [FPÖ/NÖ]: 1 bis 14 auf einmal! – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Er hat sie gar nicht beantwortet!)

Natürlich wissen wir alle, wie herausfordernd die aktuelle budgetäre Situation ist, und mir ist schon wichtig, auf ein paar Dinge einzugehen, ohne es verteidigen zu wollen, ohne es schönreden zu wollen. Man muss aber schon ein paar Dinge ins richtige Licht rücken, auch im Zuge auf die Debatte am Vormittag – sowohl vom Koalitionspartner als auch von der Opposition. Das hat die Staatssekretärin meiner Meinung nach völlig richtig ausgeführt: dass all das Geld, das jetzt – unter Anführungszeichen – „weg“ ist, nicht weg ist, sondern der Bevölkerung in den vergangenen Jahren zugutegekommen ist. (Bundesrat Bernard [FPÖ/NÖ]: Für die Freunderl! Für die Buberln!)

Das Problem, das wir aber haben, ist, Stichwort Wirtschaftswachstum, dass das Geld nicht in den Konsum gegangen ist, sondern dass das Geld in vielen Fällen auf den Sparbüchern liegt. 

Wir haben viel über die Herausforderungen gesprochen, die in diesen vergangenen Jahren zu bewältigen waren. Ich möchte nur ein Beispiel herausgreifen, um es ganz plastisch darzustellen. Das war die Situation, die so nicht vorhersehbar war, als auf einmal die Fragestellung da war: Kommt noch Gas aus Russland? Können die Familien heizen? Kann die Industrie am Leben erhalten bleiben?

Es war die Vorgängerbundesregierung, die dann mit viel Einsatz, und, ja, auch mit viel Mitteleinsatz, das zuwege gebracht hat, was dann eigentlich niemand mehr mitbekommen hat: dass eben nichts passiert ist, weil es da Versorgungssicherheit gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wesentlich bei einer Budgeterstellung sind natürlich auch die Prognosen der Wirtschaftsforscher. Die waren jahrelang richtig. Die waren im Rahmen der Pandemie unmöglich und danach einfach falsch. 

Ich habe mir die Zahlen des Wifo einmal angeschaut: Für das Jahr 2023 war die Wirtschaftsprognose des Wifo plus 2 Prozent – zu liegen gekommen sind wir bei minus 1 Prozent, also um 3 Prozent überbewertet. Oder im Vorjahr: Die Erstprognose war plus 1,7 Prozent, abgeschlossen bei minus 0,9 Prozent; das heißt, es waren um 2,6 Prozent mehr Wirtschaftswachstum und damit mehr Steuereinnahmen prognostiziert. All das ist keine Ausrede. Wir haben Herausforderungen, wir haben auch sicherlich nicht alles richtig gemacht, aber man muss schon auch immer den Gesamtkontext betrachten, wenn man über die aktuelle budgetäre Situation spricht. 

Für mich ist das Budgetsanierungsmaßnahmengesetz, das wir heute hier im Bundesrat auch verabschiedet haben, in Wahrheit die Rettung. Das ist die Rettung, die jetzt einmal kommt, um in einem Erstschlag aktiv zu werden. Wenn man im Spital war, dann muss man auf Reha gehen. Die Reha: Das ist das Budget und das sind die Reformen, die diese Bundesregierung im Gesundheits-, Bildungs- und Wirtschaftsbereich setzen wird – alles mit der Hoffnung, dass diese Republik genest, dass wieder Vitalität herrscht, dass der Konsum angekurbelt wird und damit die Wirtschaft und sich damit die Zahl der Arbeitsplätze erhöht.

Wir gehen da aber einen gemischten Weg; auf der einen Seite durch steuerliche Anpassungen, die Erhöhung von Gebühren und Beitragserhöhungen bei der Sozialversicherung; auf der anderen Seite aber – ein ganz wesentlicher Punkt für die heimische Wirtschaft – durch Verwaltungsvereinfachungen, aber auch durch Maßnahmen zur Inflationsabgeltung.

Die Freiheitlichen haben heute diese Dringliche Anfrage eingebracht. Man muss sie aber schon auch damit konfrontieren, was sie in den vergangenen Jahren im Parlament gefordert haben. Wir haben es heute schon gehört, ich darf noch einmal darauf eingehen. Seit 2020 sind es rund 20 Milliarden Euro, die die Freiheitlichen haben wollten. 7,4 Millionen Euro für einen Tausender für jede und jeden, unabhängig davon, ob man ihn braucht oder nicht. Was daran sozial treffsicher ist, müssen die Freiheitlichen noch erklären. Oder ein Senken der Mehrwertsteuer auf Benzin, Diesel und der Mineralölsteuer; oder aber auch Gas, Strom und Lebensmittel komplett mehrwertsteuerfrei. Mehr als 10 Milliarden Euro hätte das gekostet. 

Sich jetzt hinzustellen und zu sagen, man ist der große Budgetsanierer und man macht es besser, dann seien noch einmal – Herr Kollege Thoma hat es heute schon erwähnt – all jene Vorschläge erwähnt, die die Freiheitlichen zwischen 13. März und 3. April gemacht haben: Grundwehrdienerentgelt, Budgetfinanzierung ORF, Inklusionsfonds, Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz, Abschaffung der CO2-Steuer, Energieabgabenstreichung, alpine Infrastruktur. Das ergibt in Summe 4,2 Milliarden Euro. (Beifall bei der ÖVP sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Dann finde ich es immer spannend, wenn die Freiheitlichen von den Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern sprechen. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].) Da muss ich zunächst einmal Kollegen Spanring mit den 9 000 Euro für die syrische Familie recht geben: Das geht so sicher nicht. – Das ist aber ein Wiener Thema, weil es in der Gesetzgebung Wiens liegt, und kein Bundesthema. In Niederösterreich, wie Sie wissen, haben wir es anders. (Bundesrätin Grimling [SPÖ/W]: In Tirol ist es auch anders!) Im Regierungsprogramm ist auch von einer Vereinheitlichung die Rede. 

Auf der anderen Seite gab es ja – daran erinnere ich mich immer gerne – in der Zeit unter Vizekanzler H.-C. Strache schon den Entwurf, im Bereich der Mindestsicherung eine Reform zu machen. Das war alles auf Schiene, bis die Freiheitlichen draufgekommen sind: Na ja, für die Ausländer können wir es machen, aber die Inländer sind unsere Klientel, machen wir es lieber doch nicht! – So viel also zum Einsatz für die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. Oder aber auch, wenn es um die Abschaffung der geringfügigen Beschäftigung für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger gegangen ist: Auch da war im Sinne der Leistungsträgerinnen und Leistungsträger mit den Freiheitlichen keine Politik zu machen. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Heute wurde gesagt, die Freiheitlichen sprechen die Probleme an. Das kann schon sein, dass die Freiheitlichen die Probleme ansprechen, aber sie lösen sie nicht. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Ah geh!) Sie hatten am Beginn dieses Jahres die Chance dazu. Nur: Er wollte nicht und er kann es nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Dann bin ich über einen Begriff gestolpert. Ich habe mir viele Begriffe aufgeschrieben. Ich habe mir gedacht: Bringe ich es – bringe ich es nicht? Bringe ich es – bringe ich es nicht? Aber am Ende des Tages ist dann ein Begriff gekommen. 

Ich möchte ganz kurz über die politische Kultur sprechen. In den Reden der Freiheitlichen sind folgende Begriffe gefallen – über die Bundesregierung, über die Politik, was auch immer –: „österreichfeindlich“, ein „Budget der Schande“, „Hasardeuren“, ein „Raubzug“, „aussackeln“. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Was war das Letzte? – Bundesrat Bernard [FPÖ/NÖ]: Aussackeln!) Warum ich es sage, ist, weil dann auch gekommen ist: In Wahrheit gehören die ja „angeklagt“. – Meine Damen und Herren, der gestrige Freispruch für Bundeskanzler außer Dienst Sebastian Kurz ist in Wahrheit ein wichtiges Signal für die politische Kultur in diesem Land und für den Rechtsstaat (Beifall bei der ÖVP) und dafür, dass Politik eben nicht im Gericht gemacht wird, sondern hier im Parlament. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber der Bonelli ist ...? Die rechte Hand ...!)

Eines möchte ich auch ganz klar zurückweisen: Das ist das Bild, das hier über die Volkspartei gezeichnet wurde, und, Kollege Spanring, in das Sie dann auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister von Niederösterreich gleich mit dazu genommen haben. Ich warne davor, dass wir Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, ganz egal welcher Farbe, ganz egal aus welchem Bundesland, hier verunglimpfen. Wir können uns hier herinnen gegenseitig ausrichten, was wir wollen – die Bevölkerung weiß eh, wie sie das zu nehmen hat –, aber hier ein Bild einer Partei zu zeichnen und da gleich jene ins Boot zu holen, die in Wahrheit vor Ort in den Gemeinden Tag für Tag für die Bevölkerung arbeiten, Kollege Spanring, ich finde, das haben wir nicht notwendig. Ich glaube, das ist auch absolut nicht notwendig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring [FPÖ/NÖ].)

Abschließend hat der Herr Bundesminister heute wieder einen wesentlichen Begriff benutzt, unter dem ja diese Bundesregierung das Amt angetreten hat, nämlich jenen des Kompromisses. Ja, da sind Maßnahmen drin, die wir gerne setzen. Da sind Maßnahmen drin, die wir weniger gern setzen. Da sind Maßnahmen drin, die andere lieber wollen. Aber so ist das in einer Demokratie, und so ist auch diese Budgetkonsolidierung ein Kompromiss zwischen Freiheitlichen, Sozialdemokratie und NEOS. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W]. – Die Bundesrät:innen Spanring [FPÖ/NÖ] und Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.] erheben sich von ihren Sitzplätzen und spenden demonstrativ Beifall. – Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Die Parteien sind etwas durcheinandergekommen!)

Ich darf der Bundesregierung, deren Zustandekommen ein wenig turbulent war, ein herzliches Dankeschön sagen. Ich darf mich bei Ihnen, Herr Bundesminister, Frau Staatssekretärin, aber auch bei der gesamten Bundesregierung für diesen Kraftakt bedanken. Wir als Koalitionsfraktionen werden diesen Kraftakt gemeinsam stemmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

17.27 

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön. 

Ich begrüße recht herzlich Frau Staatssekretärin Eibinger-Miedl bei uns. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Bundesrätin Sumah-Vospernik [NEOS/W].)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Mertel. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Waschi! Bundesrat Schennach [SPÖ/W]: Herr Doktor!)