RN/34
11.56
Bundesrat Christoph Thoma (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lieber Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht zu Beginn meiner Rede zwei Gedanken zur politischen, zur parlamentarischen Kultur des Dialoges: Bis dato habe ich heute noch keine persönlichen Untergriffe erlebt, in keinster Weise. Ich habe sie allerdings am Ende der letzten Sitzung persönlich erlebt, mit einem sehr, sehr untergriffigen Angriff auf meine Person und meine Familie.
Was ich aber heute schon sehr stark erlebt habe, sind Fake News oder halt irgendwelche Darstellungen von budgetären Interpretationen. Das kann man auch machen, nur trägt es halt nicht zur Sache bei. Die Sache wäre eigentlich, dass wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier hier herinnen an Argumenten feilen und am Ende des Tages die besten Lösungen für Österreich erarbeiten – wenn das nicht der Fall ist, dann erachte ich die Debatte als überflüssig, weil es schlussendlich darum geht, faktisch und lösungsorientiert für Österreich zu arbeiten –, dafür steht zumindest alles, was mittig in Österreich arbeitet. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Ja, der Kollege von der SPÖ – jetzt habe ich den Namen schon wieder vergessen; schau, so schlecht bin ich bei Namen – hat zu Beginn gesagt, er muss Reden schreddern, er kann sie nicht verwenden. (Rufe bei der SPÖ: Peterl!) – Peterl, Kollege Peterl, jetzt habe ich es wieder; Entschuldigung! – Es ging mir eigentlich auch so. Ich habe mein Redekonzept nach wie vor da, ich habe es noch nicht geschreddert, weil ich einige Punkte heute anbringen möchte. Es gibt nämlich Dinge, die man den Menschen auch sagen und erklären muss – weil ja immer wieder gern von rechts der Mitte von der Einheitspartei gesprochen wird. Also ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS seien eine Einheit. – Ja, wir sind eine Verfassungsmehrheit. Das ist gut so für Österreich, denn wir arbeiten gemeinsam für die Zukunft dieses Landes. Das unterscheidet uns ganz eklatant von Rechts. Das ist eine ganz wichtige Botschaft.
Wir sind aber nicht immer einer Meinung, auch wir nicht. Ich hätte jetzt auch Kritikpunkte am Budget. Beispielsweise ist die 30-Prozent-Kürzung bei den Bregenzer Festspielen meines Erachtens ein kulturpolitischer Kahlschlag, aber in einer Koalition und in einer Demokratie gibt es am Ende des Tages Mehrheiten, und die gilt es zu respektieren. Wir in der Mitte tun das. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Vielleicht überlegt es sich der Herr Minister noch. 30 Prozent (in Vorarlberger Dialekt sprechend): Das ist boda viel für Vorarlberg, muss ich auch dazusagen. Übrigens (in Richtung Bundesrätin Partl), Frau Kollegin aus Tirol, ich könnte, wie auch Kollegin Schwarz-Fuchs da hinten, auch Dialekt reden, gell – sie hat das einmal hier herinnen gemacht –, weil Sie da ja stur Heil Ihren Dialekt reden. Ich empfinde das eigentlich als eine unglaubliche Geringschätzung gegenüber allen Menschen in Österreich (Zwischenruf der Bundesrätin Partl [FPÖ/T]), denn: Es vaschtohd nit jeder Ihren Dialekt. Es vaschtohd nit jeder, wenn Sie da Tirolerisch reden (wieder ins Hochdeutsche wechselnd), das versteht nicht jeder. Also vielleicht – auch wenn Sie den Heimatbegriff immer wieder so betonen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Du bist so ein Kasperl! Unfassbar!) – bleiben Sie beim Hochdeutsch. Das würde der Würde des Hauses sicherlich dienlich sein.
Im Übrigen, Kollege Kofler, ich hätte mich vorhin fast zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet, weil Sie ja vom „Volkskanzler“ gesprochen haben – das war übrigens noch bei der Aktuellen Stunde – und weil Sie auch gesagt haben, die Regierung wurde abgewählt. – In Österreich wird keine Regierung abgewählt. In Österreich wird gewählt, und am Ende des Tages gibt es Mehrheitsverhältnisse. Und die Mehrheitsverhältnisse sagen, dass 72 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher mit Ihnen nicht zusammenarbeiten wollen. Das ist eine klare Botschaft der Österreicherinnen und Österreicher.
Und unsere Mehrheit, nämlich jene der ÖVP – übrigens super, dass wir wieder in diesem Mittelblock sitzen; ich finde das großartig –, der SPÖ – Gratulation, Herr Fraktionsführer, zu Ihrer Wahl! – und auch der NEOS – herzlich willkommen im Plenum; die Frau Kollegin ist zwar gerade nicht da –, zeigt, dass wir gemeinsam Lösungen für Österreich erarbeiten. Wir sind nicht immer einer Meinung mit den Grünen, aber wir haben in den letzten fünf Jahren das Richtige getan. (Zwischenruf des Bundesrates Bernard [FPÖ/NÖ].) Auch da unterscheiden wir uns phasenweise von der SPÖ. Wir haben richtig entschieden. Wir haben in der Pandemie geholfen. Wir haben in der Energiekrise geholfen. (Zwischenruf des Bundesrates Samt [FPÖ/Stmk.].) Wir waren uns nicht immer einig, was die Klimapolitik anbelangt; darum gibt es auch einige Korrekturen, zu denen wir uns zu 100 Prozent bekennen. Wir haben allerdings die letzten fünf Jahre mit unserem Bundesfinanzminister und jetzigem EU-Kommissar Magnus Brunner eine hervorragende Arbeit gemacht. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Karacsony – ich weiß nicht, ob Sie noch da sind –, Sie haben gesagt, die Bauern brauchen keine Belehrung. Ich glaube, Österreich braucht keine Belehrung von der FPÖ, das ist noch viel wichtiger. (Zwischenruf des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ].)
Im Übrigen: Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir reformieren und wachsen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Du solltest mehr Tetris spielen ...!) Wir stehen für Leistung und Familienpolitik. Wir sind die eigentliche Familienpartei in diesem Land – nicht die FPÖ, sie glaubt nur, es zu sein. Ich habe das vorhin aufgeschrieben: Inländerdiskriminierung. So einen Blödsinn habe ich überhaupt noch nie gehört: Inländerdiskriminierung. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Du hast vieles noch nicht gehört!) Wir haben den Familiennachzug massiv gestoppt. Kollege Ruprecht hat es auch, glaube ich, heute schon sehr deutlich dargestellt. Wir haben die niedrigsten Asylzahlen der letzten Jahre – deutlich niedriger als bei einem Innenminister und Nichtkanzler Herbert Kickl. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Lüge! Lüge! Lüge!)
Wir arbeiten mit den Gemeinden und Städten auf Augenhöhe – und das ist eine Kernbotschaft, weil hier viele Stadträte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister herinnen sitzen. Diese Reformpartnerschaft für Österreich – Bund, Länder und Gemeinden – hat Landeshauptmann Haslauer vorangetrieben, und jetzt wird sie Landeshauptmann Mattle vorantreiben. Das ist richtig für Österreich; und man sieht auch, dass wir die Probleme und die Herausforderungen der Menschen an der Basis ernst nehmen. Wir sind nämlich bei der Basis, wir hören auch zu, wir sind auch täglich an der Front bei den Bürgerinnen und Bürgern. Das unterscheidet uns auch von den Akteurinnen und Akteuren rechts der Mitte. (Beifall bei der ÖVP.)
Weil Sie ja gern sagen, dass wir auch bei der Sicherheit sparen, komme ich nicht umhin, noch einen Fakt zu bringen: Es gab eine Onlinepressemeldung: Die Vorarlberger Polizeischule ist seit zwei Jahren übervoll. – Man investiert also auch in Sicherheit. Man spart nicht bei der Sicherheit, sondern man investiert in die Sicherheit. (Vizepräsident Stotter übernimmt den Vorsitz.)
Mit den Teilpensionen – das sage ich auch als Wirtschaftsbündler – ist auch ein Wirtschaftsfaktor geschaffen worden. Dass in der Pension weitergearbeitet werden kann, ist ein wichtiger Beitrag für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer.
Eines sei an dieser Stelle auch noch gesagt: Die Industriestrategie – mir geht sie auch zu langsam, da bin ich ganz ehrlich, das könnte schneller gehen – ist ein richtiger Weg für Österreich; die Industrie und die Unternehmerinnen und Unternehmer sorgen nämlich für Wohlstand in Österreich. Sie sorgen für Arbeitsplätze und für Wohlstand. Nicht wir schaffen die Arbeitsplätze, sondern die Unternehmerinnen und Unternehmer. Darauf muss man wieder einmal hinweisen, das ist eine wichtige Botschaft, die auch rausmuss. (Beifall bei der ÖVP.)
Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch die NEOS noch ein bisschen in Schutz nehmen, weil ja gerne gesagt wird (Zwischenruf bei der FPÖ), dass wir Steuergeld im Ausland verschleudern: Nein, wir helfen Menschen, die Geld brauchen. Die Ukrainehilfe ist vollkommen richtig. Die Ukraine ist ein Land in Europa und wird von einem Aggressor aus Russland massiv geschädigt und zerstört. Das geht so nicht. Ich finde es gut, dass Frau Meinl-Reisinger da Verantwortung übernimmt und sich gemeinsam mit der gesamten Bundesregierung tatsächlich auch zur Ukrainehilfe bekennt. (Beifall der Bundesrätin Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.].)
Ich hätte heute noch vieles zu sagen. Wissen Sie, Zusammenführen ist der Gegenpol zu Ausgrenzung und zu Spaltung. Wir führen zusammen. Ich kenne andere Akteurinnen und Akteure in Österreich, die permanent auseinanderführen und spalten. Das Spalten der Gesellschaft, die permanente Rückschau auf die Coronapolitik und dabei zu bleiben, uns zu sagen, was alles schlecht war: Das kann man schon machen, mich interessiert es halt nicht. Ich will, dass die Menschen Zuversicht bekommen und nach vorne blicken; das ist das Erste.
Wir werden herausfordernde Zeiten nur gemeinsam bewältigen können. Die Frau Präsidentin hat es heute Morgen angesprochen, auch bezüglich dieses Erinnerungsjahres: Unsere Vorfahren haben durch gemeinsames Agieren über die Parteigrenzen hinweg, und ich sage, vor allem auch die Sozialpartnerschaft, Österreich gestaltet. Wenn 100 Prozent der Österreicher gemeinsam arbeiten, ist es besser, als wenn es nur 72 Prozent sind und 28 Prozent permanent nur dagegen sind. Das hilft Österreich schlussendlich gar nicht. Zusammenhalt ist also für mich einer der zentralsten Werte. Wir arbeiten übrigens auch für 100 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Österreich. Wir nehmen alle Menschen ernst. (Beifall des Bundesrates Mertel [SPÖ/Ktn.]. – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Nicht im Dialekt reden! Ich versteh’ Vorarlbergisch nicht!) Es gibt andere Parteien, die kümmern sich nur um ihre 28 Prozent, wir kümmern uns um alle Menschen in Österreich, und wir bauen Brücken.
Im Übrigen hat der Bundespräsident irgendwann gesagt: Kompromiss ist eine Lösung, und Lösung ist die Zukunft.
Damit bedanke ich mich auch beim Herrn Bundesminister für das Budget. Ich freue mich über einige Punkte, unter anderem über das Streichen des Klimabonus. Ich freue mich nicht über die Kürzung in der Kunst- und Kulturpolitik, aber ich werde dafür weiterhin kämpfen; vielleicht reden wir noch einmal darüber. (Heiterkeit des Bundesrates Himmer [ÖVP/W].)
Im Übrigen, Herr Bundesminister – das darf ich noch mitgeben, um auch meine lieben Kolleg:innen aus einer roten Stadt, Bregenz, zu unterstützen –: Ein bissl mehr Dynamik beim Bregenzer Bahnhof wäre angesagt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mertel. – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: ... Vorarlberger Dialekt ...!)
12.05
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Ich darf Herrn Staatssekretär Alexander Pröll bei uns im Plenum recht herzlich begrüßen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Markus Steinmaurer. Ich erteile dieses.