RN/39
12.40
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Es ist wunderschön, dass ich wieder sagen kann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher:innen hier und vor den Bildschirmen! Ich freue mich wirklich sehr, dass ich wieder hier stehen und mit euch intensiv debattieren darf.
Ich beziehe mich auf den TOP 3, die NoVA und das Kilometergeld: wieder zwei Maßnahmen, die sinnbildlich dafür stehen, dass das Budget in die falsche Richtung geht – nämlich eben die NoVA-Befreiung für große fossil betriebene Fahrzeuge und das wieder ungerecht geregelte Kilometergeld. Diese beiden Regelungen sind leider aus der Zeit gefallen. Sie sind geradezu ein Paradebeispiel dafür, wie man in einer Klimakrise falsche Anreize setzt und zugleich soziale Ungerechtigkeit zementiert. Denn wen fördert die NoVA-Befreiung? – Ganz sicher nicht die kleinen Leute, ganz sicher nicht die Pendlerin mit Teilzeitjob, die ihre Kinder zur Schule bringt und auf das Klimaticket angewiesen ist. Ganz im Gegenteil werden Käufer:innen von großen klimaschädlichen Neuwagen viele Tausende Euro erlassen, denn sie müssen keine NoVA mehr bezahlen, und das, obwohl ihre Fahrzeuge deutlich mehr CO2 ausstoßen, darüber hinaus auch viel mehr Platz brauchen – Stichwort Parkplätze, gerade in Wien – und zudem eine größere Gefahr bei Unfällen sind.
Die heutige Abschaffung der NoVA ist eine Sonderförderung für schwere, Sprit fressende, CO2 ausstoßende Fahrzeuge. Das ist doppelt schade, denn die NoVA könnte ein wichtiges Steuerungsinstrument für die Anschaffung von effizienteren Fahrzeugen sein. Das haben wir Grüne gezeigt, als wir 2021 gemeinsam mit der ÖVP nur E-Transporter von der NoVA befreit haben. Dieser Anreiz zeigte Wirkung und hob auch den Verkauf von E-Transportern signifikant an. Das ist – oder man könnte vielleicht auch sagen: das war – zukunftsgerichtete Steuerpolitik.
Apropos zukunftsgerichtet: Auch der Nationale Energie- und Klimaplan war vorausschauende Politik. Die EU-Kommission hat kürzlich dazu auch festgestellt, dass Österreich mit diesem Plan das verbindliche Klimaziel 2030 erreichen kann – aber eben nur dann, wenn alle Maßnahmen des Plans umgesetzt werden. Ich habe auf der Seite des BMIMI geschaut und komischerweise ist dieser Nationale Energie- und Klimaplan nicht mehr zu finden – vielleicht, weil er die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen beinhaltet? Da geht es um das Dieselprivileg, das Dienstwagenprivileg, das Pendlerpauschale und die NoVA-Befreiung. Nehmen wir das Dieselprivileg: Es regt nicht nur den Ankauf von mehr CO2 emittierenden Fahrzeugen an, sondern es erhöht auch den Tanktourismus. Dieser Tanktourismus ist ein Horror für die anliegenden Gemeinden, aber er lässt natürlich auch die Emissionen im Verkehrssektor weiter steigen, nämlich um ein Fünftel.
Die Abschaffung der klimaschädlichen Subventionen würde uns aber sehr viel Geld bringen. Das Wifo spricht von circa 5 Milliarden Euro. Wie nötig hätten wir diese 5 Milliarden Euro, vor allem jetzt? Herr Kollege Matznetter hat gesagt, dass die Staatskasse leer ist. Wie nötig hätten wir diese 5 Milliarden Euro! Unverständlicherweise lassen Sie die sprichwörtlich auf der Straße liegen. Das ist meiner Meinung nach reine populistische Autofahrer:innenpolitik und ein Rückschritt auf vier Rädern. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Wie kommst du auf 5 Milliarden? Die 5 Milliarden sind auch populistisch! Frei erfunden!)
Die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen würde uns nicht nur viel Geld bringen, sondern sie würde den CO2-Ausstoß auch immens reduzieren – und das ist ein wichtiger Punkt, der auch mit finanziellen Kosten verbunden ist. Man spricht da von circa 2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Ich frage mich schon, sehr geehrte Kolleg:innen von den Regierungsparteien: Sparen Sie diese 2 Millionen Tonnen CO2 nun ein und wo sparen Sie sie ein – oder haben Sie die Klimaziele bereits ad acta gelegt?
Ihre Budget- und Steuerpolitik kostet die Allgemeinheit weit mehr, als was hier eingespart wird. Sie ist schlecht für die Umwelt, fürs Budget und auch in sozialer Hinsicht.
Ähnlich ist es beim Kilometergeld: Wenn Menschen für längere Anfahrten zur Arbeit unterstützt werden und Anreize dafür geschaffen werden, auch weiter weg vom Wohnort zu arbeiten, ist das gut für den Arbeitsmarkt und es ist auch gut für die soziale Mobilität der Menschen, um bessere Jobs zu finden. Aber auch da nehmen Sie allerdings Anreize für umweltfreundliche und günstige Fortbewegungsmöglichkeiten weg – Sie verteuern sie sogar noch beim Klimaticket – und belohnen gleichzeitig Autofahren.
Wenn man heute vor die Tür geht – wir haben einen der heißesten Tage oder bisher den heißesten Tag des Jahres und es gibt seit den Fünfzigerjahren fünfmal mehr Hitzetage –, sieht man ja auch, was der Klimawandel macht. Er tötet die Vulnerabelsten unter uns, er vernichtet Existenzen und er kostet eine Unmenge an Geld. Die finanziellen und menschlichen Folgekosten sind weit dramatischer als der Umstieg auf klimafreundliche Mobilität. Das alles scheint aber egal zu sein. Man dreht zukunftsvergessen und unsozial die Zeit zurück. Man fördert reiche CO2-Erzeuger:innen, die die Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes verbrennen. Gleichzeitig aber benachteiligen Sie all jene, die aus Überzeugung oder aus finanziellen Gründen auf das Auto verzichten. Wir sollten vielmehr die belohnen, die zu Fuß gehen, mit den Öffis fahren oder mit dem Fahrrad fahren. Das ist gesund, ruhig und sauber. Es braucht wenig Platz. Zu Fuß gehen und Fahrradfahren hat auch noch keinen Menschen getötet.
Erinnern wir uns an die soziale Maßnahme des Klimabonus, durch den Vielverbraucher:innen dieselbe Rückvergütung bekommen haben wie Wenigverbraucher:innen. Das heißt, im Verhältnis haben die Vielverbraucher:innen weniger bekommen. Während Sie diesen sozialen Klimabonus streichen, werden fossile Privilegien weiter finanziert. Während Familien mit geringem Einkommen auf Förderungen fürs Öffifahren oder Kilometergeld fürs Rad verzichten müssen, gibt es großzügige Geschenke für große Autos. Diese beiden Maßnahmen sind ein Rückschritt für den Klimaschutz, für die soziale Gerechtigkeit, für die Zukunft unseres Landes – und im Endeffekt sind sie eigentlich auch moralisch nicht vertretbar.
Wir Grüne wollen ein Budget, das eine klare ökosoziale Richtung vorgibt und tatsächlich Verantwortung für unsere Zukunft, aber auch für unsere Gegenwart übernimmt. Dafür brauchen wir eine kluge und eine weitsichtige Mobilitätspolitik, die keine neuen Anreize für CO2-Emittent:innen setzt, sondern aktive Mobilität attraktiver macht, anstatt sie zu benachteiligen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)
12.47
Vizepräsident Markus Stotter, BA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Johanna Miesenberger. Ich erteile ihr dieses.