RN/19

10.31

Bundesrätin Mag. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen hier im Saal und zu Hause! Wir behandeln heute ein Maßnahmenpaket, das gleich mehrere wichtige Bereiche im Bildungssystem adressiert. Wir reagieren dabei auf Herausforderungen, die sich in den letzten Jahren im Schulsystem gezeigt haben, insbesondere aufgrund des Zuzugs von Kindern und Jugendlichen ohne schulische Vorerfahrung. Wir haben heute schon die populistische Version gehört, das werde ich jetzt sachlich noch einmal wiedergeben. (Vizepräsident Ruprecht übernimmt den Vorsitz.)

Aktuell sind in der 1. Schulstufe der Wiener Volksschulen rund 45 Prozent der Schülerinnen und Schüler als außerordentlich eingestuft. Das bedeutet, sie können dem Unterricht nicht im vollen Ausmaß folgen, oft nicht nur wegen mangelnder Deutschkenntnisse, sondern weil sie keinerlei schulische oder vorschulische Erfahrungen haben. Woran liegt das? – Das liegt daran, dass viele Kinder im Zuge des Familiennachzugs nach Österreich gekommen sind, teilweise aus Regionen, wo es wenig oder keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen gibt, und diese Situation stellt Lehrkräfte und Schulen natürlich vor große Herausforderungen, die sich nicht alleine durch zusätzlichen Deutschförderunterricht lösen lassen. 

Aus diesem Grund führen wir mit 1. September dieses Jahres Orientierungsklassen ein. Die Orientierungsklasse richtet sich an zugewanderte Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, die bisher keine schulischen oder vorschulischen Erfahrungen gesammelt haben. Sie bietet einen geschützten Rahmen, in dem das Ankommen dieser Kinder, auch die Orientierung in unserem Bildungssystem und natürlich auch erste sprachliche und soziale Lernfortschritte erzielt werden können. Hier haben die Kinder die Möglichkeit, sich mit den Abläufen des Schulalltags, den Regeln des Zusammenlebens und den schulischen Anforderungen vertraut zu machen, und dabei erwerben sie gezielt Basiskompetenzen und grundlegende Fertigkeiten für den Alphabetisierungsprozess.

Der Ablauf ist klar strukturiert: Jedes Kind absolviert zunächst ein Orientierungsgespräch, bei dem schulische Vorkenntnisse, motorische und soziale Fähigkeiten, aber auch der Sprachstand einmal etabliert werden. Danach wird entschieden, ob eine Zuweisung in so eine Orientierungsklasse überhaupt sinnvoll ist. Die Orientierungsklasse selbst, das muss man ja auch sagen, ist zeitlich auf maximal sechs Monate befristet, und sobald die grundlegenden Kenntnisse erreicht sind – das kann ja durchaus auch schneller erfolgen –, erfolgt der Wechsel in die nächste Förderstufe. Die Gesamtzeit als außerordentlicher Schüler oder außerordentliche Schülerin bleibt wie bisher bei maximal vier Semestern, das ändert sich auch nicht, und die Zeit in der Orientierungsklasse wird bereits angerechnet. 

Für die Umsetzung dieser Orientierungsklassen werden mit dieser Gesetzesänderung auch flexible Rahmenbedingungen geschaffen. Die Orientierungsgespräche, die ich gerade erwähnt habe, können entweder an den Schulen selbst oder in den Schulbehörden durchgeführt werden. Wo es organisatorisch sinnvoll ist, können Kinder mit einem ähnlichen Orientierungsbedarf auch standortbezogen zusammengefasst werden. Wichtig ist dabei auch: In diesen Klassen werden Lehrkräfte eingesetzt, die eine entsprechende Qualifikation haben, dabei meine ich vor allem Deutsch als Zweitsprache, im Idealfall aber natürlich auch Erstsprachenkenntnisse. 

Neben der Einführung der Orientierungsklasse setzen wir aber auch im Bereich der Elementarpädagogik wichtige Akzente – da fängt die Bildung an, da starten die Kinder und Jugendlichen von morgen ihren Weg in ihre Zukunft. In den letzten zehn Jahren haben Universitäten, die FHs und auch die PHs in Österreich ihre Ausbildungsangebote in der Elementarpädagogik ausgebaut. Nun werden diese Strukturen erweitert, um neue Zielgruppen anzusprechen.

Ein neues Bachelorstudium der Elementarpädagogik mit 180 ECTS-Punkten wird ab Herbst 2025 an der FH Campus Wien etabliert werden und ab dem Jahr darauf auch an den PHs in Österreich. Dabei handelt es sich um ein außerordentliches Studium, das heißt, es ist für Personen ohne Hochschulreife auch möglich, es zu machen. Dieser Beruf ist damit erstmals nicht nur für AHS-Maturantinnen und -Maturanten geöffnet, sondern auch gezielt für eine Berufsgruppe, die das bis jetzt nicht machen konnte, und zwar für die mit Berufserfahrung – das sind Assistenzkräfte, das sind Kindergruppenbetreuerinnen und -betreuer im Elementarbereich. Sie können dieses Bachelorstudium auch in Anspruch nehmen. Das Ziel dabei ist natürlich klar: Wir wollen mehr Fachkräfte gewinnen – die brauchen wir, um das umsetzen zu können und um die Qualität in der frühkindlichen Bildung langfristig zu sichern. All das läuft als Pilotprojekt bis 2028 und wird dann noch evaluiert. 

Mit diesen Maßnahmen, möchte ich sagen, schaffen wir eine wichtige Grundlage, um Chancengleichheit zu fördern, um die frühkindliche Bildung zu stärken und die Zukunft eines vielfältigen Österreichs – denn das haben wir, und darauf sind wir auch stolz – erfolgreich zu gestalten. – Danke. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

10.36

Vizepräsident Günther Ruprecht: Vielen Dank, Frau Bundesrätin. 

Zu Wort gemeldet ist Mag. Bernhard Ruf. Ich erteile es ihm. 

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.