RN/21
10.39
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Noch einmal sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause vor den Bildschirmen! Diese Gesetzesnovelle hat eben drei Themenbereiche. Das eine, ganz kurz und knapp: Es werden digitale Studienausweise – wir hatten das schon in der letzten Plenumssitzung als Thema – auch für pädagogische Hochschulen möglich. Das ist ein neuer Zugang, den wir da schaffen.
Der zweite große Bereich sind eben diese Orientierungsklassen. Vorweg möchte ich, im Unterschied zu meinem Vorredner von der FPÖ, der mehrfach mit rassistischen Äußerungen brilliert hat (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Na Moment! – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]), noch einmal feststellen: Wir reden von Kindern und Jugendlichen, die sich nicht ausgesucht haben, in welchem Land sie auf die Welt kommen und in welche Familie sie hineingeboren werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der Grünen. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, aber wir sind nicht zuständig für die ganze Welt! Kümmerts euch einmal um die Österreicher so! Das wär' einmal schon, Frau Kollegin!)
Es sind Kinder, die hier in Österreich sind (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, weil ihr sie reinholt, deshalb!), und man kann sich entweder entscheiden, diese Kinder aufzugeben, irgendwo zur Seite zu stellen und ihrem Schicksal zu überlassen, was meistens für ihre berufliche, private Karriere nicht gut ausgeht (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nehmts sie alle daheim auf, dann ist alles gut! Nehmen Sie sie daheim auf, Frau Kollegin!), oder man kann sich dafür entscheiden, sich um diese Kinder zu kümmern (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: So ein Problemkind, einen zwölfjährigen Messerstecher, nehmen Sie den daheim auf, dann ist alles gut! Dann glaube ich es Ihnen! Alles andere ist nur heuchlerisch!), sie auf den rechten Weg zu schicken, dass sie eine erfolgreiche berufliche und private Karriere anstreben. Wir entscheiden uns für zweiteres. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben in Wien mit diesen Orientierungsklassen, die bisher ein Modell, ein Versuch waren, gute Erfahrungen gemacht. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Wien ist super, genau! – Ruf bei der FPÖ: Alle nach Wien!) Ich habe auch bei einem Bekannten, der in einer Kärntner Flüchtlingseinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge arbeitet, nachgefragt, und er hat mir geschildert, dass es bisher in diesen Orientierungsklassen – oder Orientierungsgruppen, muss man fast sagen, weil es wirklich kleine Einheiten sind, die da geschaffen werden –, die mit Genehmigung der Bildungsdirektion eingesetzt werden konnten, tatsächlich nicht nur um Kinder geht, die mit dem Familiennachzug hierhergekommen sind, sondern auch um unbegleitete Kinder. Man kann sich das ja gar nicht vorstellen: Das sind zum Teil jetzt Teenager, die noch nie in einem Schulsystem waren, weil ihr ganzer Lebensweg bisher – über Jahre – aus Flüchtlingslagern auf dem Weg hierher bestanden hat. Diese Kinderbiografien sind ja unvorstellbar.
Er schreibt mir weiter: Es geht da um einen Gewöhnungsprozess, weil diese Kinder zum Beispiel noch nie gelernt haben, länger zu sitzen, sich länger zu konzentrieren, länger einem Vortrag oder einer Lehrperson zuzuhören. Er sagt, er würde fast den Begriff der Eingewöhnungsgruppen verwenden (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Unfassbar, ich muss einem Kind beibringen, dass es sich hinsetzt!), weil es wirklich darum geht, die Grundlagen zu schaffen, um einem regulären Unterricht in Zukunft folgen zu können – und das muss ja in unser aller Interesse sein, dass wir die Kinder dorthin bringen. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.].)
Er schreibt – und das, glaube ich, gibt uns Rückendeckung für dieses Modell –: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine gute Integration ins Bildungssystem natürlich oft Zeit braucht, aber dann sind auch schöne Erfolge möglich. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Dass sie sitzen! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja, Millionen Euro Steuergelder später!) Er schreibt aus seiner Erfahrung: Wir haben Lehrabschlüsse, wir haben sogar Matura an einer Oberstufe im Gymnasium, wir haben einen HTL-Abschluss (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Einen HTL-Abschluss!), und einer unserer Schützlinge hat jetzt auch die Uni absolvieren können. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Einer!) Aber er sagt, es braucht eben diese Zeit und diese Aufmerksamkeit, damit sie diesen Weg gehen können.
Was mich freut, ist die Ambitioniertheit hinter diesem Vorhaben, dass nämlich ab kommendem Schuljahr – das ist in wenigen Wochen – diese Orientierungsklassen bei Bedarf möglich sind. Überall, wo dieser Bedarf ist, ist das sehr flexibel. Sie können auch schulstandorte-, schulklassenübergreifend eingesetzt werden, um natürlich Ressourcen zu schonen und das auch praktikabel zu machen.
Sechs Monate scheint mir eine relativ kurze Zeit, gerade für diese Kinder und Jugendlichen. Da wird man wahrscheinlich sehen, ob man das möglicherweise auch noch flexibler öffnen muss (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Genau! Tun wir sie 15 Jahre vorbereiten auf diese erste Schulklasse – gute Idee!), um den Kindern individuell die Zeit zu geben, die sie brauchen, um dem Unterricht gut zu folgen.
Ganz wichtig ist die Maßnahme, auch die Zusammenarbeit mit den Eltern zu stärken. Wir brauchen die Familien, wir brauchen die Erwachsenen im Hintergrund, so sie hier sind (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Ja, genau ...!), um da mitzuwirken. Dabei scheint mir wiederum – was wir im letzten Tagesordnungspunkt besprochen haben – Schulsozialarbeit, dieser ganze Support im Schulsystem wichtig, um auch mit dem Familiensystem arbeiten zu können. Es ist wichtig, auch mehrsprachige Pädagoginnen und Pädagogen einzubeziehen, um da ganzheitlich mitwirken zu können.
Zum anderen Themenpaket, nämlich zu den Anstellungserfordernissen: Dabei geht es, wie meine Vorredner schon gesagt haben, um mehr Zugänge, neue, modernere Zugänge, um Menschen in die Elementarpädagogik, in das Berufsfeld der Elementarpädagogik zu bringen. Wir versuchen, nach und nach, würde ich einmal sagen, Wege für diejenigen zu öffnen, die schon im System sind – engagierte Assistent:innen und Betreuer:innen, Helfer:innen, die man aufzuschulen versucht –, aber auch Quereinsteiger:innen aus verwandten Berufsgruppen zu motivieren, in die elementare Bildung zu gehen, weil wir da einen großen Personalbedarf und einen Qualifizierungsbedarf haben.
Wir haben konkrete Maßnahmen, die ich noch einmal kurz erwähnen möchte: Es geht darum, tertiäre Ausbildungen in dieses Anstellungssystem aufzunehmen. Es geht auch darum, die gruppenführenden Pädagog:innen nach und nach mit akademischer Ausbildung zu befähigen, Quereinsteiger:innen in diesen Beruf zu holen und – wir wissen, elementare Bildung ist ein sehr föderales Thema; das betrifft natürlich vor allem Länderkompetenz – da auch bundesweit gemeinsame Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das ist generell auch ein Stichwort: Wir brauchen Rahmenbedingungen, nicht nur in der Aus- und Weiterbildung, sondern im Berufsfeld, damit die Personen, die dort schon arbeiten, in dem Bereich bleiben. Wir brauchen österreichweit gute Rahmenbedingungen, gute Löhne, gute Arbeitsbedingungen. Da sollten wir quasi über den Föderalismus hinweg gemeinsame Anstrengungen unternehmen.
Was zu einer guten Ausbildung dazugehört, für alle, die dies neu lernen, und für die, die quereinsteigen, ist die Praxisorientierung. Ich glaube, es ist unbedingt notwendig, dass man schon während der Qualifizierung viel in der Praxis steht. Auch da ist es aus Trägersicht notwendig, die Rahmenbedingungen zu schaffen, denn wenn man Menschen, die im Studium oder in der Ausbildung stehen, in der Praxis gut begleiten will, dann braucht es Ressourcen bei den bereits angestellten Kolleg:innen. Diese brauchen Zeit, um die Kolleg:innen gut begleiten zu können. Da braucht es noch die eine oder andere Justierung, damit da alle gut abgesichert sind.
Ein letztes Wort zur geplanten Evaluierung, die ich sehr wichtig finde, die für 2028 vorgesehen ist: Da scheint es mir sehr wichtig – und da möchte ich auch ein Angebot machen –, dass man mit den Praktiker:innen an dieser Evaluierung arbeitet, sie einbezieht, nachfragt, welche Wege besonders gut funktionieren, wo es nach wie vor Stolpersteine gibt, wie diese geplanten Maßnahmen in der Praxis ankommen. Da bieten wir uns sehr gerne an, an dieser Evaluierung mitzuwirken, um diese Gesetzesvorhaben noch besser zu entwickeln und weiterzuentwickeln.
Alles in allem: Die SPÖ stimmt diesem gesamten Paket sehr, sehr gerne zu. Es bringt uns gut weiter. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
10.49
Vizepräsident Günther Ruprecht: Danke, Frau Bundesrätin.
Zu Wort gemeldet ist wieder unser Bundesminister Christoph Wiederkehr. Ich erteile es ihm.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.