RN/47

12.56

Bundesrat Werner Gradwohl (FPÖ, Steiermark): Danke, Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Werte Zuseher hier im Saal! Werte Kollegen im Bundesrat! Alle Österreicher, die dieser Plenarsitzung zusehen! Es wurde viel gesagt, aber wie gesagt, ich bin an und für sich Praktiker und ich möchte hier George Orwell zitieren: „Big Brother is watching you“. Dieses Zitat hat in diesen Tagen traurige Realität erlangt. Big Brother ist in dem Werk von George Orwell der Staat, und das ist heute ein bezeichnender Punkt. 

Im Nationalrat wurde vorige Woche die sogenannte Messengerüberwachung beschlossen. Damit kann jeder Bürger in seiner Kommunikation via Mobiltelefon und anderen elektronischen Geräten über seine intimsten Gespräche (Bundesrat Gfrerer [ÖVP/Sbg.]: Nein! Nein!), Sprachnachrichten, SMS, Bilder und Videos ausspioniert werden. (Bundesrat Gfrerer [ÖVP/Sbg.]: Nein!) Grund für diese überschießende gesetzliche Maßnahme ist die derzeitige Ohnmacht der überforderten Regierung bestehend aus der türkis-schwarzen ÖVP, den schwächelnden Sozialisten und den EU-hörigen NEOS (Beifall bei der FPÖ) vor den Auswüchsen der Massenzuwanderung, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Durch den unkontrollierten Zuzug von Scheinasylanten in unser einstmals blühendes und liebenswertes Österreich wurde eine Welle von Gewalt und Terror importiert, gegen die die Legislative und die Exekutive weitgehend macht- und hilflos agieren. Täglich grüßt das Murmeltier (Heiterkeit bei der ÖVP), und immer wieder poppen die Meldungen über Terrorattacken, Messerangriffe, Vergewaltigungen und andere Gewalttaten in den Medien auf. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Ist das so witzig? – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ich finde das eigentlich auch traurig, dass die ÖVP bei so was lacht!) Die Politiker treten dann pflichtschuldig an die Öffentlichkeit, geben gebetsmühlenartig und nicht mehr sonderlich glaubhaft ihre Beileidsbekundungen ab. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].) Die Bevölkerung erleidet aufgrund der Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Attacken schon einen Schockzustand angesichts dieser schrecklichen Verbrechen. 

Nun jedoch wird als Lösung dieser ständig steigenden Problematik verantwortungslos und völlig sinnbefreit die sogenannte Messengerüberwachung aus dem Zylinder gezaubert. (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Können Sie schneller vorlesen, Herr Kollege? – Heiterkeit bei der ÖVP.) Nur: Das Allheilmittel für das sicherheitstechnische Chaos im Staat Österreich ist diese Maßnahme nicht. Da wird lediglich versucht, die Symptome zu bekämpfen, an die Ursache traut man sich wie immer natürlich nicht heran. Dafür werden sozusagen als angenehmer Nebeneffekt Tür und Tor für die Bespitzelung der gesamten – und im Speziellen: der nicht regierungskonformen – Bevölkerung geöffnet. Es wird dabei aber vergessen, dass nicht sichergestellt werden kann, dass nicht über das notwendige Maß hinaus auf private Daten aus den intimsten Lebensbereichen unbescholtener Bürger unbefugt zugegriffen wird. Im schlimmsten Fall, und das zeigen Vorfälle in anderen Ländern, werden diese gewonnenen Informationen politisch verwendet. In keinem Anlassfall wäre dies nunmehr - - (Die Bundesrät:innen Thoma [ÖVP/Vbg.] und Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.] unterhalten sich in den Bankreihen der ÖVP.)

Vizepräsident Michael Wanner: Darf ich um Aufmerksamkeit bitten? Herr Bundesrat Thoma, Ihre Unterhaltung stört die Rede! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Danke!)

Bundesrat Werner Gradwohl (fortsetzend): In keinem Anlassfall wäre die nunmehr gesetzliche Messengerüberwachung geeignet gewesen, die begangenen Verbrechen zu verhindern. Überwiegend war reines und schwerstes Behördenversagen dafür verantwortlich, dass die Täter zur Ausführung ihrer Verbrechen gekommen sind.

Ich erinnere nur an den Mordanschlag vom 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt mit vier Toten und 22 Verletzten. Im Vorfeld zum Anschlag wurden dem BMI unter dem damaligen Innenminister Karl Nehammer von ausländischen Behörden zweifelsfreie Hinweise zu einem bevorstehenden Anschlag mitgeteilt, die aber nicht entsprechend verfolgt wurden. Der Anschlag hätte bei ordnungsgemäßer Bearbeitung dieser Hinweise verhindert werden können. Eine Messengerüberwachung hätte sich in diesem Falle als völlig sinnlos herausgestellt und diese Wahnsinnstat auch nicht verhindern können. (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner [SPÖ/W].)

Ebenso wäre der Amoklauf in der Grazer Dreierschützengasse vom 10. Juni 2025 mit neun Toten und zwölf Verletzten durch die nun beschlossene Messengerüberwachung nicht verhinderbar gewesen. Auch diesem Fall liegen grobe Behördenfehler zugrunde, da der Täter legal zu einer Waffenbesitzkarte kam, obwohl er beim Bundesheer untauglich für den Dienst mit der Waffe erklärt wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine Kommunikation zwischen den einzelnen Behörden fand wegen des übertriebenen Datenschutzes nicht statt, hätte aber so viel verhindern können. Statt sinnvoller Lösungen wird in diesem Fall nun – überschießend – eine massive Verschärfung des Waffengesetzes angestrebt. Dadurch werden die legalen Waffenbesitzer entwaffnet und wird nicht der illegale Waffenbesitz von Straftätern bekämpft. Salopp gesagt: Die Bevölkerung wird entwaffnet und die Kriminellen werden weiter ihre illegalen Waffen am Schwarzmarkt oder aus dem Darknet besorgen und diese auch weiter für ihre Taten verwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein wesentlich sinnvollerer und weitaus effektiver Zugang wäre es, die Behörde DSN, Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, ausreichend mit Personal und Ressourcen auszustatten, damit sie ihrem Auftrag, nämlich dem Schutz Österreichs vor den bereits geschilderten Bedrohungen, gerecht werden kann. Über die Überwachung von Messengerdiensten wird es nicht möglich sein, Anschläge zu verhindern. Nur die effektive kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit im Zusammenwirken mit den staatsanwaltschaftlichen Behörden ist geeignet, diesen Bedrohungen Einhalt zu gebieten.

Die Erfahrungen mit Spyware zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation zeigen, dass im Fall einer Verwendung fast schon vorprogrammiert ist, dass diese Systeme rechts- und regelwidrig eingesetzt werden. So wurden unzählige Skandale aufgedeckt, in denen derartige Systeme gezielt gegen die Opposition, unabhängige Journalisten und systemkritische Zivilpersonen zum Einsatz gebracht wurden. (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig [ÖVP/OÖ].)

Der Begriff des „verfassungsgefährdenden Angriffs“ ist unscharf definiert und birgt Missbrauchspotenzial. Da ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam fehlt und der tatsächlich die Grundfesten unserer Gesellschaft bedrohende Islamismus nicht ein einziges Mal im Text erwähnt wird, ist zu befürchten, dass diese Überwachungsmaßnahme vorwiegend nicht islamistische Angriffe ins Visier nehmen wird, sich vielmehr schnell gegen jene Personen richten wird, die sich nicht in die Gruppe der regierungstreuen Bürger einreihen wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Dann wird es ein Leichtes sein, diese Menschen zu kriminalisieren und ihnen den Status von Verfassungsgefährdern zu verleihen, um sie mundtot zu machen, was ja unterschwellig jetzt schon tagtäglich stattfindet.

Bedauerlicherweise ist man heutzutage zudem sehr schnell mit dem Vorwurf der Spionage – 256 StGB „Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs“ – bei der Hand, wodurch den Behörden ebenfalls und wesentlich leichter als zuvor eine Türe geöffnet wird, um politisch unliebsame Personen als angebliche Spione zu verunglimpfen und überwachen zu lassen. (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W].)

Während importierte Gewaltbereitschaft aus dem islamischen Kulturkreis demnach keinerlei Erwähnung, Beachtung oder gar Einschränkung erfährt, wird hingegen Russland dezidiert erwähnt. Die Stoßrichtung des Gesetzentwurfes ist folgerichtig bereits jetzt ablesbar. Zudem zeigt die bereits vollzogene willkürliche Hinzufügung eines besonderen Delikttyps auf, wie leicht und schnell andere Rechtsverstöße ergänzt werden können, um bereits bestehende Überwachungsmaßnahmen bis ins Uferlose zu erweitern.

Von einem technischen Gesichtspunkt aus ist außerdem anzuführen, dass die Eingrenzung auf Nachrichten, die mit einem Übertragungsvorgang in Zusammenhang stehen, jene tatsächlich terroristischen Pläne nicht erfasst, bei welchen keine Kommunikation abgesendet wird. Das ist zum Beispiel: Terroristen kommunizieren in einem Mailentwurf über mehrere Accounts; es kommt nie zu einer Absendung der Kommunikation; über Videospiele. 

Allein durch die mehrmalige Erwähnung von Skype, einem völlig veralteten und längst überholten Kommunikationssystem, welches schon seit Jahren in einschlägigen Kreisen nicht mehr verwendet wird und im Mai 2025 endgültig eingestellt wurde, in dieser Gesetzesvorlage offenbart die Regierung, wie weit sie in ihrem Wissensstand in der terroristischen Verbrechensbekämpfung hinterherhinkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ernst zu nehmende Kriminalitätsbekämpfung sieht anders aus. Auch technisch sind wesentliche, wichtige Kritikpunkte anzuführen, insbesondere weil eine Überwachungssoftware, welche tatsächlich nur übermittelte Nachrichten erfasst, nicht existiert. Die vorgesehene Spionagesoftware ermöglicht vollständigen Zugriff auf private Endgeräte. Dabei bleiben die technischen Details völlig unklar. Eine Kontrolle oder Absicherung gegen Manipulation, etwa durch fremde Nachrichtendienste, ist nicht vorgesehen.

Es ist aus unserer Sicht unverantwortlich, dass der Staat Sicherheitslücken nicht schließt, sondern neun Millionen Menschen bewusst einer potenziellen Gefahr aussetzt, nur um – nach Darstellung der Regierung – einige wenige Geräte mit dieser Software auszustatten.

Die bisherigen islamistischen Attentate in Wien und Villach haben eines gezeigt: Auch mit Messengerüberwachung hätte es keine Handhabe gegeben, die beiden zu verhindern. Im Fall des Wiener Anschlages wurden die österreichischen Behörden von den Kollegen aus der Slowakei gewarnt, das Mail wurde vom österreichischen Staatsschutz aber leider zu spät registriert.

Der Gesetzesvorschlag ist abzulehnen, zum einen, weil er die tatsächliche Gefährdung durch zukünftige islamistische Terroristen nicht verhindern kann, zum anderen, weil er das Potenzial in sich trägt, willkürlich Bürger zu überwachen.

Wenn der Herr Innenminister behauptet, er stünde auf der Seite der Polizei und wolle mehr Sicherheit für die Menschen, dann darf er, wenn er glaubwürdig sein möchte, aber nicht die Überstunden der Beamten kürzen, wie es jetzt gerade passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Er soll endlich seiner Verpflichtung nachkommen, die Grenzen dichtmachen und Rückführungen im großen Stil durchführen, nicht nur symbolisch und medienwirksam einen syrischen Straftäter in zehn Jahren abschieben, sondern all jene, die sich widerrechtlich, ohne die entsprechenden Voraussetzungen zu erfüllen, in unserem Land aufhalten.

Als Kriminalbeamter im Ruhestand, der lange Jahre im Kampf gegen die organisierte Kriminalität tätig war, kann ich sagen, dass nur solide Polizeiarbeit zum Erfolg führt. Dafür sollten entsprechendes Personal und entsprechende logistische Mittel zur Verfügung stehen und nicht Einsparungen im Polizeibereich erfolgen, wie sie derzeit von der Regierung vorgenommen werden. (Beifall bei der FPÖ.) Die Sicherheit unserer Bevölkerung ist das höchste Gut und kostet eben Geld.

Herr Minister, hören Sie auf mit diesen Orwell’schen Big-Brother-Fantasien und stärken Sie lieber die Polizisten in ihrer täglichen Arbeit! (Beifall bei der FPÖ.)

An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen Polizisten, die tagtäglich im Dienste der Sicherheit ihr Leben riskieren (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: ... außer Dienst, Herr Kollege!) – 24/7, also rund um die Uhr. Die gehören unterstützt, die gehören gefördert, und dort gehört angesetzt.

Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihren Ausführungen die Firma Apple in die Pflicht genommen. Man kann das aber nicht der Firma Apple überlassen, sondern wir sind berufen, die Sicherheitslücken zu schließen. (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Na Sie zum Glück nicht, Herr Kollege! – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Leichtfried.)

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

13.10

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön.

Ich darf allgemein auf die selbst auferlegte Redezeitbeschränkung von 10 Minuten hinweisen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

 Ich darf als Nächstem Herrn Bundesrat Andreas Guggenberger das Wort erteilen.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.