RN/50
13.20
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Danke, Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! – Es freut mich, wenn Sie sich freuen, wenn ich ans Rednerpult trete. (Beifall bei der FPÖ.) – Liebe Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer hier herinnen und natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Es ist vieles gefallen, es ist vieles richtig, und es stimmt: Es ist natürlich nicht alles schwarz oder weiß.
Warum wir dem Ganzen so kritisch gegenüberstehen und warum sich das Ganze geändert hat, auch unserer Meinung nach – man kann ja auch klüger werden –, ist erstens einmal deshalb, weil so ein Gesetz vom Verfassungsgericht aufgehoben wurde, und zweitens, weil die Coronazeit kam (Heiterkeit des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.]) und Sie ja gezeigt haben, zu was allem Sie imstande sind. Genau in so einer Zeit wollen wir Ihnen so ein Instrument dann nicht in die Hände geben, und das ist natürlich ein Grund dafür, dass wir heute dagegen sind, aber auch, weil es irrsinnig viele datenschutzrechtliche Bedenken gibt, von Experten, von Datenschützern und so weiter, was Sie alles einfach unter den Tisch fallen lassen, und weil ja heute einiges dazu gefallen ist, dass das alles nicht möglich ist. Ich kann Ihnen beweisen – ich werde das auch kurz vortragen –, dass das Gegenteil der Fall ist.
Wissen Sie, meine Damen und Herren, Vertrauen ist keine politische Kategorie; und ganz ehrlich: Ich traue Ihnen heute schon alles zu, ich vertraue Ihnen nur halt immer weniger, das ist das Problem.
Ich denke einmal zurück: Da gab es im Jahr 2000 ein Interview mit einem gewissen Herrn Ernst Strasser. Daran werden Sie sich erinnern können, Strasser – damaliger Innenminister, er hat im 2000er-Jahr oder 2001er-Jahr, ich weiß es jetzt nicht genau, übernommen – hat in einem ORF-Interview gesagt, man muss bei der Polizei im Innenministerium einiges ändern, weil sogar die Maus im Dachboden rot ist.
Dann begann die größte Umfärbeaktion der Zweiten Republik. Nach den Terroranschlägen in Amerika, 9/11, wurde in Österreich das BVT gegründet, und das war dann die erste Spielwiese, auf der sich die ÖVP ausbreiten konnte und wirklich in sämtliche Positionen, wo es irgendwie ging, nur ihre eigenen Leute hineingebracht hat. Und das hat sich die letzten 20, 25 Jahre so durchgezogen. Wir haben sehr, sehr viele sehr gute Polizisten, die tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen, wir haben aber gleichzeitig auch das Problem, dass in vielen wichtigen Schlüsselfunktionen ausschließlich gute Freunde der ÖVP drinnensitzen, egal ob qualifiziert oder nicht qualifiziert. Das ist ein großes Problem, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Und wenn Sie sagen, das kann alles nicht stattfinden, habe ich nur eine Frage: Wie kann es sein, dass, bevor Herbert Kickl Innenminister wurde, diese rote Festplatte, die Herr Pilz jetzt der Staatsanwaltschaft übergeben hat, abgezogen wurde? Was für Daten sind da drauf? Was hat man da seitens des Innenministeriums verstecken müssen, dass man das alles auf eine Festplatte gesaugt - -? Wenn solche Dinge in einem Staat möglich sind, meine Damen und Herren, dann müssen Sie auch verstehen, dass immer mehr Leute leider – und ich muss wirklich sagen, das bedaure ich sehr – immer weniger Vertrauen in staatliche Institutionen haben. Und genau dort befinden wir uns heute, aber das kommt ja nicht von irgendwo her, sondern es hat einen Grund.
Da gibt es zum Beispiel den sogenannten Paragon-Skandal, der dem einen oder anderen vielleicht etwas sagen wird. Es gibt eine israelische Firma, Paragon Solutions. Diese hat eine Spyware namens Graphite entwickelt, und da gab es eine Überwachung, von der über 90 Personen betroffen waren. Komischerweise: Die Leute sind von Meta über Whatsapp informiert worden, dass ihre Geräte kompromittiert worden sind.
Jetzt ist es natürlich so – ich sage es Ihnen ganz ehrlich –, wenn ich so eine Nachricht auf mein Handy bekomme, sage ich: Ha, ha, Blödsinn, das sind wahrscheinlich irgendwelche Fake News! – In dem Fall war es nicht so, in dem Fall war das wirklich ernsthaft so. Und was ist dort passiert? – Das ist bei der italienischen Regierung gewesen. Die haben diese Spyware dann wieder vom Markt genommen, und es wurden dort Journalisten, Kritiker und so weiter überwacht.
Also sagen Sie nicht, dass das nicht passieren kann! Ich weiß, dass diese Gefährder, von denen Sie offiziell sprechen, natürlich Terroristen sind, die wahrscheinlich einen Terroranschlag vorhaben, wo es darum geht, Menschen zu töten und so weiter und so fort. Aber erklären Sie uns nicht, dass das Ganze nicht missbraucht werden kann! Genau darum geht es in unserer Kritik, und da sind wir wieder dabei: Vertrauen ist keine politische Kategorie. (Beifall bei der FPÖ.)
Vielleicht als kleines Bonmot am Rande: Es gibt ja dann zufällig auch jemanden, der bei dieser Firma, von der dieses Paragon-Instrument kommt, gearbeitet hat und jetzt auch in einer israelischen Cybersecurity-Firma von Sebastian Kurz mit dabei ist. – Alles Zufall? Ich glaube aber halt nicht an Zufälle, und ich will jetzt gar nichts unterstellen, aber ich will heute auch verhindern, dass irgendwann einmal wirklich die Daten auf einer ÖVP-Festplatte sind, vielleicht die Urlaubsfotos vom Spanring. Die sind nicht so besonders aufregend, das kann ich Ihnen gleich sagen (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP), aber ich will nicht, dass Sie meine Urlaubsfotos haben, verstehen Sie? Darum geht es! (Zwischenruf des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.].) Und auch kein anderer Österreicher will, dass das so ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Abschließend: Ich muss sagen, Herr Staatssekretär, ich höre Ihnen ganz gerne beim Reden zu, aber ich bin trotzdem ein bisschen traurig, denn ich hätte mir gewünscht, dass der Herr Minister kommt. Er wird wahrscheinlich nicht mehr kommen – ich gehe davon aus –, jetzt hat er einen Staatssekretär, den er halt immer in den Bundesrat schickt. (Staatssekretär Leichtfried: Aber ich bin ja auch recht nett!) – Sie sind eh nett (Heiterkeit des Redners), aber wissen Sie, auch nett ist keine politische Kategorie.
Schauen Sie, da gibt es eine Zeitschrift – das hätte ich gerne dem Herrn Minister gesagt –, die „Kriminalpolizei“ heißt (ein Exemplar der Zeitschrift in die Höhe haltend). Das ist keine blaue Zeitung, das ist eine Fachzeitschrift der Vereinigung österreichischer Kriminalisten, eine Ausgabe aus dem April/Mai, glaube ich. Auf der letzten Seite hinten haben wir eine Karikatur (Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]), auf der wir den Herrn Minister mit einigen hohen Tieren sehen – wenn wir sie so benennen dürfen. Wahrscheinlich ist da Herr Takacs oder irgendwelche anderen hohen Tiere dabei (die entsprechende Seite in die Höhe haltend). Das könnten Sie sein, ich bin mir nicht ganz sicher. (Staatssekretär Leichtfried: Nein, das glaube ich nicht!) – Nein, okay. (Heiterkeit des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.])
Da steht dann oben dabei: „Nachdem wir im BMI neben dem Bundespolizeidirektor jetzt auch einen Staats- und einen Generalsekretär installiert haben, bitte um eure Vorschläge, wo wir einsparen können!“ – Wissen Sie, genau darum geht es: Vorher auf die eigenen Posten schauen, da wieder ein Projekt machen, das am Ende des Tages außer innenpolitischer Vorteile wahrscheinlich nichts bringt. (Staatssekretär Leichtfried: Darf ich das noch einmal sehen?) – Sie dürfen das gerne haben.
Da steht dann: „Bei Überstunden, Ausrüstung, Dienststellen, Aus- und Fortbildungen“, und so weiter. Ich schenke Ihnen das sogar, nehmen Sie das bitte dem Herrn Minister mit! Ich würde mich sehr freuen, ich habe eh den Adressaten runtergegeben. (Der Redner überreicht dem Staatssekretär die Zeitschrift. – Staatssekretär Leichtfried – auf die Karikatur blickend –: Also ich finde nicht!) – Ich finde schon, dass es ein bisschen eine Ähnlichkeit hat. (Heiterkeit des Bundesrates Schwindsackl [ÖVP/Stmk.) – Aber darum geht es.
Meine Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen ganz ehrlich: Wenn Ihnen die eigenen Polizisten, nämlich in erster Linie dem Minister, aber auch dem ÖVP-geführten Ministerium, nicht trauen, warum sollen wir Ihnen trauen? Wir tun es nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
13.28
Vizepräsident Michael Wanner: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.