RN/105

16.56

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuschauer hier herinnen und vor den Bildschirmen! Es liegt uns da ein Gesetzespaket vor, das auf den ersten Blick wie eine bloße technische Harmonisierung wirkt, in Wahrheit ist es aber ein tiefer Einschnitt in die Souveränität des österreichischen Rechtsstaats. 

Ich werde jetzt auch gerne erklären, warum wir das so sehen: Der Titel „Strafrechtliches EU-Anpassungsgesetz 2025“ klingt ja harmlos, tatsächlich handelt es sich aber um einen weiteren Zentralisierungsschub aus Brüssel, der von der österreichischen Bundesregierung leider wieder einmal bereitwillig – sagen wir es einmal so – umgesetzt wird; wir kennen das alle unter dem Begriff Gold-Plating. 

Meine Damen und Herren, das Strafrecht ist einer der sensibelsten Bereiche staatlicher Hoheitsausübung. Wer in Österreich wegen einer Straftat verurteilt wird, wer verfolgt, überstellt oder ausgeliefert wird, darf nicht auf Zuruf fremder Instanzen oder supranationaler Einrichtungen entschieden werden. Diese Gefahr besteht aber mit diesem Gesetz. Geplant ist unter anderem eine EU-Datenbank für Drittstaatsangehörige. Jetzt wissen wir alle, grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist wichtig, vor allem im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, aber sie muss auch klar geregelt sein, und das ist hier nicht der Fall. Wir sollen jetzt Daten nach Tallinn übermitteln, aber: Wer hat Zugriff auf diese Daten? Zu welchem Zweck haben diese Menschen Zugriff? Und mit welchen Schutzmechanismen sind sie ausgestattet? –All das bleibt unbeantwortet, und somit kann man sagen: Der gläserne Bürger ist damit keine düstere Vision mehr, sondern wird zur Realität. Das ist der erste Schritt in Richtung biometrische Totalüberwachung über eine EU-Infrastruktur. 

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist die Ausweitung der Zuständigkeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft. Das ist eine Institution, die weder gewählt noch parlamentarisch kontrolliert wird. Sie erhält ein Mitspracherecht bei innerstaatlichen Ermittlungen, nämlich auch in Österreich. Jetzt sagen wir zwar alle, nationale Gerichtshoheit ist wichtig, aber diesbezüglich ist da dann Fehlanzeige. Es wird zwar offiziell davon gesprochen, aber sie wird damit faktisch ausgehöhlt. Ich habe es heute schon einmal gesagt, und ich wiederhole es noch einmal: Vertrauen, meine Damen und Herren, ist keine politische Kategorie. Ich vertraue einzig und allein gut ausformulierten Gesetzen – und ich sage Ihnen ganz offen: Ein solches sehe ich hier eindeutig nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Deshalb gehört Strafverfolgung in nationale Hände – Punkt. 

Ebenso kritisch ist die Ausweitung der Auslieferungspflichten. In vielen Ländern, das wissen wir, gelten andere Maßstäbe als in Österreich, insbesondere bei politisch motivierten Delikten. Wer in Österreich seine Meinung frei äußert oder zum Beispiel an Demonstrationen teilnimmt, der könnte dann in einem anderen Staat dafür strafrechtlich verfolgt werden – und die österreichische Justiz wäre dann gezwungen, eine Auslieferung durchzuführen. Das kann nicht wirklich mit unserem Verständnis von Rechtsstaat zusammenpassen und ist auch mit der Freiheit unvereinbar.

Ein EU-Haftbefehl wird mit dieser Vorlage zu einem Zwangsinstrument, was ja grundsätzlich gar nicht so schlimm wäre, wenn es wirklich nur um echte Verbrechen ginge. Wir sehen jetzt aber wieder: Es funktioniert dann auch bei Bagatelldelikten, dass ausgeliefert wird, dass der Haftbefehl gilt, ohne dass unsere Gerichte inhaltlich prüfen können. Die können dann nicht prüfen, ob das Verfahren gerechtfertigt ist, und ich sage Ihnen ganz ehrlich, meine Damen und Herren: Das kann es nicht sein! Da sind wir wieder dort: Vertrauen ist keine politische Kategorie.

Auch das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz wird ausgeweitet, aber nicht um echte Lücken zu schließen, sondern um Straftatbestände nach EU-Geschmack, zum Beispiel Umweltvergehen oder Marktmissbrauch, in unser Strafrecht zu überführen oder zu implementieren. 

Was bedeutet das? – Das bedeutet eine gefährliche Moralisierung. Wir haben das in den letzten Jahren ja alle miterlebt, zum Beispiel auch im Zusammenhang mit dem Gesetz betreffend Hass im Netz. Dann heißt es auf einmal: Rechter Hass ist natürlich immer Terrorismus, und linker Hass ist immer Aktivismus. Genau davor, meine Damen und Herren, kann ich nur warnen: dass dann irgendwo in Brüssel jemand sitzt, der bestimmt, was richtig und was falsch ist, was böse und was gut ist. Das hat dann nämlich mit einem demokratischen Rechtsstaat, wie wir ihn kennen, nichts mehr zu tun. (Beifall bei der FPÖ.) Das erinnert dann eher an die Orwell’schen Wahrheitsministerien, von denen da gesprochen wurde. 

Wir lehnen diese Entwicklung entschieden ab. Was hier als Anpassung verkauft wird, ist für uns ein weiterer Schritt in Richtung EU-Zentralstaat. Sie wissen, das wollen wir nicht, das geht natürlich wieder auf Kosten unserer Eigenstaatlichkeit. Wir lehnen diese Tendenzen ganz klar ab. Wir stehen für Rechtsstaatlichkeit, wir stehen für nationale Gerichtshoheit, wir stehen für den Schutz der Grund- und Freiheitsrechte unserer Bürger. 

Ich kann nur noch einmal betonen: Internationale Zusammenarbeit – ja – ist wichtig und richtig, aber eben nur dann, wenn Österreich selbst bestimmt, wie weit diese in unser Recht eingreift. Genau dafür, meine Damen und Herren – davon bin ich überzeugt –, wurden wir gewählt, und genau deshalb lehnen wir dieses Gesetz heute auch ab. (Beifall bei der FPÖ.)

17.02

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Manfred Mertel.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.