RN/112
17.20
Bundesrätin Sandra Jäckel (FPÖ, Vorarlberg): Vielen Dank, Herr Vizepräsident! Frau Minister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Liebe Zuseher! Heute sprechen wir über eine geplante Gesetzesänderung im Strafgesetzbuch. Da wird etwas Neues geschaffen. Es geht um das sogenannte Cyberflashing. Für alle, die mit diesem Begriff nicht vertraut sind, möchte ich es ganz kurz erklären: Es handelt sich dabei um das absichtliche und unaufgeforderte Versenden von Bildern entblößter Genitalien über digitale Kommunikationsmittel, zum Beispiel über die Messengerdienste oder über die sozialen Netzwerke.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle muss man unmissverständlich klarstellen: Solche Handlungen sind inakzeptabel! Sie werden von uns Freiheitlichen in keiner Weise toleriert. Es muss klare gesetzliche Konsequenzen geben. Das ist natürlich selbstverständlich. (Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Prügl [ÖVP/OÖ].)
Jetzt kommt das große Aber. (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Aber, ja!) Die entscheidende Frage ist nicht, ob es eine Sanktion geben soll, sondern wie diese Sanktion ausgestaltet ist und ob der vorliegende Gesetzesvorschlag wirklich den richtigen Weg darstellt. Da haben wir Freiheitliche erhebliche Bedenken. Ein besonders kritischer Punkt ist für uns, dass europarechtliche Vorgaben dabei völlig ignoriert werden. Ich spreche konkret von der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die erst letztes Jahr verabschiedet wurde. (Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Das ist Ihnen immer am wichtigsten: die EU!)
Diese Richtlinien sehen nur dann eine strafrechtliche Verfolgung von Cyberflashing vor, wenn eine Handlung geeignet ist, einen schweren psychischen Schaden zu verursachen. Ein einzelnes Dickpic, so unangebracht es auch ist, fällt laut dieser Richtlinie nicht automatisch in diesen Straftatbestand. Der Empfänger hat die Möglichkeit, den Absender zu blockieren, um somit den weiteren Kontakt zu vermeiden. Mit anderen Worten: Die EU sieht da eine Erheblichkeitsschwelle vor, und genau diese Schwelle wurde im aktuellen Gesetzentwurf komplett ignoriert. Das ist für uns Freiheitliche nicht nachvollziehbar.
Was noch schwerer wiegt: Dieser Straftatbestand trifft in der Praxis besonders häufig junge Menschen, Jugendliche, die sich in der Pubertät befinden, die sich oft unüberlegt verhalten (Widerspruch bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen) und die aus Dummheit oder Gruppenzwang ein obszönes Bild weiterleiten. (Bundesrätin Herunter [ÖVP/Stmk.]: Also entschuldigen wir jetzt ...?) Da von Anfang an mit dem Strafrecht zuzuschlagen (Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]: Genau ...!), ist aus unserer Sicht leicht überzogen. (Beifall bei der FPÖ.)
Uns Freiheitliche verwundert es umso mehr, dass von dieser Erheblichkeitsschwelle speziell in diesem Fall kein Gebrauch gemacht worden ist und sie einfach übergangen worden ist. Liebe Kollegen, junge Menschen sind noch in der Entwicklung. Sie handeln oft unreif (Widerspruch bei Bundesrät:innen von ÖVP und Grünen), ohne die Tragweite zu verstehen. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob ein Jugendlicher eine dumme Aktion begeht (Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]: Genau!) oder ob ein Erwachsener bewusst und gezielt andere mit solchen Bildern belästigt. Diese Differenzierung, die das berücksichtigt, findet in diesem neuen Gesetz schlichtweg nicht statt. (Beifall bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Ruf [ÖVP/OÖ].)
Zahlreiche Jugendschutzorganisationen und die Rechtsanwaltskammer teilen unsere Bedenken. Auch sie sehen es kritisch, dass Jugendliche durch diesen neuen Straftatbestand kriminalisiert werden (Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]), ohne dass ihnen die Chance gegeben wird, aus Fehlern zu lernen, ohne gleich mit dem Strafrecht in Berührung zu kommen. Das ist bei diesem neuen Gesetz einfach nicht bedacht worden, Frau Minister. Es ist einfach nicht gerechtfertigt. Da werden junge, minderjährige Menschen für dumme Aktionen kriminalisiert. Aus meiner Sicht geht es da um eine erzieherische Maßnahme, und das soll in Form eines Strafgesetzes geahndet werden. (Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].)
Da gibt es andere Alternativen, liebe Kollegin, Verwaltungsstrafen, Aufklärungskampagnen, verpflichtende Schulungen – dafür stehen Sie doch am meisten ein –, bevor es zum Strafrecht kommt. Das sind geeignete Instrumente, um solche Taten zu verhindern, aber auch Bewusstsein zu schaffen. Was wir aber ablehnen, ist ein Straftatbestand, der Jugendliche für unreifes Verhalten mit einer Vorstrafe belegt. (Beifall bei der FPÖ.)
Deshalb, Frau Minister, werden wir Freiheitliche dieser Gesetzesänderung in der vorliegenden Form nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
17.25
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stephan Auer-Stüger. Ich erteile es ihm.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.