RN/116

17.39

Bundesrätin Mag. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, diesmal nur via Livestream! Mit diesem Gesetz gehen wir einen wichtigen, wesentlichen, längst notwendigen Schritt nicht nur in Richtung Respekt und Gleichberechtigung, sondern auch im Kampf gegen sexualisierte Gewalt. 

Wir reden ja heute vom sogenannten Dickpic-Paragrafen, der die unaufgeforderte Zusendung von Genitalbildern im digitalen Raum unter Strafe stellt. Und ja, ich gehöre auch zu den Frauen, die diese Bilder bereits nicht nur einmal erhalten haben, manchmal kommentarlos, manchmal war ein „Hi!“ oder vielleicht ein „Wie geht’s?“ dabei. Was genau sich die Absender dabei gedacht haben, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, aber ich glaube, ich spreche hier für sehr, sehr viele Frauen, die davon betroffen sind, wenn ich sage: Jetzt reicht’s!

Frau erhält diese Bilder ja oft nicht einfach von irgendwelchen Bekannten oder Freunden, nein, es sind oft Fremde – Fremde, die man noch nie gesehen hat, geschweige denn von denen man auch nur jemals auch nur irgendetwas gehört hätte. Viele dieser Zusendungen – wir haben es heute auch schon gehört – treffen junge Frauen, vielleicht gerade einmal volljährig, wenn überhaupt. Und dann ist frau fassungslos mit dieser Situation konfrontiert und fragt sich: Wie reagiere ich jetzt?

Vielleicht werden die Bilder beschämt ignoriert und gelöscht, vielleicht wird der Absender blockiert, vielleicht nimmt man auch seinen Mut zusammen und schreibt richtig unfreundlich zurück. Aber, ganz ehrlich, ich verstehe, wenn frau auch gar nicht darauf reagieren will, weil: Was soll ich denn tun, was soll ich denn sagen?, ich habe ja auch Angst: Was ist denn der nächste Schritt? Was macht denn der noch? Wie intensiv wird diese Belästigung denn noch weitergehen?

Genau da liegt das Problem: Wir haben eine massive Lücke bezüglich digitalem Raum, die wir ganz dringend schließen müssen. Ganz ehrlich: Nein, die Lösung kann nicht sein, den Absender einfach zu blockieren, und das war’s und gut ist es, denn dann wendet sich dieser Absender an die nächste Frau oder der nächste Fremde schickt mir ein Bild, das ich wirklich nicht sehen will. Es geht einfach ums Prinzip, und ich möchte das ein für alle Mal klarstellen: Man schickt nicht ungefragt seine Genitalien durch den digitalen Raum. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das haben wir auch gesagt!) Das macht man nicht, Punkt! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Und es kommt dann – wir haben es heute auch schon wieder gehört; ich wundere mich schon gar nicht mehr – das Argument gegen dieses Vorhaben: Es könnte dann ja auch die armen, armen Jugendlichen treffen! Ma, die sind halt ein bissi unreif, die machen halt manchmal einen blöden Fehler, die rutschen aus und die schicken mal ein Bild, und deswegen werden sie in der Sekunde kriminalisiert! – Ich sage es, wie es ist: Ich halte dieses Argument für einfach nicht haltbar. Das ist keine Frage von fehlender Reife. Das ist eine Frage auch der Bildung und der Erziehung.

Wir wissen alle – nur als plakatives Beispiel –: Stehlen ist strafbar. – Weiß ich, mache ich nicht, und wenn ich es trotzdem mache, dann muss ich mit Konsequenzen rechnen. Sexuelle Belästigung im realen Raum ist strafbar: Weiß ich, mache ich nicht, und wenn ich es trotzdem mache, dann muss ich mit Konsequenzen rechnen. –Warum sollten wir da eine Ausnahme im digitalen Raum machen? Warum? Was ist anders? Das kann mir niemand erklären, und das hat auch einen Grund.

Gerade in einem Bereich, der sich ständig und mit rasender Geschwindigkeit immer weiter verändert, sind wir Politikerinnen und Politiker einfach gefragt, zu handeln, und das tun wir jetzt auch.

Es geht aber nicht nur um den Schutz von Frauen, sondern es geht auch um eine wichtige Wirkung: Wir schärfen das Bewusstsein bei den Männern, denn es ist entscheidend, dass Männer verstehen, was in Ordnung ist und was nicht und dass das nicht nur nicht in Ordnung ist, sondern nicht normal und auch nicht harmlos ist. Vor allem gibt es keinen Konsens dabei. Konsens ist ein wesentlicher Bestandteil, egal in welcher Interaktion. Das kann nicht einfach optional sein, sondern Konsens muss Standard sein, bei allen Handlungen. Und natürlich: Spätestens wenn Genitalien involviert sind, dann muss dieser Konsens klar und deutlich gegeben sein.

Es ist Zeit, dass wir klare Grenzen ziehen und uns nicht einfach länger mit übergriffigen Verhaltensweisen abfinden. Das Schöne ist: Bald müssen wir uns nicht mehr damit abfinden, denn dafür sorgt dieser neue Paragraf, und ich glaube, ich spreche für sehr, sehr viele Frauen, wenn ich sage: vielen Dank! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

17.44

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Amelie Muthsam. Ich erteile es ihr.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.