RN/117
17.45
Bundesrätin Amelie Muthsam (SPÖ, Niederösterreich): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich sage es ganz direkt: Ich kenne keine einzige junge Frau, die noch nie ein ungefragtes Dickpic bekommen hat, keine einzige – nicht in einem Flirt, nicht in einer Beziehung, einfach so, auf Snapchat, auf Insta, per Airdrop, einfach in der U-Bahn.
Ich habe einmal auf meinen eigenen Social-Media-Kanälen dazu aufgerufen: nicht dazu, solche Bilder zu schicken, sondern junge Frauen dazu, ihre Erfahrungen mit mir zu teilen, und was mich da erreicht hat, hat mich nicht überrascht, aber dennoch erschüttert, denn ein Punkt ist sehr oft gekommen. Es geht nicht nur um junge Frauen, es geht vor allem um Mädchen. Viele haben geschrieben, dass sie im Alter von elf Jahren das erste Mal so ein Foto auf Social-Media-Plattformen wie Snapchat bekommen haben. Mit 13 habe ich öfter welche bekommen als jetzt mit Mitte 20.
Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen: Das sind fremde Männer, die Fotos an Mädchen und Kinder schicken, die sie nicht kennen, und das nicht als Ausnahme, sondern regelmäßig, und bis heute war das in Österreich nicht strafbar. Anscheinend würde das ja, wenn es nach der FPÖ gehen würde, auch weiterhin so bleiben.
Ich glaube, in der Fraktion dort drüben kann man sich nicht ganz entscheiden. Bei den elfjährigen Vollbartträgern würde man am liebsten alle einsperren und die Strafmündigkeit senken (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W] – Ruf bei der SPÖ: Bravo!) – Ruf bei der FPÖ: Die sind strafunmündig! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Aber mit elf einen Vollbart, spannend! Glaubt ihr das?), aber wenn es dann darum geht, von jungen Burschen auch Konsequenzen einzufordern, wenn sie junge Frauen und Mädchen im Internet sexuell belästigen, zieht man eine Grenze. Das ist doch lächerlich, ganz ehrlich! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
Zum Glück ändern wir das jetzt, und das ist auch richtig so, denn mit diesem neuen Straftatbestand wird auch klar: Was offline verboten ist, gilt auch online, denn sexuelle Belästigung endet nicht am Bildschirmrand. Dabei geht es nicht nur um einzelne Bilder, da geht es ganz klar um Machtverhältnisse, wie heute auch schon gesagt wurde, darum, wer entscheidet, was gezeigt wird und wer schweigen soll. Es geht um Einschüchterungen, um Grenzüberschreitung, um Kontrolle, und es geht auch darum, Frauen und Mädchen die Deutungshoheit im digitalen Raum wieder zurückzugeben.
Diese Gesetzesänderung ist ein notwendiger Schritt, aber sie ist auch ein Zeichen, und zwar ein Zeichen, dass wir die Erfahrungen von jungen Frauen nicht länger ignorieren, dass wir anerkennen, wie tief Gewalt auch im digitalen Raum verankert ist, und vor allem, dass wir junge Mädchen und Frauen ernst nehmen und ihre Anliegen auch einen Platz haben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, und das auch gesetzlich. Digitale Räume dürfen keine rechtsfreien Räume für Übergriffe sein. Wir sagen klar, wir glauben jungen Frauen, wir glauben Mädchen und wir nehmen ihre Erfahrungen ernst, denn was wir erleben, sind keine Einzelfälle. Es ist Alltag für viel zu viele junge Frauen.
Und ganz ehrlich: Wie absurd ist es denn, dass wir heute hier stehen müssen und über ein Gesetz diskutieren, das unter Strafe stellt, dass uns irgendwelche Typen einfach Bilder von ihrem Schwanz zuschicken, ohne dass wir das wollen?! Das sollte doch eigentlich der gesunde Menschenverstand lösen – aber gut, dann halt so.
Das absichtliche, unaufgeforderte Zusenden von Bildern, die Genitalien zeigen, ist kein Kavaliersdelikt. Wir haben es heute schon gehört: Es ist ganz klar sexuelle Belästigung. Respekt, Würde und körperliche Selbstbestimmung gelten überall, und zwar auch im Internet.
Diese Änderung ist ein Anfang, aber sie darf noch nicht das Ende sein, denn echte Sicherheit braucht mehr als Paragrafen. Sie braucht Bewusstsein, Aufklärung und eine klare Haltung gegenüber jeglicher Form von sexueller Gewalt. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
17.49
Vizepräsident Michael Wanner: Zu Wort gemeldet hat sich die Frau Bundesministerin. – Bitte.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.