RN/35
12.54
Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, dieses Mal nicht nur via Livestream, sondern auch willkommen hier bei uns im Saal! Der 10. Juli – das war der Tag, an dem ich vom Wiener Landtag in den Bundesrat entsandt worden bin – war auch der Tag, an dem dieser schreckliche Amoklauf an der Grazer Schule passiert ist. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe damals nicht wirklich über meine Entsendung nachdenken können, denn es war einfach ein so großes Gefühl der Fassungslosigkeit da, und ich glaube, es ging uns allen so. Ein ehemaliger Schüler, der mit einer Waffe in eine Schule geht, das war eigentlich unvorstellbar.
Vielleicht erinnern Sie sich, ich habe in meiner allerersten Rede hier im Bundesrat auch von meiner Französischlehrerin erzählt, die ich damals zufällig in der Straßenbahn getroffen habe und die mir noch gesagt hat: Julia, du bist in der Politik, tu etwas dagegen! – Jetzt stehen wir heute hier, und dieses Ereignis hat auch wirklich gezeigt, dass wir nicht einfach nichts tun können, dass wir bestehende Regelungen überprüfen müssen und dort ansetzen müssen und etwas ändern müssen, wo es einfach bis jetzt nicht reicht – und heute stehen wir hier, um genau das zu tun und zu beschließen.
Diese Novelle des Waffengesetzes ist eine Reaktion auf die Lücken, die dieses Attentat sichtbar gemacht hat. Sie soll sicherstellen, dass Waffenbesitz in Österreich natürlich auch weiterhin möglich bleibt, aber er darf nicht für Personen möglich sein, die eine Gefahr für ihre Mitmenschen darstellen.
Was ändert sich konkret? – Wir haben es heute schon mehrmals gehört, ich möchte trotzdem kurz auf ein paar Punkte eingehen:
Erstens: Das Mindestalter für den Besitz bestimmter Schusswaffen wird angehoben – bei Waffen der Kategorie B von 21 Jahren auf 25 Jahre, bei Waffen der Kategorie C von 18 Jahren auf 21 Jahre. Das trägt einfach dem Umstand Rechnung, dass der Umgang mit Schusswaffen ein gewisses Maß an persönlicher Reife und Stabilität erfordert.
Ich habe heute auch schon Herrn Landeshauptmann Kunasek gegenüber erwähnt, dass ich sein „ZIB 2“-Interview damals sehr aufmerksam angesehen habe, und auch er konnte sich damals diese Verschärfungen vorstellen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Nein, nicht diese! Nicht diese! Welche, hat er heute gesagt! Zuhören, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Zweitens: Die Verlässlichkeitsprüfung wird erweitert, das heißt, es wird genauer hingeschaut, ob jemand, der eine Waffe besitzt oder beantragt, auch tatsächlich dafür geeignet ist. Dazu zählen auch psychologische Kriterien, denn Waffenbesitz ist an Verantwortung gebunden, und Verantwortung beginnt mit der Eignung, diese Waffen überhaupt zu besitzen zu dürfen.
Auch dieser Punkt mit den psychologischen Kriterien – ich warte auf die Zwischenrufe – wurde damals von Herrn Landeshauptmann Kunasek gutgeheißen.
Drittens: Die Zusammenarbeit der Behörden wird verbessert – das haben wir heute schon öfter gehört und es wurde öfter thematisiert. Wenn etwa die Stellungskommission des Bundesheeres Hinweise auf psychische Probleme hat, dann sollen diese Informationen künftig auch unbedingt an die Waffenbehörde weitergeleitet werden können. Das ist natürlich ein längst überfälliger Schritt, und damit werden diese Lücken, die bisher eben dazu geführt haben, dass diese Warnsignale leider oft übersehen worden sind, auch geschlossen.
Ich möchte schon sagen, dass diese Änderungen kein drastischer Eingriff in die Rechte gesetzestreuer Waffenträgerinnen und Waffenträger sind. Wer verantwortungsvoll mit den Waffen umgeht, der hat auch künftig nichts zu befürchten. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Der wird nur sekkiert und schikaniert, ja! Zu befürchten hat er nichts! – Bundesrat Himmer [ÖVP/W]: Fürchte dich nicht!) Ich möchte nur an den Satz erinnern, den ich persönlich sehr gerne anwende, um einfach zu sehen, wo ich liege oder auf welcher Seite ich stehe: Die Freiheit des einen hört nun einmal dort auf, wo die des anderen beginnt, und das müssen wir uns auch im Waffenrecht immer wieder zu Bewusstsein bringen.
Dort, wo Zweifel bestehen, etwa bei psychischer Instabilität, Gewaltverhalten oder fehlender Zuverlässigkeit, müssen die Behörden einfach handlungsfähig sein, und das ist kein Misstrauen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, sondern gelebte Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit.
Folgendes war heute auch schon Thema: Natürlich wissen wir, dass kein Gesetz jede Straftat verhindern kann – das zu glauben, wäre ja vollkommen naiv, und das sind wir nicht –, aber wir nehmen die Verantwortung wahr, Risiken zu minimieren und Wahrscheinlichkeiten zu verringern. Das ist unsere Verantwortung. Wir können nicht untätig bleiben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Deswegen, muss ich auch ehrlich sagen, irritiert mich der Vorwurf der FPÖ, auf den ich schon kurz eingehen möchte, dass jahrelang nichts passiert sei, sondern weggesehen worden sei. Ich repliziere wieder beziehungsweise gehe wieder auf Herrn Landeshauptmann Kunasek ein, der heute hier gestanden ist und gesagt hat, selbst er als Verteidigungsminister habe das nicht gewusst. – Jetzt könnten wir doch einfach so ehrlich sein und sagen: Ja, schauen wir, dass wir es halt jetzt ändern! – Das ist doch ein guter Schritt.
Sicherheit führen wir ja jetzt nicht nur mit dieser Verschärfung heute fort, sondern wir setzen gleichzeitig auch viele Maßnahmen im Bereich der Prävention. Nach dem Attentat in Graz wurden ja auch viele schulische und psychosoziale Maßnahmen in Gang gesetzt wie mehr Schulpsychologinnen und Schulpsychologen an den Schulen, mehr Sozialarbeiter und verpflichtende Begleitung für jene Schülerinnen und Schüler, die in Krisen sind, und wir reden auch gerade bezüglich Schulabbrecher und -abbrecherinnen darüber, dass die nicht einfach so in die Welt entlassen werden, ohne dass man auf sie schaut.
Allgemein möchte ich einfach sagen, dass wir heute ja nicht aus Angst handeln, sondern wir handeln aus Vernunft, wir verschärfen das Gesetz, um zu schützen, und wir tun das mit einem Ziel: dass die Sicherheit in Österreich nicht vom Zufall abhängt, sondern von Umsicht, von Verantwortung und von einem funktionierenden Rechtsstaat.
Ich bedanke mich bei allen, die heute dieses Gesetz mittragen. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass wir hier geeint auftreten. Ich finde es schade, dass dem nicht so ist, aber das müssen wir wohl zur Kenntnis nehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
13.00
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Staatssekretär Mag. Leichtfried. – Ich erteile es ihm.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.