RN/62
15.15
Bundesrat Sandro Beer (SPÖ, Wien): Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und vor den Bildschirmen! Ich habe schon wieder so ein bisschen ein Déjà-vu – und heute hat mich die FPÖ überzeugt, dass es qualitativ immer tiefer und tiefer wird. Ihr habt heute wirklich bewiesen, es wird statt besser immer schlechter, vor allem recherchiert ihr gar nichts mehr, worüber ihr sprecht. Darum würde ich Kollegin Theuermann, aber auch Kollegen Kofler ersuchen, vielleicht jetzt ein bisschen zuzuhören – und dann können wir uns vielleicht einmal auf einer sachlichen Ebene treffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Wir behandeln heute zwei eng miteinander verknüpfte Gesetzesnovellen, eine Novelle zum ORF-Gesetz und eine zum ORF-Beitrags-Gesetz. Es sind Novellen, die nicht laut oder spektakulär auf uns zukommen – aber gerade in ihrer sachlichen und sozialen Ausgewogenheit zeigen sie, worum es beim Gestalten von Gesetzgebung gehen muss: in diesem Fall um Gerechtigkeit, um Fairness und vor allem beim ORF um die Bewahrung unserer Grundprinzipien, unserer Demokratie. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Beginnen wir mit der Frage – und jetzt kurz aufpassen, bitte –: Um was geht es eigentlich? Um was geht es bei der Befreiung einkommensschwacher Haushalte von der ORF-Haushaltsabgabe? Mit dieser Novelle sichern wir weiterhin die Entlastung von Hunderttausenden Menschen mit niedrigen Einkommen. Wohnkosten werden bei der Beitragsbefreiung berücksichtigt – eine Regelung, die sonst 2025 ausgelaufen wäre. Ohne diese Verlängerung – und jetzt bitte wieder Ohren spitzen – würden über 15 Prozent der aktuell Befreiten ihren Anspruch verlieren, nicht weil sie mehr verdienen, sondern weil sie ihre Wohnkosten nicht mehr ausreichend deklarieren können. Da schaut die FPÖ zu, hier schaut ihr zu. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Bei uns würden 100 Prozent überhaupt nix zahlen, so schaut’s aus!) Das, liebe Freunde, ist mit Sicherheit sozial nicht vertretbar. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)
Weiters: Die ORF-Beitragsbefreiung ist ja auch an weitere Sozialleistungen gekoppelt, und genau deshalb ist es richtig und notwendig, mit dieser Novelle Wohnkosten – konkret in einer Pauschale von 500 Euro – künftig standardmäßig vom Haushaltseinkommen abzuziehen. Wer tatsächlich höhere Wohnkosten hat, kann auch diese geltend machen. Damit sorgen wir dafür, dass die Hilfe jetzt vor allem dort ankommt, wo sie wirklich gebraucht wird: bei Mindestpensionist:innen, bei arbeitslosen Menschen, bei Menschen mit Behinderung und bei jungen Lehrlingen.
Was ich mich heute schon im Vorfeld dieser Debatte gefragt habe: Wie fühlen sich die Menschen da draußen, wenn sie der FPÖ zuhören, diese Regelung verstehen und wissen, was auf sie zukommt, wenn wir heute dem nicht zustimmen? Wie geht es da den Menschen dabei? (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Die würden gar nichts zahlen!) – Die würden gar nichts zahlen, natürlich. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: ... wird alles besser ...!)
Ein weiterer Punkt, der auch im Ausschuss konkret war, der nicht unerwähnt bleiben darf, betrifft den Umstand (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ihr seid unsere Wahlhelfer, es ist so!) – Sie können sich ganz regulär zu Wort melden und dann rauskommen –, die ORF-Gebühr auch künftig analog mittels Zahlschein und in Teilbeträgen bezahlen zu können. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Ja, danke schön!)
Gerade in einer Zeit, in der man digitalisiert, muss aber auch der analoge Zugang gewährleistet bleiben. Moderne Gesetzgebung muss digitale Effizienz mit analoger Zugänglichkeit verbinden. Nur so stellen wir für die Zukunft sicher, dass auch der öffentliche Rundfunk von allen mitgetragen und von allen genutzt werden kann. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Jetzt sind wir bei der Wahrheit, jetzt sind wir bei der Wahrheit!) – Natürlich sind wir bei der Wahrheit, wir sind die ganze Zeit bei der Wahrheit. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Na, jetzt erst!)
Der zweite Punkt, der auch missinterpretiert wurde (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Zahlen müssen alle – egal, ob sie den Schas nutzen oder nicht!), ist: Ein weiterer ebenfalls wesentlicher Bestandteil betrifft die wirtschaftliche Seite, die Entlastung von Unternehmen mit mehreren Standorten. Das wurde auch so abgetakelt. Hier bestand bisher eine unfaire Mehrfachbelastung, die vor allem kleine und mittlere Betriebe – etwa Bauunternehmen, Sicherheitsunternehmen, aber auch Reinigungsfirmen – unverhältnismäßig getroffen hat. Diese Novelle schafft nun eine wesentlich klarere und gerechtere Regelung.
Künftig bemisst sich die ORF-Beitragshöhe – das hat die Kollegin schon ausgeführt – ausschließlich nach der Lohnsumme und nicht nach der Anzahl der Betriebsstätten. Das ist nicht nur gerecht, sondern auch wirtschaftlich vernünftig und administrativ praktikabler. Es gilt dabei, verantwortungsvoll zu handeln.
Jetzt gehe ich auch auf die Befristung ein: Diese Entlastung vorerst bis Ende 2027 zu befristen, ist gut, denn wir müssen beobachten, wie sich diese Maßnahmen auswirken – auf die Unternehmen, aber auch auf den ORF selbst. Es geht dabei um 10 Millionen Euro Mindereinnahmen, die man nicht einfach übersehen kann.
Ich möchte jetzt auch die Gelegenheit nutzen und in aller Klarheit sagen: Wir brauchen den ORF. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das glaube ich, dass ihr den braucht!) Gerade jetzt, in der Zeit von Fake News, von Polarisierung, von digitaler Überreizung, ist ein starker, unabhängiger öffentlicher Rundfunk kein Luxus, wie es die Freiheitlichen vielleicht sehen, sondern eine demokratiepolitische Notwendigkeit. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Der ORF sichert Information, Bildung – das wäre für euch vielleicht einmal ein Thema – und kulturelle Vielfalt für alle Menschen in diesem Land, unabhängig vom Einkommen, von der Herkunft und vom Wohnort. Und an dieser Stelle darf ich mich auch bei allen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern des ORF recht herzlich bedanken, die das für uns leisten. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ich greife auch die Kritik auf, die heute gekommen ist. Mit allem gebotenen Respekt: Die Kritik zur Haushaltsabgabe muss man ernst nehmen, ja, keine Frage. Und ja, es braucht mehr Transparenz, ja, es braucht einen öffentlichen und nachvollziehbaren Diskussionsprozess über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dieser wird im kommenden Jahr dementsprechend stattfinden.
Im gleichen Atemzug muss man sich aber überlegen: Wenn man jetzt von Unsachlichkeit spricht, dann muss man sich schon dessen klar sein, dass da ein solidarisches Finanzierungsmodell zum Tragen kommt. Der ORF stellt sicher, dass alle Menschen, egal ob am Land oder in der Stadt, egal ob jung oder alt, Zugang zu unabhängiger Information haben. (Ruf bei der FPÖ: Oder auch nicht!) Populistische Kritik, wie wir sie heute schon mehrmals wahrgenommen haben, ersetzt kein nachhaltiges Finanzierungskonzept. Und Medien sind mit Sicherheit nicht dafür da, was die FPÖ wahrscheinlich gern hätte: ihr nach dem Mund zu reden. (Zwischenruf des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ].) Wenn sie dafür da wären, dann hätten wir, glaube ich, ein demokratisches Problem. Die Bürgerinnen und Bürger verdienen sich objektive Information. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: ... SPÖ1!) – Natürlich, SPÖ1 wäre ja eine gute Geschichte. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wäre!) – Wäre, ja. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wäre, aber nicht einmal das bringt ihr zusammen!)
Zum Abschluss meiner Rede möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Da geht es um unseren ORF (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Euren! – weitere Rufe bei der FPÖ: Euren!), um unseren gemeinsamen ORF, der Unabhängigkeit und öffentliche Berichterstattung gewährleistet. Es wird wichtig sein, diesen Beschluss zu fassen, auch im Sinne der vielen Haushalte, einkommensschwacher Haushalte, die davon betroffen sind. Demokratie braucht Information und Information braucht einen starken und unabhängigen ORF, der für alle da ist. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
15.23
Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächste in der Debatte zu Wort gemeldet ist unsere Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile es ihr. (Bundesrätin Arpa [SPÖ/Ktn.]: Unsere?)
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.