RN/64

15.31

Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal, herzlich willkommen – natürlich auch im Livestream! – Frohes Zuschauen! (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Frohes Zuschauen! Gefällt mir!) – Ich freue mich, wenn ich Sie unterhalten kann, Herr Kollege. 

Die Gesetzesänderung verbindet zwei Ziele: Die Stärkung journalistischer Unabhängigkeit und die Korrektur einer Regelung, die viele Betriebe unverhältnismäßig belastet hat. Was in dieser Novelle steht, ist nichts weniger als ein Schritt aus den alten Machtstrukturen hinaus, ein Schritt hin zu einem ORF, der sich nicht mehr von politischen Loyalitäten beeinflussen lässt, sondern von journalistischer Qualität zeugt. Bisher war es so, dass die Landeshauptleute, also die obersten Vertreterinnen und Vertreter der Länder, formell angehört werden mussten, wenn ein neuer Direktor oder eine neue Direktorin eines ORF-Landesstudios bestellt wurde. Das ist ein scheinbar harmloser Satz mit großer symbolischer Wirkung im Gesetz, denn das bedeutet: Wer sich auf eine Führungsposition beim ORF bewirbt, muss zuerst durch die politische Schleuse im jeweiligen Bundesland. Auch wenn es nur um ein Anhörungsrecht ging, der politische Einfluss war de facto wirklich enorm. Das war nie zeitgemäß und jetzt ist es endlich Geschichte. In einem Land, das sich zu unabhängigen Medien bekennt, darf niemand politische Rücksicht nehmen müssen, wenn er oder sie journalistische Verantwortung trägt.

Das dürfen wir auch bitte hier in der Länderkammer nicht falsch verstehen: Diese Änderung ist kein Angriff auf die Länder. Im Gegenteil, es ist ein Bekenntnis zum Prinzip: Freie Medien können nur dort bestehen, wo die Politik Abstand hält. Die Landeshauptleute haben in ihren Aufgabenfeldern ja ohnehin bereits erheblichen Einfluss. Sie entscheiden über Förderungen, sie entscheiden über die Raumordnung, über die Infrastruktur, über Gesundheit. Sie prägen politische Karrieren und öffentliche Debatten.

Sie sollen aber nicht mitreden, wer über sie berichtet – denn ein ORF, der mit freier Berichterstattung letztendlich auch die Politik kontrollieren soll, kann nicht von der Politik kontrolliert werden. Das ist das Herzstück dieser Reform. Sie ist ein klarer Schnitt mit einer Praxis, die anachronistisch war, die in Wahrheit auch nie mit der Idee eines unabhängigen Journalismus vereinbar war.

Ja, dieser Schritt ist spät gekommen, Jahrzehnte zu spät, aber er kommt jetzt. Jetzt können wir dagegen angehen und wir können auch noch weitere Schritte setzen.

Ich höre in diesem Zusammenhang oft das Argument: Das ist doch symbolisch, das ändert nichts im Alltag. Ich sage aber: Doch, das ändert etwas, das ändert ganz viel! Derzeit haben nämlich viele Menschen in Österreich den Eindruck, dass Posten im ORF nach Parteibuch vergeben werden. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Ja, zu Recht!) – Ja, und damit ist ja auch viel Vertrauen in die Objektivität der Medien bereits verloren gegangen (Ruf bei der FPÖ: Genau!) – da stimmen Sie mir auch zu, oder? (Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Richtig!) – und damit am Ende des Tages ja auch in die Demokratie selbst! 

Mit diesem Gesetz treten wir deshalb einen neuen Weg an. Wir kämpfen darum – Sie schütteln den Kopf, Herr Kollege, aber wir kämpfen wirklich darum! –, dieses Vertrauen wieder aufzubauen und zurückzugewinnen. Das ist gerade in Zeiten wie diesen irrsinnig wichtig. Wir schauen drauf. Sie (in Richtung FPÖ) schauen nicht drauf, Sie schauen lieber FPÖ-TV, das können Sie auch gerne weiter machen. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Schau es dir auch mal an! Schau mal rein! Wertfrei! – Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Wir würden ja SPÖ 1 auch schauen, aber das gibt es halt noch nicht! Wir warten darauf!) – Ja, darauf freuen wir uns alle. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Das steht nur auf einer Excel-Liste!)

Der zweite Teil dieser Novelle betrifft das ORF-Beitragsgesetz. Das ist eine Reform, die zeigt, dass Medienpolitik auch alltagstauglich sein kann. Unternehmen, die mehrere Standorte betreiben, mussten bis jetzt den ORF-Beitrag mehrfach zahlen. Das war bürokratisch, das war vollkommen teuer und das war nicht effizient und auch nicht treffsicher. Diese Doppel- und Dreifachbelastung fällt jetzt weg. Damit entlasten wir rund 20 000 Betriebe in ganz Österreich und das ist ein wichtiger und richtiger Schritt.

Insgesamt lässt sich schon sagen – ich weiß, Sie werden mir wieder nicht zustimmen, aber ich sage es ganz klar –: Diese Novelle schafft schon viel! Sie schafft nämlich mehr Unabhängigkeit, sie schafft weniger Bürokratie und sie schafft auch echte Entlastung für eben genau diese Betriebe, die betroffen sind. Das ist doch wirklich unterstützenswert, denn so schafft sie auch Vertrauen – das Thema, das wir gerade schon hatten. Denn Politik muss eben nicht überall mitreden, auch wenn wir gerne überall mitreden – bei jedem Kollegen und jeder Kollegin, die gerade am Wort ist, gerne mitreden. Unabhängigkeit ist auch der beste Schutz für die Demokratie, für die Medien und am Ende des Tages auch für die Meinungsfreiheit. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

15.36 

Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächster hat sich Herr Vizekanzler Andreas Babler zu Wort gemeldet. – Ich erteile es ihm.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.