RN/80
17.03
Bundesrat Dr. Manfred Mertel (SPÖ, Kärnten): Sehr geschätzter Herr Bundeskanzler! Lieber Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geschätzte Fraktionsvorsitzende! Ich erwähne das deshalb, weil ich selbst bei der Reise nach Helsinki dabei war und dir, glaube ich, eigentlich gratulieren muss, dass Österreich sich dort sehr toll verhalten hat. Das ist auch dankenswerterweise durch die Begleitung von Herrn Spanring und meiner Kollegin Claudia Arpa gelungen, die die Delegationsleitung innegehabt haben. Ich glaube, wir haben uns in Helsinki sehr gut präsentiert.
Genau das wünsche ich mir auch in den Debatten: dass wir zwar unterschiedlicher Meinung sein können, wir aber stets mit einer Sprache und vor allem hinsichtlich der Zielsetzung mit einer Sprache sprechen. Die Zielsetzung kann nur lauten, wir haben das heute auch gehört, das möchte ich gerne erwähnen – junge Kolleg:innen haben heute gesprochen und auch Kollege Schwindsackl als Vertreter der älteren Generation - - (Bundesrat Schwindsackl [ÖVP/Stmk.]: ...! Für immer jung! – Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.) – Nein, das möchte ich jetzt wirklich sagen: Es war eine Wohltat. Ich habe mich nicht zu Wort melden müssen, aber ich habe zugehört, und das war für mich sehr begeisternd, dass man aus allen Fraktionen tolle Beiträge gehört hat. Auch der steirische Präsident – er ist jetzt nicht im Raum – hat mir den Anlass gegeben, mich heute grün zu kleiden; die rote Krawatte steht heute ausnahmsweise nicht für die SPÖ, sondern für den GAK. (Heiterkeit und Beifall bei Bundesrät:innen von SPÖ, ÖVP und FPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ].)
Da bin ich auch gleich ein bisschen beim Thema: Ich erinnere mich, als ich selbst im Kader des GAK war, dass wir oft Mitspieler gehabt haben, die alles besser gewusst haben und sich oft sehr wortstark dagegen aufgelehnt haben, wenn sie in einer Mannschaft nicht berücksichtigt wurden.
Ich möchte das ein bisschen unterstreichen, was heute der Bundeskanzler der Republik Österreich gesagt hat. Es ist ein Jahr nach der Wahl und 30 Prozent haben der FPÖ das Vertrauen ausgesprochen. Es gibt zwei Theorien: Ihr Trainer hat damals gesagt, wir machen es nicht. Entweder hat er sich das nicht zugetraut, oder er hat ein anderes Konzept und wartet, bis ihm die Bevölkerung in einem höheren Maß den Zuspruch gibt. Was dann kommt, wissen wir alle nicht, denn das Programm kennen wir letztendlich nicht. Wir haben es auch vor der Wahl nicht gekannt, aber wir haben jetzt doch einige Positionen gehört, wo die FPÖ vieles kritisiert, ohne einen konkreten Vorschlag zu machen.
Kollege Spanring, erlauben Sie mir, das noch einmal zu erwähnen – Sie haben das irgendwann heute in einer Rede gesagt –: Es ist eigentlich befremdend, dass es nur drei Punkte gibt. Ich muss sagen: Diese drei Punkte, die diskutiert worden sind, auch in der Debatte mit dem Landeshauptmann, aber auch in der Aktuellen Stunde mit der Staatssekretärin im Finanzministerium, haben uns gutgetan. Ich habe mir selbst gedacht: Vielleicht sind weniger Punkte oft wichtiger: dass wir uns austauschen, dass wir mehr über konkrete Probleme reden, als uns in Einzelfälle zu verstricken, die eigentlich nur am Rande eine gewisse Bedeutung haben.
Da möchte ich schon erwähnen, dass man nicht die Politik allein zur Verantwortung ziehen kann, wenn wir weniger Gesetze zu beschließen haben, sondern dass auch die Parlamentsmitarbeiter und vor allem auch die Mitarbeiter:innen in den einzelnen Ministerien sehr, sehr viel geleistet haben in den letzten Monaten und dass auch sie ein Recht haben, Urlaub zu machen, um sich zu erholen, um letztendlich wieder mit voller Kraft dabei zu sein. Ich glaube, das würde einen Applaus verdienen – einen Applaus für all jene, die sich für die Demokratie hundertprozentig einsetzen und außerhalb der politischen Landschaft stehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei Bundesrät:innen der FPÖ sowie der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ].)
RN/80.1
Wenn ich jetzt zu diesem Thema komme, so darf ich trotzdem noch einmal dem Präsidenten aus der Steiermark gratulieren. Bei der Besichtigung des Schlosses Stainz ist mir ein ganz wichtiger Satz aufgefallen, den Erzherzog Johann gesagt hat: Bildung und Arbeit sind der Busen für die Ernährung unseres Staates. Das hat mich sehr - - (Bundesrat Repolust [FPÖ/Stmk.]: Brüste!) – Brüste, ja genau, die Brüste. Du hast das auch gelesen? (Bundesrat Repolust [FPÖ/Stmk.] hält zwei Finger in die Höhe.) – Also ich korrigiere: Es waren die Brüste, es war nicht der Busen (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von SPÖ, ÖVP und FPÖ), aber es geht eher um diese Aussage, die uns letztendlich begleiten muss, denn ich glaube, wir müssen bei dem ansetzen, was uns heute die Jugend vorgegeben hat, die gesagt hat, sie möchte diese Bildung.
Die Finanzstaatssekretärin hat davon gesprochen, wie wichtig Fiskalbildung, wie wichtig Geldpolitik auch für die Bildung schlechthin beziehungsweise für den Wettbewerbsstandort Österreich ist. Ich glaube, es ist einfach notwendig, zu sagen, wir müssen auch wieder aus dieser Teuerung herauskommen – und die Gründe dafür sind ja vielfältig.
Ich darf vielleicht nur noch einmal anmerken, dass 2017 Bundeskanzler Kern mit seinem Vizekanzler Mitterlehner einen sehr stabilen Haushalt übergeben hat. Was dann gekommen ist, Frau Kollegin Steiner – Marlies Steiner ist, glaube ich, jetzt nicht da –, dazu muss man schon auch sagen, dann ist es mit der Verschuldung letztendlich richtig losgegangen.
Heute geht es nicht mehr darum, über die Vergangenheit zu sprechen, sondern es geht jetzt wirklich darum, über die Zukunft zu sprechen. Ich glaube, es ist wichtig, alle hier einzuladen, dass wir Fiskalpolitik gemeinsam verstehen, dass wir Fiskalpolitik gemeinsam machen. Ich selbst als Vertreter der älteren Generation mache eine kritische Anmerkung, dass, wenn bei der Konsolidierung letztendlich schon 2 Milliarden Euro von den Pensionisten erbracht worden sind und dem gegenüber 550 Millionen Euro von den Energieversorgern und von den Banken stehen, das ein Missverhältnis ist, das die ältere Generation nicht hundertprozentig versteht, aber die ältere Generation – vor allem jene, deren Pensionen über 2 500 Euro liegen – sagt sich: Ich bin bereit dazu, wenn ich auch eine dementsprechende Gegenleistung bekomme. – Die Gegenleistung kann nur heißen, in Bildung zu investieren, in Innovation zu investieren, aber auch in die Gesundheit zu investieren, in die Prävention zu investieren, um letztendlich die Teuerung auch dementsprechend abzufedern.
Die Teuerung abzufedern, heißt auch – Herr Bundeskanzler, Sie haben es mehrfach gesagt –, wir sollten mit unserer Abgabenquote herunterkommen. Das ist natürlich ein Ziel, das wir haben, aber wenn wir mit der Abgabenquote herunterkommen wollen, müssen wir auch im Wettbewerb stärker werden, müssen wir auch dementsprechend viel exportieren können, und exportieren können wir wiederum nur, wenn wir unsere Bildung stärken.
Das sind also wichtige Faktoren, die wir verstehen müssen, die wir auch unserer Jugend erklären müssen: dass es nur geht, wenn wir stärker werden, wenn wir in Europa stärker sind, wenn wir mit unserer Jugend eine wichtigere und bedeutendere Rolle in Europa haben; dass wir bereit sind, dafür auch etwas zu leisten, dass wir dafür auch unseren Arbeitseinsatz zur Verfügung stellen.
Da, muss ich auch wieder sagen, ist die Sozialpartnerschaft natürlich ein wichtiges Instrumentarium, damit alle dafür auch die dementsprechende Gegenleistung von den Unternehmern bekommen und ihren Anteil haben. Ich ziehe noch einmal einen Vergleich aus dem Sport. Im Sport war es immer so: Mannschaftssport war immer das Maß dafür, dass man gesagt hat, alle meine Mitspieler müssen auch etwas zu essen haben, müssen sich auch gut ernähren können, denn allein kann ich den Erfolg nicht bringen. – Das ist auch in einem Staat so. Wir müssen immer sagen: Wenn es zu Teuerungen kommt, müssen sich im Kampf dagegen auch alle daran beteiligen.
Ich darf noch einmal sagen, Herr Bundeskanzler, auch wenn Sie sich jetzt dagegen verwahren, über Vermögensbesteuerung und Erbschaftssteuer zu reden (Bundesrat Thoma [ÖVP/Vbg.]: Ja, ja!): Das ist auch nicht meine Diktion, aber es ist mein Auftrag – und verstehen Sie mich nicht falsch –, als Vertreter der älteren Generation doch zum Nachdenken anzuregen, dass wir unser Steuersystem irgendwie werden verändern müssen. Selbst die kleinen Betriebe, die fünf oder zehn Mitarbeiter haben, sind irgendwo in einer ungünstigeren Wettbewerbsposition als jemand, der alleine am Laptop seine Arbeit erledigen kann. Auch diese Kleinunternehmer müssen wir mit in die Zielvorstellung nehmen, ihnen zu helfen, damit es auch zu einer Abfederung der Teuerungswelle kommt.
Sie haben im Zusammenhang mit der Teuerungswelle viele Dinge angesprochen, die die Bundesregierung letztendlich vorhat. Ich möchte auch sagen: Ich kenne die Bücher von Herrn Finanzminister Marterbauer, weil ich sie in meiner beruflichen Funktion oft gelesen habe, und ich glaube, dass Österreich da im Finanzministerium wirklich einen Experten hat, der weiß, wovon er redet. Er hat nicht nur unsere vollste Unterstützung, sondern auch unser vollstes Vertrauen, dass wir gemeinsam eine Fiskalpolitik machen, die momentan vielleicht den einen oder anderen trifft, aber Fiskalpolitik auf höherer Ebene braucht auch Zeit, bis sie greift.
Ich glaube, die Bereitschaft, wieder für Österreich zu arbeiten, sich ins selbe Boot zu setzen, wäre auch ein Auftrag für die FPÖ, mitzutun – so wie Sie in Helsinki gezeigt haben, dass man in Gemeinschaft sehr wohl etwas bewegen kann.
Aus diesem Grund darf ich Sie, Herr Bundeskanzler, als Vertreter der gesamten Regierung auch ersuchen, dass Sie diese ältere Generation verstehen, diejenigen, die jetzt über 2 500 Euro an Pensionsleistung bekommen und keine hundertprozentige Abgeltung bekommen, dass sie nicht um den Euro ringen, sondern jedenfalls Gegenfinanzierungen haben möchten – so wie man immer in der Politik sagt: Ich lasse da die Steuern nach, wo ist die Gegenfinanzierung? – Sie möchten haben, dass es keinen Sozialbetrug gibt; dass es letztendlich bei den Banken wieder mehr Sicherheit gibt; dass man gegen Konkurse bei manchen Unternehmern auftritt, bei denen es im Endeffekt schon zu einer Liebhaberei geworden ist, weil sie dann irgendwo wieder aufkommen und jeder dann das Gefühl hat, er zahlt dafür. Ich glaube, da brauchen wir konsequentere Regeln.
Wir brauchen auch mehr Bewusstsein für unsere Vorbildwirkung: dass wir selbst vorleben, was wir eigentlich von unseren Mitmenschen alles erwarten können. Ich glaube, was unsere gemeinsame Aufgabe ist, ist Bildung, und Bildung hängt immer mit der Formung von Persönlichkeiten zusammen. Ich bin der Meinung, wir müssen jetzt extrem in das Bildungssystem investieren, um auf lange Sicht dieses Loch zu stopfen, denn wir sind in diesem Spannungsfeld, ein immenses Budgetloch zu stopfen. Wir wissen auch, dass die Maastrichtkriterien nicht so ohne Weiteres umgangen werden können, weil wir auf europäischer Ebene den Euro stärken müssen, einen stabilen Markt brauchen, und wenn wir einen stabilen Markt haben, dann sind wir auch ein wettbewerbsfähiges Land.
Ich glaube, das sind wichtige Punkte, die man auch von der älteren Generation anmerken darf: dass man eine Bundesregierung hat, der man Vertrauen schenkt. Gestatten Sie mir aber trotzdem auch: Die Kritik der Pensionisten ist jene, dass man nicht gut mit ihnen kommuniziert hat und sich vielleicht vieles an Unklarheiten, die man dann letztendlich doch ausgeräumt hat, hätte ersparen können.
In diesem Sinne ist es wichtig, die Teuerung ernst zu nehmen, Maßnahmen zu ergreifen – ich habe Ihnen genau zugehört, Sie haben Vorschläge eingebracht. Ich vertraue Ihnen, ich vertraue auch unserem Finanzminister und seiner Staatssekretärin, dass es in Bälde dementsprechende Maßnahmen geben wird, die wir auch spüren werden, die der einzelne Verbraucher auch spüren wird.
Ich darf nur nochmals ersuchen, dass Sie diesen Satz ernst nehmen: Bildung und Arbeit sind die Brüste, die den Staat nähren. – Das habe ich jetzt, glaube ich, richtig gesagt: sind die Brüste, die den Staat nähren. Das ist, glaube ich, ein Auftrag, der Jung und Alt verbindet, und ich kann nur sagen: Die ältere Generation wird nach wie vor ihren Beitrag leisten, wenn sie sieht, dass es auch Gegenfinanzierungen gibt. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Mertel [SPÖ, Ktn.] reicht Bundeskanzler Stocker auf dem Weg zu seinem Sitzplatz die Hand.)
17.18
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag. Kittl. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.