RN/62
14.34
Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Frau Staatssekretär! Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Die jetzt zu behandelnden Tagesordnungspunkten beweisen, dass die Kurzbezeichnung der Bundes-ÖVP für Österreichvernichtungspolitik steht, Politik zur Vernichtung der Landwirte, zur Vernichtung der österreichischen Wirtschaft und zur Belastung der österreichischen Bevölkerung. In Zahlen gegossen bedeutet das: eine Reduktion von 368 000 landwirtschaftlichen Betrieben im Jahr 1995 auf mittlerweile – der Letztstand der Statistik Austria – 87 000 (Ruf bei der FPÖ: Das ist ein Wahnsinn!), wahrscheinlich 7 000 Konkurse österreichischer Firmen im Jahr 2025, eine durch die Verliererkoalition verursachte und mit den falschen Mitteln behandelte Inflation in der Höhe von 4 Prozent, die das tagtägliche Leben der österreichischen Bevölkerung massiv belastet und sie vor teilweise unlösbare finanzielle Probleme stellt.
Als im Zeitraum 1995 bis 2000 – nach dem Beitritt zur EU – die Produktpreise für die österreichischen Landwirte massiv gesunken sind, mit dem Öpul-Programm die Stilllegung von landwirtschaftlichen Agrarflächen unter dem ÖVP-Regime zwingend vorgeschrieben wurden, gleichzeitig die ÖVP-Werbemaschinerie zum Thema Biogas anlief, es gleichzeitig die Möglichkeit gab, die vorgeschriebenen Stilllegungsflächen für angebauten Mais für Biogasanlagen zu nutzen, haben sich sehr viele Landwirte dazu entschlossen, sogenannte Nawaro-Biogasanlagen zu errichten und einen Ausweg aus der Misere zu finden.
Eines war damals schon klar, dass nämlich für die Biogasanlagenbetreiber, sobald diese Regelungen entfallen, das wirtschaftliche Überleben am seidenen Faden hängt. Zur Erklärung: Man muss da zwischen sogenannten Nawaro-Anlagen, die nur mit landwirtschaftlichen Produkten betrieben werden, Kofermentationsanlagen, die mit einer Mischung von landwirtschaftlichen Produkten und Abfällen betrieben werden, und reinen Abfallanlagen unterscheiden. Das ist wesentlich. Dieser wesentliche Unterschied wurde aber vonseiten des Gesetzgebers laut den Experten im Wirtschaftsausschuss nicht erhoben, erhoben wurde lediglich, dass es 37 Anlagen betrifft, deren Vertrag im Jahr 2026 ausläuft, Thema war auch nicht, ob diese erwähnten 37 Anlagen die Kriterien erfüllen, ob diese Biogasanlagen über oder unter 250 Kilowattstunden produzieren oder ob sie bis zum möglichen Einleitungspunkt bis 10 Kilometer oder mehr entfernt sind. Diese Punkte sind aber wesentlich, um die Wirtschaftlichkeit darstellen zu können.
Begonnen hat es ja 1995 mit Zehnjahresverträgen mit garantierten Strompreisen, bezahlt von der Oemag. Dann gab es die Regelung mit 13 Jahren, eine weitere Regelung, dass, wenn man bis 30.6.2012 50 Prozent der Erstinvestition neu investiert und anschließend einen Bescheid der Behörde für die Neuanlage von Betreibern erreicht wird, ein neuer geförderter Stromabnahmevertrag für 15 zusätzliche Jahre erreicht werden kann.
Was ist in der Zwischenzeit passiert? – In der Zwischenzeit wurde die Regelung mit dem Anbau auf Stilllegungsflächen gekippt und die Nawaro-Biogasanlagen mussten und müssen sehr viel Geld in die Hand nehmen, um Material zur Vergärung zu bekommen. Ohne hohe Förderungen ist kein Betrieb dieser Nawaro-Anlagen möglich.
Um das Sterben der landwirtschaftlichen Anlagen, aber auch einiger Kofermentationsanlagen hinauszuzögern, hat die Vorgängerbundesregierung mit 2022 plakativ ein neues Gesetz beschlossen. In der Meinung, ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz auszuarbeiten, wurden von der Vorgängerbundesregierung weitere Übergangsfristen und Versprechungen an die Betreiber abgegeben.
Es wurden von den Betreibern mehrere Zigtausende Euro für die Planung ausgegeben und das alles verstaubt im Endeffekt aufgrund der Unfähigkeit der Vorgängerbundesregierung in den Schreibtischladen und in den Firmentresoren. Es ist aber auch die neue Bundesregierung, die auch bereits seit acht Monaten, Frau Staatssekretär, im Amt ist, genauso unfähig und bringt genauso wenig zusammen. Mittlerweile geht das vierte Jahr zu Ende, die Übergangsfrist im damals Niedergeschriebenen betrug drei Jahre plus zwei mit der Umsetzung. Einige innovative Betreiber haben ihre Anlagen von Haus aus als Abfüllanlagen errichtet oder zu einem späteren Zeitraum umgerüstet; diese werden wirtschaftlich bestehen.
Derzeit werden zum Beispiel am Spotmarkt 8,10 Cent pro Kilowattstunde elektrisch erzielt. Viele der Biogasanlagenbetreiber haben Verträge, mit denen sie 22 Cent pro Kilowattstunde elektrischer Energie von den Netzbetreibern bekommen. Wenn die Betreiber mit großem finanziellen Aufwand einen Umstieg auf Gaseinspeisung umsetzen, liegen die Kosten – ohne Leitungsbau der Einspeiseleitung, für den die Kosten, je nach Leitungslänge, im sechs- bis siebenstelligen Bereich liegen – für die Gasaufbereitung bei einer Anlage, die circa 700 Kubikmeter Biogas, somit 350 Kubikmeter mit Erdgasqualität – sprich mit 97,2 Prozent Methan – produziert, ebenfalls im siebenstelligen Bereich. Werden 0,12 Cent pro Kilowattstunde Brennwert erzielt – wenn man das auf den Strompreis elektrisch umrechnet –, dann ist das ein Erlös von 28 Cent pro Kilowattstunde.
Zügige Planungsprozesse und anschließende Genehmigungsprozesse – wenn es überhaupt umsetzbar ist; wie wir vorhin gesagt haben, muss man ja erst einmal schauen, wie weit weg und so weiter, wie groß die Anlage ist – dauern bestenfalls vier bis fünf Jahre. Somit ist der im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagene Zeitraum von 18 Monaten realitätsfremd.
Wir als Freiheitliche Partei setzen uns für eine Energiepolitik mit Hausverstand, für eine Energiepolitik, die die Wirtschaftlichkeit und Leistbarkeit im Blick hat und für eine Energiepolitik mit Verlässlichkeit ein. (Beifall bei der FPÖ.)
Das sind für uns die wesentlichen Kernelemente. Nur so wird Energiepolitik tatsächlich erfolgreich sein und funktionieren. Denn: Was ist unser Ziel? – Wir sind auf der Suche nach günstigen, leistbaren Energiepreisen. Darüber, wie wir dorthin kommen sollen, haben wir halt hier im Plenum unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Wege.
Energiepreis, Netzkosten, Steuern und Abgaben – das kann man ja im Wesentlichen als Drittel sehen. Jeder Teil für sich macht am Ende des Tages auf der Energierechnung ungefähr ein Drittel aus. Das heißt im Hinblick auf das Thema Steuern und Abgaben: Das ist ein Drittel. Darin enthalten ist die Erdgasabgabe, die in Österreich, Frau Staatssekretär, fünfmal höher ist als die EU-Empfehlung. Wenn diese Bundesregierung die sonst von ihr in allen Bereichen gelebte EU-Hörigkeit auch bei diesem Thema leben und der Empfehlung der EU Folge leisten würde, könnten Sie die Erdgasabgabe dementsprechend senken. Warum, Frau Staatssekretär, setzen Sie das nicht zum Wohle der österreichischen Bevölkerung, der österreichischen Wirtschaft um? Ebenso bei der Elektrizitätsabgabe: Diese ist nicht wie die Erdgasabgabe nur fünfmal so hoch, sondern diese ist 15-mal höher als es die EU vorsieht. Zusätzlich kosten der im EAG vorgesehene Erneuerbaren-Förderbeitrag und die Erneuerbaren-Förderpauschale gesamt 1 Milliarde Euro.
Der Betrag dafür wird ebenfalls durch Steuern und Abgaben an den Staat übermittelt. Darin enthalten ist natürlich auch die CO2-Bepreisung, die ja mit 5 Euro pro Tonne begonnen hat und jetzt – mit Faktor zehn – bei 50 Euro pro Tonne liegt. Prognosen zeigen uns, dass natürlich auch dieser Bereich stark steigen wird. Nach Ihrer Vorstellung wird ja die CO2-Bepreisung noch zusätzlich im Verkehrsbereich und bei der Gebäudewärme voll eingeführt.
Das, was hier heute mit dem SAG beschlossen wird, ist unserer Ansicht nach zwar ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ich möchte darauf hinweisen, dass es neben den energieintensiven Unternehmen auch sehr viele andere Unternehmen gibt, die ebenfalls wertvolle Arbeit für Österreich leisten. Auch in der Lebensmittelindustrie, beim Backen, beim Kühlen, brauchen wir viel Strom; oder auch am Bau, beim Ziegelbrennen und so weiter, braucht man viel Energie, und die Bauwirtschaft wird dementsprechend genauso Unterstützung brauchen – dies wird aber leider im vorliegenden Entwurf nicht berücksichtigt.
Das vorgelegte SAG schreibt unter anderem vor, dass der konkrete Investitionsumfang für Investitionen in Energieeffizienz beziehungsweise Dekarbonisierungsmaßnahmen mindestens 80 Prozent der gewährten Fördersumme betragen muss. Kurz zusammengefasst: Die für die Jahre 2025 und 2026 zur Verfügung gestellten 75 Millionen Euro pro Jahr sind wie gesagt ein Tropfen auf den heißen Stein, aber ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Ein Anliegen wäre mir noch – wir haben es ja auch im Ausschuss wieder gehört – das Thema Wasserstoff: Die Wasserstoffstrategie ist eine Sache, die immer wie ein Stiefkind behandelt wird. Es steht zwar in irgendwelchen Unterlagen, in irgendwelchen Regierungsprogrammen, aber wenn es hart auf hart geht, wird nichts in diese Richtung gemacht. (Zwischenruf der Bundesrätin Arpa [SPÖ/Ktn.].) Wir sind im Jahr 2025 und stehen vor der Situation, dass zum Beispiel in Kitzbühel – und das ist, glaube ich, wesentlich für alle Gemeinden; wir sind ja eine Länderkammer und Vertreter der Gemeinden – das erste Mal in einer Kläranlage aus Abwasser Wasserstoff – aus 0,5 Liter 1,8 kW – produziert werden kann. Das ist von der Firma – darf ich nicht sagen –, aber es ist in Kitzbühel gestartet worden, und ich glaube, das ist ein großer Erfolg, und es wäre ein großer Erfolg, wenn wir das in allen Gemeinden in allen Kläranlagen einsetzen und aus dem Problemstoff – Kläranlage – im Endeffekt noch jede Menge Wasserstoff produzieren könnten. Nur leider schläft diese Bundesregierung. Vielleicht könnten wir sie aus dem Tiefschlaf wecken, und vielleicht könnte man auch diese Anlagen unterstützen, weil sehr viele unserer Gemeinden so umweltgerecht Wasserstoff produzieren könnten. Das wäre die richtige Richtung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
14.47
RN/62.1
Vizepräsident Michael Wanner: Ich erinnere an die freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten und bedanke mich bei allen, die sich daran halten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Sandra Lassnig. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.