RN/94
17.14
Bundesrat Herbert Kober (FPÖ, Steiermark): Geschätzter Herr Vizepräsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Geschätzte Österreicher! Österreich steht heute, 70 Jahre nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages und 70 Jahre seit der Gründung des jetzigen österreichischen Bundesheers, an einem sicherheitspolitischen Scheideweg. Unserem Land, das nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges eine einzigartige und erfolgreiche außenpolitische Position eingenommen hat, droht, seine sicherheitspolitische Identität zu verlieren. Diese Identität, geschätzte Damen und Herren, heißt Neutralität. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir haben heute das Gesetzesblatt, worauf das fußt, schon gesehen, aber Neutralität darf nicht nur auf dem Papier bestehen, sie muss gelebt werden und sie muss von uns allen hier herinnen, aber auch von den Österreicherinnen und Österreichern verteidigt werden – verteidigt mit einer starken Haltung, verteidigt mit einer Überzeugung und verteidigt mit einem starken Bundesheer.
Sehr geehrte Damen und Herren im Bundesrat! Geschätzte Österreicher! Neutralität ist keine Phrase, sondern das Versprechen von Frieden und Souveränität. Neutralität bedeutet nicht Gleichgültigkeit, Neutralität bedeutet Unabhängigkeit. Sie bedeutet, dass wir uns nicht in fremde Konflikte einmischen, dass wir weder militärisch noch politisch noch wirtschaftlich an solchen Handlungen teilnehmen. Geschätzte Damen und Herren, Neutralität bedeutet, dass Österreich seine außenpolitische Linie selbst bestimmt, nicht Brüssel, nicht Washington und auch nicht Moskau. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir Freiheitliche sagen ganz klar: Neutralität ist kein Ballast, sie ist unser Schutzschild. Dieser Schutzschild ist nur dann wirksam, wenn er von einem starken, funktionsfähigen, modernen Bundesheer getragen wird. Doch was hat die Politik in den letzten Jahrzehnten aus unserem Bundesheer gemacht? – Ein Sparobjekt, einen Prügelknaben in Budgetdebatten, eine Institution, die mit immer weniger Mitteln immer mehr Aufgaben zu erfüllen hat. Seit den Neunzigerjahren wurde unser Bundesheer systematisch kaputtgespart. Ihr wisst es alle aus den Medienberichten: Kasernen wurden geschlossen, Gerät war veraltet, Rekrutenzahlen sanken und die Miliz – das wurde heute auch schon angesprochen –, das Rückgrat unserer Verteidigungsfähigkeit, wurde praktisch entwaffnet. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es steigen aber gleichzeitig die sicherheitspolitischen Herausforderungen – von hybriden Bedrohungen über Cyberangriffen bis hin zu massiver Migration und zunehmenden globalen Spannungen. Diese Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind beim Bundesheer spürbar. Man muss es deutlich sagen: Die sicherheitspolitischen Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind gravierend, und sie sind hausgemacht. Jahrzehntelang wurde das Verteidigungsbudget zusammengestrichen, bis das Bundesheer buchstäblich am Boden lag. Große Beschaffungsvorhaben wurden aus parteipolitischen Gründen blockiert oder verschleppt. Die Miliz, ein stolzer Bestandteil unserer Landesverteidigung, wurde praktisch entkernt. Soldaten und Grundwehrdiener mussten mit veralteter Ausrüstung, maroder Infrastruktur und minimaler Wertschätzung ihren Dienst versehen. Neutralität braucht Stärke. Das bedeutet, ein starkes, modernes Bundesheer ist eine Notwendigkeit für unser Land.
Wir Freiheitlichen fordern daher seit Jahren: erstens, eine massive Aufstockung des Verteidigungsbudgets auf das europäische Mindestniveau von 1,5 Prozent des BIP (Beifall bei der FPÖ – Ruf bei der ÖVP: Das passiert ja!) – dazu komme ich dann noch später; zweitens, eine Stärkung der Miliz, damit im Krisenfall eine echte Landesverteidigung möglich bleibt; drittens, Investitionen in moderne Ausrüstung, Cyberabwehr, Katastrophenschutz; viertens, eine echte Aufwertung des Grundwehrdienstes mit besserer Ausbildung, besserer Bezahlung und einer gesellschaftlichen Anerkennung, denn unsere Soldaten verdienen Respekt, nicht Mitleid. Sie verdienen eine politische Führung, die zu ihnen steht, keine, die sie als Budgetproblem betrachtet.
Geschätzte Damen und Herren, für uns Freiheitliche ist klar: Wir stehen uneingeschränkt zur immerwährenden Neutralität Österreichs. Wir stehen uneingeschränkt zum österreichischen Bundesheer. Wir stehen uneingeschränkt für die Selbstbestimmung unseres Volkes. Freiheit und Frieden sind keine Geschenke. Sie sind Ergebnisse von Verantwortung, von Wehrhaftigkeit, von Entschlossenheit.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Herausforderungen der Zukunft werden nicht kleiner, aber wir haben alle Voraussetzungen, ihnen zu begegnen, wenn wir den Mut haben, wieder zu unseren sicherheitspolitischen Wurzeln zu stehen, zur Neutralität, zur Souveränität, zum Bundesheer. Darum sage ich: Nur gelebte Neutralität sichert Österreichs Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung – und sie lebt nur dann, wenn wir unser Bundesheer endlich wieder ernst nehmen.
Abschließend, geschätzte Damen und Herren, darf ich kurz noch ein paar Dinge klarstellen. Es wurde vom Herrn Staatssekretär angesprochen, dass die Migrationszahlen im heurigen Jahr auf 13 000 gesunken sind. Das ist natürlich richtig, das steht ja auch in den Statistiken so. Was ist aber Fakt? – Fakt ist, dass seit 2015 bis heuer mehrere Hunderttausend ins Land gekommen sind. Was ist auch Fakt? – Fakt ist, dass viele von den mehreren Hunderttausend – um nicht zu sagen, die größte Anzahl – unserem Budget, unseren Steuermitteln auf der Tasche liegen, und da gehört eingeschritten, geschätzter Herr Staatssekretär. (Beifall bei der FPÖ.)
Es wurde auch beim Familiennachzug und im Zusammenhang mit den wenigen Anträgen gesagt, die Route wurde geschlossen. (Rufe bei der ÖVP: Balkanroute! Das ist schon lange her!) Was ist Fakt? – Fakt ist, dass die ÖVP endlich die Forderungen der FPÖ wahrnimmt und umsetzt. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Was?!) – Schauen Sie in die Steiermark: verschärfte Maßnahmen im Sozialbereich für Asylwerber (Zwischenruf bei der ÖVP), verschärfte Maßnahmen bei der Bezahlkarte – unattraktives Land. Man muss ganz ehrlich sagen, das hält natürlich auch viele ab. Das ist auch ein Grund, warum die Asylzahlen sinken. (Beifall bei der FPÖ.)
Zurück zum Bundesheer: Am 21.10. waren im „ZIB-Talk“ (Ruf bei der ÖVP: ZIB-Tok?) auch der ehemalige Bundesminister Darabos und Herr Cibulka anwesend. Ja, es gehören Reformen beim Bundesheer her. Wir sprechen schon lange davon, und sie müssen aber endlich auch durchgesetzt werden. Ja, man kann darüber nachdenken, wie lange der Grundwehrdienst sein kann. Man kann darüber nachdenken, ob die Miliz wichtig ist. Die Miliz wurde auf ein Mindestmaß von 55 000 Soldaten in der Mobilmachungsstärke reduziert. Ob das reicht, wenn wir uns wirklich verteidigen müssen – unsere Familien, unsere Kinder und unseren Staat –, weiß ich nicht. In diesem Sinn wurden dort sehr wertvolle Informationen gegeben. Ich glaube, auch die Kommission ist auf dem richtigen Weg.
Vielleicht zum Budget des Bundesheeres: Es stimmt (Richtung ÖVP), ja, es wird schrittweise versucht, das Budget anzuheben. Alleine, ich bezweifle, ob die Budgetverhandlungen und der Fahrplan halten. Ich kann nur sagen, ein modernes und starkes Bundesheer wäre für Österreich und für seine Bürgerinnen und Bürger der, sage ich einmal, Garant dafür, dass die Neutralität bleibt und dass man auch die Souveränität des Staates gewährleistet. – In diesem Sinne: Es lebe die Neutralität! Es lebe Österreich! Es lebe das österreichische Volk! (Beifall bei der FPÖ.)
17.24
Vizepräsident Günther Ruprecht: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Antonia Herunter. – Liebe Antonia, ich erteile es dir.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.