RN/107
18.34
Bundesrat Herbert Kober (FPÖ, Steiermark): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Geschätzte Österreicher! Die Kollegin vor mir hat es schon angesprochen, wir reden heute von einer Gesetzesänderung, die auf einen aktuellen öffentlichkeitswirksamen Vorfall zurückgeht; ich brauche darauf jetzt nicht näher einzugehen. Es ist aber wieder so, dass wir aus diesem Anlass die Gesetzesänderung machen, und das ist wieder typisch für die Anlassgesetzgebung der Bundesregierung. Uns wäre lieber, wir würden im Vorfeld Gesetze machen, die das Zusammenleben in Österreich erleichtern und die für alle gleich sind. (Zwischenruf des Bundesrates Ebner [ÖVP/OÖ]. – Bundesrat Beer [SPÖ/W]: Was habt denn ihr für Arbeitnehmer umgesetzt? Welche Maßnahmen habt ihr für die Arbeitnehmer umgesetzt?)
Geschätzte Damen und Herren, zu den freien Dienstnehmern: In den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts kam die Idee der atypischen Beschäftigungsverhältnisse auf, eben die freien Dienstverträge, geringfügig Beschäftigte oder auch Werkverträge. Das damalige System der atypischen Beschäftigungen wurde immer mehr zum kostensparenden Spielball des globalisierten Großunternehmertums. Die sozialen Folgen waren verheerend und spüren wir noch immer. In Österreich gibt es derzeit 14 435 freie Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen. Das sind Menschen, die regelmäßig Leistungen für ein Unternehmen erbringen, aber rechtlich gesehen keine Arbeitnehmer im klassischen Sinn sind. Sie haben keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub, sie haben keine Entgeltfortzahlung vom Auftraggeber im Krankheitsfall, sie haben keinen echten Kündigungsschutz und oft auch keine Planungssicherheit.
Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Diese Menschen tragen viele Pflichten eines Arbeitnehmers, aber sie genießen nicht die Rechte eines Arbeitnehmers, und genau das ist das eigentliche Problem. (Beifall bei der FPÖ.)
Mit der nun vorliegenden Gesetzesänderung wird ein erster kleiner, aber wichtiger Schritt gesetzt. Es wird nämlich eine gesetzliche Kündigungsregel für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer geschaffen. Was das bedeutet, hat die Kollegin vor mir schon ausführlich ausgeführt: mit den Kündigungsregeln, mit dem Probemonat. Es ist ein Schritt in Richtung Fairness, es ist ein Schritt in Richtung Rechtssicherheit und auch ein Zeichen des Respekts gegenüber jenen, die Tag für Tag ihre Arbeit leisten.
Aber, geschätzte Damen und Herren, und das muss ganz offen sagen, diese Novelle ist nicht die große Lösung. Denn nach wie vor gilt für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer: Sie erhalten keine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber, wenn sie krank sind. Sie bekommen Krankengeld von der Österreichischen Gesundheitskasse, und das nach einer gewissen Wartezeit und auch in kleinerem Ausmaß als Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Das ist kein echter Schutz. Wer krank wird, verliert Einkommen, und wer kein Einkommen hat, fällt rasch durch die Maschen des sozialen Netzes. Dazu kommt: Es gibt auch weiterhin keinen Anspruch auf Urlaubsentgelt. Wer eine Pause braucht, sich erholen will, vielleicht um Zeit mit den Kindern zu verbringen, bekommt schlichtweg kein Geld. Das ist in Wahrheit für die Arbeit, die sie machen, nicht zeitgemäß.
Auch in den Papieren des Wirtschaftsbundes wird der freie Dienstnehmer gerne als Mittel präsentiert, günstige Arbeitskräfte einzusetzen. Das ist ein Instrument, mit dem Lohn- und Sozialdumping systematisiert gefördert werden könnte. Wir Freiheitlichen stehen klar dazu: Menschen, die arbeiten, sollen nicht in Unsicherheit leben müssen. Es braucht klare, faire Regeln, aber keine übertriebene Bürokratie. Wir unterstützen daher diesen Schritt, weil er mehr Rechtssicherheit schafft – ja, Frau Ministerin – und die Stellung freier Dienstnehmer verbessert.
Wir Freiheitlichen setzen uns schon seit Jahrzehnten für die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein. Es ist uns ja gemeinsam mit der SPÖ und mit den Grünen – Sie werden sich wahrscheinlich daran erinnern – 2017 gelungen, noch bestehende Ungleichheiten bei den Rechten von Arbeitern und Angestellten endlich zu beseitigen. Insbesondere ging es dabei um Verbesserungen beim Kündigungsschutz für Arbeiter und um einheitliche Regeln für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dafür sage ich zu der SPÖ und den Grünen auch Danke.
Sehr geehrte Damen und Herren, diese Gesetzesänderung ist ein kleiner Schritt, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Wir Freiheitlichen werden dieser Novelle zustimmen, weil sie ein Stück mehr Gerechtigkeit bringt. Wir fordern aber gleichzeitig, dass künftig auch beim Urlaubsanspruch und bei der Krankheitsabsicherung nachgebessert wird, damit der freie Dienstnehmer in Österreich nicht länger der Beschäftigte zweiter Klasse ist.
Oder man überdenkt, ob freie Dienstnehmer in dieser Zeit noch zeitgemäß sind, denn: Wer arbeitet, soll sich auf Sicherheit und Respekt verlassen können, egal in welcher Vertragsform. Bitte, Frau Ministerin, handeln Sie! (Beifall bei der FPÖ.)
18.40
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl. Ich erteile es ihr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.