RN/110
18.50
Bundesrat Sebastian Forstner (SPÖ, Oberösterreich): Danke für das Wort, sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin Schumann! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich muss ganz am Anfang gleich wieder ganz offen und ehrlich mit euch sprechen, damit ihr auch die Hintergründe kennt, warum es mir ein Anliegen war, zu diesem Thema zu sprechen: Ich bin in einer Betriebsratsfamilie groß geworden; mein Vater war lange Betriebsrat bei der Firma OMV in Burghausen, seine neue Partnerin war lang im Betriebsrat im Krankenhaus Braunau – einem der größten Arbeitgeber im Bezirk, das muss man auch dazusagen. Ich habe die große Ehre, meine Kolleginnen und Kollegen der Firma Fischer zu vertreten. Das macht mir Spaß und deswegen ist mir dieses Thema auch ganz, ganz wichtig. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Wie wir schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gehört haben: Mit der heutigen Novelle schaffen wir die Möglichkeit, dass auch freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer durch Kollektivverträge besser abgesichert werden können. Das ist fair, das ist richtig und das ist wichtig. Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das so wichtig? – Nämlich genau dann, wenn wir über das Thema Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall, über Urlaubsanspruch, über Kündigungsschutz, über die Arbeitszeitbeschränkungen oder die Überstundenzuschläge sprechen, wenn wir über all diese Themen sprechen, ist es ganz, ganz wichtig, dass wir diesen Leuten auch die Möglichkeit geben, in einen Kollektivvertrag hineinzukommen. Wie es unsere Bundesministerin schon gesagt hat: Wir werden aus dem Ausland wirklich um diese gute Errungenschaft beneidet. Diese Sozialpartnerschaft, die funktioniert, die ist gut, und darum, glaube ich, muss man dieses System auch aufrechterhalten und darum kämpfen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Ich möchte auch gleich zu Beginn sagen: Das ist ein Schritt, den wir als SPÖ und ich als Arbeitnehmervertreter ausdrücklich begrüßen – und ich möchte mich zugleich noch einmal bei Frau Bundesministerin Korinna Schumann, die so schnell eine Verbesserung für die vielen, vielen freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer erkämpft hat, sehr herzlich bedanken. Man sieht hier wieder, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir streiten nicht, wir arbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)
Eine Sache, die mir wichtig ist – und da möchte ich noch kurz auf die Vorrede Kollegin Geieregger replizieren: Es ist keine „jährliche Valorisierung“, die da stattfindet, sondern das sind Verhandlungen unserer Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die das mit Herzblut machen, die das mit Engagement machen und die immer gute Ergebnisse erzielen. An der Stelle einmal ein ganz großes Danke an alle Betriebsrätinnen und Betriebsräte, die in den KV-Verhandlungen alles für die Belegschaft geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Kollege Kober von der FPÖ hat natürlich auch ein paar gute Punkte angesprochen, aber wir waren uns einig und wir haben das auch in den Betrieben erlebt: So richtig gute Zeiten waren es nicht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn da Vorschläge aus der FPÖ gekommen sind. Ich möchte euch noch einmal ganz herzlich einladen: Schauen wir, dass wir gemeinsam da wirklich etwas zusammenbringen, dass wir Verbesserungen schaffen, weil es wichtig ist. Die Arbeitswelt verändert sich rasant, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich glaube, uns allen – die Frau Ministerin hat es auch gesagt – sitzt der Schock noch so richtig tief in den Knochen, als ein Essenslieferant auf einmal 1 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gekündigt hat und gesagt hat: Ihr könnt gerne wieder kommen, aber dann als freie Dienstnehmer. So, glaube ich, geht man nicht mit unseren Leuten um. Du hast es ganz richtig gesagt, Korinna, das ist nicht die Form, in der wir in Österreich mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgehen wollen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Man muss auch sagen: Viele Menschen arbeiten heute nicht mehr in klassischen Dienstverhältnissen. Sie sind projektbezogen beschäftigt, sie erbringen Leistungen auf Honorarbasis oder in Mischformen zwischen Selbstständigkeit und Anstellung – aber sie leisten Arbeit und sie sollen dafür auch arbeitsrechtlich geschützt und sozial abgesichert werden. In der Praxis bedeutet das: Künftig können Kollektivverträge auch für diese Menschen Mindeststandards schaffen. Das ist mehr als juristische Anpassung; das ist ein Zeichen, dass wir als Gesetzgeber die Realität der Arbeitswelt ernst nehmen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen bedanken, die in den vergangenen Jahren in Sozialpartnerschaft, Kammern und Gewerkschaftsstrukturen daran gearbeitet haben, diese Lösungen möglich zu machen. Das zeigt – ich habe es vorhin schon erwähnt –, Sozialpartnerschaft funktioniert, wenn man sie lässt.
Wir öffnen die Tür für mehr Gerechtigkeit und für mehr Sicherheit in jenen Bereichen, die bisher zu oft im Schatten standen; und ich finde: Das ist eine gute Nachricht für alle Fraktionen, für alle Betroffenen und für alle, die den sozialen Zusammenhalt in unserem Land genauso schätzen, wie ich es tue. Faire Arbeit ist keine Frage des Vertragstyps, sie ist eine Frage des Respekts. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist klar: Soziale Gerechtigkeit ist kein alter Slogan, sie ist der Kompass, an dem wir uns immer wieder ausrichten. Wenn heute eine freie Dienstnehmerin durch einen Kollektivvertrag endlich Standards bekommt, dann ist das Sozialpolitik; und wenn wir miteinander statt gegeneinander Lösungen finden, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das gelebte Demokratie – und darauf kann man stolz sein.
Jetzt komme ich schon zum Schlusswort – lassen Sie mich zum Schluss bitte noch eines sagen –: Diese Reform zeigt, dass Politik nicht immer konfrontativ sein muss, um etwas zu bewirken. Manchmal sind es gerade die stillen, sachlichen Fortschritte, die im Leben vieler Menschen den größten Unterschied machen. Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen über Fraktionsgrenzen hinweg, die an dieser Verbesserung mitwirken und mitgewirkt haben, bedanken. Wir alle stehen in der Verantwortung, dass Arbeit in Österreich nicht nur Leistung bedeutet, sondern auch Wertschätzung, Fairness und Sicherheit. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
18.57
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Ferdinand Tiefnig. Ich erteile es ihm.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.