RN/113

11. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Oktober 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (210 d.B. und 230 d.B. sowie 11696/BR d.B.)

Vizepräsident Michael Wanner: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung. 

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Gabriele Kolar. – Ich bitte um den Bericht.

RN/114

Berichterstatterin Gabriele Kolar: Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hiermit bringe ich den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Oktober 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden.

Der Bericht dazu liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung: 

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Michael Wanner: Frau Kollegin Kolar, danke für den Bericht.

Als Erstes zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Irene Partl. Ich erteile es ihr.

RN/115

19.02

Bundesrätin Irene Partl (FPÖ, Tirol): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kollegen! Liebe Zuseher! Vorweg ein Sommerlochgschichtl: Ich habe es eigentlich nicht ernst genommen und schon fast vergessen, doch weil heute so oft auf mehr Präsenz und Sichtbarkeit von Frauen hingewiesen wurde, wäre zuerst aber einmal Respekt vor Frauen angesagt. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Der Vorarlberger Kollege, der hier heute ganz vehement den Frauenanteil bei Veranstaltungen eingefordert hat, gerade dieser Kollege – Zitat – „staucht Tiroler Kollegin zusammen“. (Heiterkeit der Bundesrät:innen Kittl [Grüne/W] und Thoma [ÖVP/Vbg.].) – So lautet die Überschrift eines Artikels in den „Vorarlberger Nachrichten“ über die Art und Weise, wie dieser Kollege hier mit einer Frau umgegangen ist. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Oh! Uh!)

Er stauchte sie zusammen wegen ihres Dialekts. Hier im Bundesrat hört man bei vielen Reden der Kollegen, aus welchem Bundesland sie kommen. Ich finde das durchaus sympathisch. Wir sind ja schließlich die Länderkammer. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber Sie, Herr Thoma, haben sich für Ihre Kritik einzig eine Frau ausgesucht (Ruf bei der SPÖ: Oh Gott!), so viel zu Ihrem tatsächlichen Frauenverständnis. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Man sieht aber an Ihrem Medienauftritt: Dieser Schuss ist eh nach hinten losgegangen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].)

Nun zum Tagesordnungspunkt: Wieder einmal erleben wir ein Paradebeispiel dafür, wie es diese Bundesregierung schafft, selbst in den kleinsten Bereichen des täglichen Lebens die arbeitenden Menschen weiter zu belasten. Der heute zu behandelnde Beschluss des Nationalrates zeigt deutlich, dass man offenbar glaubt, jeder Cent müsse reguliert, kontrolliert und versteuert werden, sogar das Trinkgeld. In unserem Antrag auf völlige Abgabenfreiheit wurde klargestellt: Trinkgeld ist kein Einkommen. Es ist eine freiwillige Anerkennung für gute Arbeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Trinkgeld ist Anerkennung durch den Gast für Service, Freundlichkeit und Einsatzbereitschaft. (Bundesrätin Kittl [Grüne/W]: Dafür darf der Arbeitgeber weniger zahlen!) Es ist kein Lohnbestandteil, den der Staat regulieren und pauschalieren soll. Und das gilt natürlich auch für das Trinkgeld, das unsere Kleinstunternehmer erhalten – wie Friseurinnen, Würstelstandbetreiber, Taxler und viele andere fleißige Unternehmer. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Beschluss beinhaltet auch die Informationspflicht. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, die Arbeitnehmer über bargeldlos eingenommenes Trinkgeld zu informieren. Das, was wie eine Schutzmaßnahme für Arbeitnehmer klingt (Bundesrätin Kittl [Grüne/W]: Ist es auch!), ist in Wahrheit ein Ausdruck staatlichen Misstrauens gegenüber den Arbeitgebern, vor allen gegenüber den vielen Klein- und Mittelbetrieben in den Dienstleistungsbranchen, in welchen gegenseitiges Vertrauen und die gelebte Praxis seit Jahrzehnten hervorragend funktionieren. Statt klare, einfache Rahmenbedingungen zu schaffen, wird erneut ein Bürokratiemonster installiert, das in der Praxis zu mehr Aufwand, mehr Misstrauen und womöglich zu rechtlichen Grauzonen führt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist realitätsfremde Schreibtischpolitik statt Praxisnähe. Diese Regelungen – zentral verordnet, fern von einer betrieblichen Realität – sind Symptome einer Politik, die den Boden zur arbeitenden Bevölkerung längst verloren hat. Gerade in Zeiten von Personalmangel, hoher Inflation und enormem Kostendruck in den Betrieben wäre Entlastung angesagt, nicht eine zusätzliche, weitere Regulierung mit unnötigem Verwaltungsaufwand. Da stellt sich schon wieder einmal die Frage: Sepp, wo bist du? Sepp, was machst du? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Thoma [ÖVP/Vbg.].)

Das alles dient doch lediglich dazu, marode Sozialversicherungsträger auf dem Rücken jener zu erhalten, die Tag für Tag arbeiten und sich gemeinsam bemühen, ihre Betriebe über Wasser zu halten. Das ist sozial ungerecht und wirtschaftlich kontraproduktiv. 

Wir Freiheitlichen fordern daher klar und unmissverständlich: Trinkgeld muss für alle vollständig beitragsfrei werden. Es darf keine Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Selbstständigen geben. Nach 52 Jahren im Gastgewerbe weiß ich, wovon ich rede: zwölf Jahre Kellnerin, 40 Jahre Wirtin, und immer im Team. (Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]: Von zwölf Jahren als Kellnerin kannst du dir eine Pension leisten?) – Zwölf Jahre Kellnerin, 40 Jahre Wirtin, immer gearbeitet. Und ja, wir erinnern uns auch an den offenen Brief der Wirtschaftskammer, in dem alle Spartenobleute der Tourismusbranche unmissverständlich gesagt haben: Finger weg vom Trinkgeld! Aber was macht die ÖVP, die Partei, die diesen Brief – in der „Krone“ – damals federführend mitgestaltet hat? – Sie stimmt gegen unseren Antrag auf völlige Abgabenfreiheit des Trinkgelds. Das ist pure Heuchelei! (Beifall bei der FPÖ.)

Man gibt sich in den Sonntagsreden wirtschaftsfreundlich und stimmt werktags gegen die Interessen der eigenen Basis. Diese Bundesregierung hat jede Glaubwürdigkeit verloren – anstatt Entlastung gibt es Kontrolle, anstatt Vertrauen Bürokratie, anstatt Wertschätzung Misstrauen. Wir Freiheitliche stehen an der Seite jener Menschen, die mit Fleiß, Einsatz und Herzblut in der Gastronomie, im Handwerk und im Dienstleistungsbereich arbeiten. Sie alle verdienen Dankbarkeit, keine Mehrbelastung – daher: Hände weg vom Trinkgeld! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher stellen wir folgenden Entschließungsantrag: 

RN/115.1

Entschließungsantrag 

der Bundesrät:innen Irene Partl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp den Abgaben auf Trinkgeld – gerade in Zeiten der Teuerung braucht es Entlastung!“ 

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die – neben der bestehenden Steuerfreiheit – die Abgabenbefreiung von Trinkgeldern zu 100 Prozent sicherstellt.“ 


(Beifall bei der FPÖ.)

19.10

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/115.2

TOP11 Unselbständiger Entschließungsantrag: Stopp den Abgaben auf Trinkgeld - gerade in Zeiten der Teuerung braucht es Entlastung! von Irene Partl

Vizepräsident Michael Wanner: Der von den Bundesräten Irene Partl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Stopp den Abgaben auf Trinkgeld – gerade in Zeiten der Teuerung braucht es Entlastung!“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sandro Beer. Ich erteile es ihm.

RN/116

19.11

Bundesrat Sandro Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Werte Zuseherinnen und Zuseher via Livestream! Geschätzte Frau Bundesrätin Partl! Vorweg einmal: meinen größten Respekt für 52 Jahre in der Gastronomie! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ.)

Man muss anerkennen, was die Menschen leisten und man muss das auch sehen. Viele Sachen, die Sie gesagt haben, kann ich sicher unterschreiben, aber man muss auch die andere Seite der Medaille sehen, nämlich: Wir haben jetzt die Situation, dass es endlich einmal Klarheit, Fairness und vor allem Sicherheit für Zehntausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Land braucht, in dem das Trinkgeld – da bin ich nicht ganz Ihrer Meinung – nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung oder eine Geste ist, sondern für die Kolleginnen und Kollegen in der Gastronomie ein ganz wichtiger Teil ihres Einkommens ist. Was wichtig ist, was wir heute sagen können: Trinkgeld bleibt steuerfrei. Das ist richtig und wichtig. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.

Sie haben die Kolleginnen und Kollegen in der Gastronomie, im Tourismus, in den Hotels und in anderen Dienstleistungsbereichen angesprochen, die Tag für Tag ihr Bestes geben, oft zu ungewöhnlichen Zeiten und oft unter sehr herausfordernden Bedingungen. Für sie ist das Trinkgeld ein enorm wichtiger Bestandteil – das haben wir außer Streit gestellt. Es ist höchste Zeit, dass wir eine faire und verlässliche und vor allem einheitliche Regelung schaffen.

Worum geht es aber konkret? – Bisher gab es in Österreich ein sogenanntes Flickwerk: regional unterschiedlich in Pauschalen geregelt, in jedem Bundesland teilweise unterschiedliche Teilbereiche. Eines muss man auch sagen: Seit 2008 ist Trinkgeld sozialversicherungspflichtig. Das ist nichts Neues, das wird jetzt nicht neu erfunden. 

Wir haben ein Regelwerk, in neun Bundesländern gibt es 36 verschiedene Regelungen. Das war sehr unübersichtlich und auch rechtlich unsicher für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die dann im Nachhinein durch Briefe von der ÖGK mit horrenden Nachzahlungen überrascht wurden, die weder vorhersehbar noch planbar waren. Damit ist jetzt Schluss. Künftig gibt es eine bundesweit einheitliche Pauschalregelung mit klaren Beträgen und einheitlichen Kriterien und vor allem transparenter Berechnung. Es gibt unterschiedliche Regelungen, mit oder ohne Inkasso. Bei Kellnern zum Beispiel: Da haben die Kellner mit Inkasso 65 Euro ab 2026 und die Kellnerinnen ohne Inkasso 45 Euro. Diese Beträge sind gerecht angesetzt, transparent, sie berücksichtigen die Tätigkeitsart, die Branchenbesonderheiten und sie sorgen endlich dafür, dass Beschäftigte – egal ob in Wien, in Tirol oder in Kärnten – dieselben Regeln haben und wissen, worauf sie sich verlassen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein wesentlicher Bestandteil, der bisher ein bisschen untergegangen ist: Wir schaffen mehr Transparenz. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Ich bin auch viel unterwegs, ich war auch letztes Wochenende unterwegs und habe mit vielen Kolleginnen und Kollegen in der Gastronomie gesprochen und gefragt: Wie ist das eigentlich, wenn der Chef mit euch bespricht, wie er mit dem Trinkgeld tut? 

Ein massiver Diskussionspunkt war, dass sie nicht immer sehen, wie viel Trinkgeld bei den Kartenzahlungen, die erfolgen, tatsächlich gegeben wird. Da geht es nicht um Misstrauen, da geht es einfach um mehr Fairness. Jetzt ist es so, dass Arbeitnehmer über elektronisch eingenommene Trinkgelder informiert werden, außer das Trinkgeld wird relativ schnell und zeitnah verteilt. Ein wesentlicher Punkt dabei ist vor allem: Bei Verteilsystemen muss der Trinkgeldschlüssel, das sogenannte Tronc-System, bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses bekannt gegeben werden. Diese notwendige Transparenz stärkt das Vertrauen zwischen den Beschäftigten und den Arbeitgebern.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil, der hat mir in Ihrer Rede gefehlt, Frau Bundesrätin Partl, ist, dass man schon darauf schaut, was mit dem Ganzen passiert. Was passiert mit diesen Beträgen oder mit der Bemessungsgrundlage? – Das ist nämlich Teil der Sozialversicherung und beitragspflichtiges Einkommen hat auch künftig höhere Ansprüche, wenn es darauf ankommt. Das ist gerade in diesen Bereichen, in denen die Menschen wirklich nicht viel verdienen, sie wirklich jeden Cent zusammenkratzen müssen, dass sie übers Monat kommen, ganz, ganz wichtig. Da geht es ums Arbeitslosengeld, steigt die Leistung, ist auch das durchschnittliche beitragspflichtige Einkommen höher; beim Krankengeld macht sich das ebenso positiv bemerkbar, denn das Taggeld orientiert sich am Einkommen, von dem Beiträge gezahlt werden; dann haben wir noch das Rehageld und schließlich wird es auch bei der Pension zum Tragen kommen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Neurauter [ÖVP/T].) 

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist auch die Rechtssicherheit – also keine Nachforderungen für die Vergangenheit. Es wird sichergestellt, dass keine Beitragsnachforderungen für Zeiträume vor Inkrafttreten der Neuregelungen gestellt werden können. Damit wird verhindert, dass Betriebe und Beschäftigte nachträglich für Altfälle belastet werden. Das ist ein zusätzlicher wichtiger Punkt, denn die Menschen müssen endlich einmal wissen: Wo stehe ich, was habe ich zu bezahlen und was kommt auf mich zu?

Bei vielen Sachen gebe ich Ihnen recht, das habe ich schon gesagt, aber bei der FPÖ ist es manchmal schwierig. Heute war ich beim Thema freie Dienstnehmer schon positiv überrascht, dass wir wirklich einen einstimmigen Beschluss zustande gebracht haben. Gerade aber bei dieser wichtigen Geschichte, die sozialpolitisch wirklich für die Menschen, für die Arbeitnehmer:innen draußen eine ganz enorme Relevanz hat, da stellt ihr euch hin, schaut euch das an, und findet keinen Fehler. Was passiert dann? – Ihr erfindet einen Fehler, dann macht ihr daraus ein Tamtam. Das ist das, was ich betreffend Ihrer Rede ein bisschen verurteilen muss, denn da geht es darum, dass man den Leuten draußen unnötig Angst macht, ihnen Sachen einredet. – Nein, es geht um eine soziale Absicherung und eine Verbesserung der normalen Situation und vor allem um Rechtssicherheit. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) 

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, was wir erreichen wollen, ist, endlich Klarheit zu schaffen. Wir wollen diese Unsicherheit ausräumen, wir wollen mehr Transparenz statt Willkür. Das war heute auch schon ein großes Thema. Vor allem wollen wir für alle Kolleginnen und Kollegen in diesen Bereichen eine bessere soziale Absicherung. Darum sage ich – das ist mir wirklich ein persönliches Anliegen –: Wertschätzen Sie die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen und geben Sie Trinkgeld, denn Trinkgeld bedeutet Anerkennung, Respekt und Dank. 

Ich bedanke mich bei den Sozialpartnern, die da alle gemeinsam einen Schritt zurückgegangen und einen Schritt vorausgegangen sind und diesen Kompromiss möglich gemacht haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].) 

19.18

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Klara Neurauter. Ich erteile es ihr.

RN/117

19.19

Bundesrätin Klara Neurauter (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen und alle Zuschauer, die – wo auch immer – noch zuschauen und zuhören! Das Trinkgeld war steuerfrei, das Trinkgeld ist steuerfrei und das Trinkgeld wird steuerfrei bleiben. (Beifall bei ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].) 

Da wird so viel Falsches hineininterpretiert und leider auch kommuniziert. Ja, die Sozialversicherungspflicht für eine einheitliche Trinkgeldpauschale ist da. Es ist gut, dass sie da ist. Ich sage das bewusst als Seniorenvertreterin. Durch die Sozialversicherungspflicht erwerben die Betroffenen für diese Pauschale nämlich eine Erhöhung beim Arbeitslosengeld, beim Krankengeld und auch bei der Pension. 

Diese Trinkgeldpauschale hat es ja schon seit 2002 gegeben, nur war es damals eben ein bisserl ein Fleckerlteppich. Seit 2002 wird sie aber in der Bemessungsgrundlage angerechnet. Was es nicht gegeben hat, war der Deckel nach oben – und das lösen wir jetzt. Vergessen wir wirklich nicht, was war: Es gab neun Bundesländer mit eigenen Regelungen, vier Dienstleistungsbereiche, 36 verschiedene Regelungen. Es hat sich niemand mehr ausgekannt, was für wen wo gilt. Das wird durch diese österreichweite Vereinheitlichung erledigt. 

Senior:innen, die lange in der Gastronomie gearbeitet haben, haben mir schon vor längerer Zeit berichtet, dass sie sehr gute Zeiten mit gutem Trinkgeld hatten – das hat aber bei ihrer Pension oder bei anderen Beträgen, wie Arbeitslosengeld oder Krankengeld, keine Rolle gespielt. In der Pensionszeit erkennen sie den Unterschied und bedauern das. Ich bedaure das mit ihnen, aber es ist dann, wie es ist. Deshalb freue ich mich über die Einigung der Sozialpartner und darüber, dass nun Rechtssicherheit für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen hergestellt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Pensionsversicherungsbeitrag mit 22,5 Prozent – geleistet durch den Arbeitnehmer mit 10,25 Prozent und den Arbeitgeber mit 12,25 Prozent – geht auch für diese Pauschale ausschließlich direkt auf das persönliche Pensionskonto des oder der Versicherten. Der versickert nicht in irgendeinem System. (Ruf bei der FPÖ: Na, schon!) Das Trinkgeld soll und muss genau dort ankommen, wo es hingehört: Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die es sich durch Fleiß, durch besondere Kompetenz, durch größeres Serviceentgegenkommen verdient haben. 

Ganz wichtig ist auch – und das hat nichts mit Misstrauen zu tun – Transparenz. So weiß jeder, was er wo bekommt. Es gibt dann auch untereinander kein Misstrauen. Ein Leben lang nach diesen neuen Regeln in der Gastronomie einzubezahlen würde über die gesamte Pensionsdauer sicher eine Pensionsleistung von einigen Tausend Euro bedeuten. Der wahre Raub, so wie Sie (in Richtung FPÖ) es auch als Pensionsraub in Ihrem Entschließungsantrag beschreiben, wäre, dass man das Trinkgeld nicht in die Sozialversicherungsbemessungsgrundlage einbezieht. Das wäre der wahre Pensionsraub. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Bundesrät:innen der SPÖ. – Bundesrätin Kittl [Grüne/W]: Genau!)

Da geht die FPÖ leider ein bisschen sparsam mit der Wahrheit um. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen von ÖVP, SPÖ und Grünen.) Ich bitte um Annahme dieser sozialen Absicherung. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Bundesrat Ruf [ÖVP/OÖ]: Bravo!)

19.23

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile es ihr. 

RN/118

19.23

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin! Trinkgeld – das klingt nach einer Kleinigkeit: ein freundliches: Stimmt so!, ein Lächeln, eine kleine Geste der Wertschätzung. Sobald man sich aber die rechtlichen und sozialen Folgen ansieht, merkt man: Trinkgeld ist alles andere als nebensächlich. 

Da aller guten Dinge drei sind, möchte ich es an dieser Stelle auch noch einmal wiederholen, wie meine Vorredner:innen, Frau Neurauter und Herr Beer: In Österreich ist Trinkgeld lohn- und einkommensteuerfrei, wenn es freiwillig, ortsüblich und nicht vertraglich vereinbart ist. Das heißt, es darf keine Pflichtzahlung sein, dann bleibt es auch steuerfrei. Daran rüttelt überhaupt niemand. Diese Diskussion ist nie geführt worden und ich finde es unredlich, wenn man den Leuten, die ja oft kein Expertenwissen haben, was am Ende netto auf dem Lohnzettel steht, sozusagen versucht einzureden, dass dafür jetzt noch Steuern bezahlt werden müssen. Das stimmt einfach nicht. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Beitragsrechtlich – das haben wir heute auch schon gehört – ist das Trinkgeld aber schon relevant. Das Trinkgeld ist ja aufgrund der Kartenzahlung auch wesentlich transparenter geworden. Früher war das so: Man hat am Ende des Tages das Geld gezählt, das boniert wurde, und der Rest, der übrig geblieben ist, war das Trinkgeld. Kollegin Neurauter hat es schon gesagt, in jedem Bundesland war das irgendwie anders, extrem kompliziert. Jetzt ist es aber so: Durch die Kartenzahlung kann man ziemlich genau feststellen, was das Trinkgeld ist. So ist es zu Nachzahlungen, zu Verwirrungen gekommen. Deshalb muss unbedingt eine Regelung geschaffen werden, damit auch die Sachen, die jetzt noch anstehen und abgewickelt werden müssen, nicht zum Verhängnis für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden – nämlich diese Nachzahlung. 

Diese Rechtssicherheit wird heute geschaffen. Ja, wir haben es schon gehört: Es wurde in der politischen Diskussion auch gefordert, dass Trinkgeld beitragsfrei ist. Das klingt ja auf den ersten Blick sympathisch – was man hat, das hat man. Aber, das haben wir heute auch schon gehört: Wenn man keinen Beitrag zahlt, dann gibt es später auch keinen Anspruch auf Leistung. Wir haben heute auch schon gehört, dass sehr viele Leistungen daran hängen: Es hängt die Pension im Alter daran, es hängt das Arbeitslosengeld daran, es hängt das Krankengeld daran. Wie gesagt, wenn man langfristig denkt, dann muss man schon bedenken, dass es wichtig und wesentlich ist, genau diese Beiträge auch zu zahlen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Wir als Grüne sagen ganz klar, dass das Trinkgeld keine abgabenfreie Lohnkomponente werden darf, denn das würde das System der sozialen Sicherheit schon aushöhlen. Das wäre nämlich ein Geschenk für die Betriebe und ein Verlust für die Beschäftigten. Wenn Trinkgeld kein Beitrag mehr wäre, dann würden – so wie ich es schon gesagt habe, wie es von meinen Vorredner:innen gesagt worden ist – die Pensionistinnen und Pensionisten, die im Gastgewerbe gearbeitet haben, im Alter später weniger Pension erhalten. Deshalb ist es sozialpolitisch völlig absurd, dort keinen Beitrag zu leisten. 

Faire Arbeit muss fair abgesichert sein. Das Trinkgeld bleibt, was es ursprünglich war: eine freiwillige Geste der Wertschätzung, kein notwendiger Teil des Einkommens und schon gar kein Schlupfloch im Abgabensystem. Echte Wertschätzung zeigt sich nicht im Kleingeld auf dem Tisch, sondern – damit das auch noch einmal gesagt ist – in gerechten Löhnen und Sicherheit im Alter und dem Respekt jenen gegenüber, die tagtäglich dafür sorgen, dass unser Alltag funktioniert. 

In diesem Sinne: Wir unterstützen jede Regelung, die Klarheit schafft und soziale Gerechtigkeit stärkt. Eine vollständige Beitragsbefreiung – ich sage es noch einmal – lehnen wir aber entschieden ab, weil sie am Ende auf Kosten der Beschäftigten geht. – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

19.27

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Claudia Arpa. Ich erteile es ihr. 

RN/119

19.28

Bundesrätin Mag.a Claudia Arpa (SPÖ, Kärnten): Herzlichen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zusehende und Zuhörende! Wissen Sie, manche politische Themen beginnen bei einem gemeinsamen Kaffee. Viele von uns beginnen auch ihren Tag genau damit: mit einem Kaffee – und den nehmen wir manchmal auch im Kaffeehaus ein. Das ist dieser kurze Moment zwischen Alltag und Aufbruch. Wenn wir dann zahlen, dann geben wir oft noch einen oder zwei Euro dazu, als kleines Dankeschön für das Service, für die Freundlichkeit – für die Menschen dahinter. Genau um diese Menschen geht es heute. 

Es geht auch um das Trinkgeld. Es geht um eine Reform, mit der die Beschäftigten in unserem Land mit Fairness behandelt werden und die auch mehr Sicherheit bringen wird. Wir haben es schon öfter gehört: Ab 2026 gelten neue einheitliche Regelungen. Ehrlich gesagt, es war wirklich höchste Zeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ruprecht [ÖVP/Stmk.].)

Bisher war das Ganze ja, das wurde schon öfters angesprochen, so etwas – wenn ich es vielleicht ein bisschen salopp formuliere – wie eine österreichische Lösung: in jedem Bundesland etwas anderes. Niemand wusste genau, warum das so ist, aber alle waren sich einig: Logisch ist es nicht. – Das wird jetzt endlich einfacher und auch fairer. 

Bevor da jemand nervös wird – wir haben es heute schon drei- oder viermal gehört –: Das Trinkgeld bleibt steuerfrei! – Liebe FPÖ, manchmal denke ich mir: Ihr seid immer die Partei des kleinen Mannes. (Zwischenruf des Bundesrates Kofler [FPÖ/NÖ].) Ich weiß zwar nicht ganz genau, was der kleine Mann ist; ich nehme an, das sind Menschen, die wenig verdienen. Das ist im Gastgewerbe oft so. Ihr vergesst dann aber wirklich manchmal auf die kleinen Frauen, also auf die Frauen, die wenig verdienen. Deswegen würde ich mir eure Unterstützung wünschen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Deutsch [NEOS/W] und Ruprecht [ÖVP/Stmk.].)

Vielleicht noch einmal dazu: Trinkgeld bleibt steuerfrei, denn was man als Dank bekommt, das bleibt dann auch ein Dank. Nur die Sozialversicherung wird pauschal berücksichtigt. Das heißt, es wird ein durchschnittlicher Betrag angenommen, egal ob im jeweiligen Monat viel los ist oder weniger, ob man die Kaffeemaschine lauter hört oder das Stimmengewirr der Gäste. Davon werden die Sozialversicherungsbeiträge berechnet: einheitlich, automatisch und ohne Aufwand für die Beschäftigten. Ich glaube, das war ja vorher auch schon das Thema, dass es da zu mehr Bürokratie kommt – aber nicht für die Beschäftigten, das muss ich einfach einmal anmerken.

Es gibt ja die zwei Varianten – das wurde auch schon angesprochen –: Für jene, die selbst kassieren, also das Trinkgeld direkt vom Gast bekommen, gelten ab 2026 andere Regelungen als für diejenigen, die nicht selbst kassieren; da ist der Betrag etwas geringer. Diese Beiträge – und das ist, finde ich, wirklich ganz wesentlich und ganz, ganz wichtig – zählen künftig für Pension, Arbeitslosengeld und Krankengeld. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Und das ist der Punkt: ein kleiner Betrag mit einem großen Effekt, denn nach vielen Jahren in der Gastronomie – die Frau Kollegin hat es ja angesprochen, auch sie hat ja lange dort gearbeitet – gibt es mehr Pension, es gibt mehr Krankengeld und es gibt auch, wenn es sein muss, mehr Arbeitslosengeld im Monat. Das ist ein ehrlich verdientes Plus im Leben von Menschen, die Tag für Tag in der Früh schon lächeln, wenn andere noch den ersten Kaffee brauchen, um überhaupt in den Tag zu finden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrät:innen Eder-Gitschthaler [ÖVP/Sbg.] und Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ].)

Geschätzte Damen und Herren, diese Reform schafft Fairness – wir haben es schon gehört –, sie schafft Transparenz und sie zeigt, Solidarität beginnt nicht erst beim Einkommen – auch da könnte man noch ein bissl nachschärfen –, sie beginnt beim Trinkgeld.

Und wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen genau dafür: für Arbeit, die sich lohnt, für Respekt, der sich auf der Lohnabrechnung zeigt, und für ein System, das niemanden vergisst, nicht einmal jene, die Tag für Tag dafür sogen, dass unser Kaffee heiß, unsere Laune besser und unser Tag ein Stück menschlicher wird. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

19.32

Vizepräsident Michael Wanner: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Korinna Schumann. – Bitte.

RN/120

19.32

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Korinna Schumann: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Eine Rede zu diesem Tagesordnungspunkt muss man mit einem Dank an die Beschäftigten in der Gastronomie beginnen, weil sie die Trägerinnen und Träger der berühmten österreichischen Gastlichkeit sind. Ich glaube, das kann man eindeutig so feststellen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen, bei Bundesrät:innen der FPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Ich danke auch vielmals für die inhaltlich so großartigen Reden hier im Bundesrat. Viele Dinge, die diese Regelung jetzt umfasst, wurden sehr genau beschrieben. Das Trinkgeld war, ist und bleibt steuerfrei, keine Frage. Die Bundesregierung hat sich auf eine einheitliche Trinkgeldpauschale geeinigt, und das ist der wichtige Punkt. Wir hatten bisher Trinkgeldpauschalen, die ganz unterschiedlich waren, jetzt haben wir eine Einigung und eine Einheitlichkeit. Das gibt Sicherheit im Betrieb, das gibt auch Sicherheit für die Beschäftigten, und das ist ganz, ganz wesentlich. 

Es ist wichtig, dass die Trinkgelder bei der Beitragsbemessung in der Sozialversicherung als beitragspflichtiges Entgelt berücksichtigt werden. Das ist ganz, ganz wichtig. Sie haben es in Ihren Reden schon gesagt: Das ist wesentlich für das Krankengeld, für das Arbeitslosengeld, das ist auch wesentlich für das Rehabilitationsgeld und genauso auch für das Wochengeld. 

Es wird jetzt einfacher. Das macht es den Arbeitgebern leichter, das macht es aber auch den Arbeitnehmer:innen leichter, und es berücksichtigt sowohl den Erwerbszweig als auch das Ausmaß, in welchem man arbeitet. Das heißt, in der neuen Regelung gibt es eine Deckelung nach oben, die Pauschale ist fix festgelegt, es gibt aber sehr wohl eine Öffnung nach unten, die zu einer Reduktion der Abgaben oder überhaupt zum Entfall der Abgaben führt; auch das ist eine Tatsache. Es wird darauf Rücksicht genommen, dass natürlich auch dort viele Beschäftigte Teilzeit arbeiten – auch darauf stellt die Pauschale ab.

Es bringt auch Transparenz, und das ist schon sehr, sehr wesentlich für die Beschäftigten in diesem Bereich, dass nämlich das Trinkgeld bei der bargeldlosen Bezahlung auch wirklich bei ihnen ankommt, dass sie die Information darüber bekommen, dass sie auch in diesen Systemen, diesen Tronc-Systemen, die sozusagen eine Vergemeinschaftung bei der Abrechnung machen, dann wissen, wie das verteilt wird. Das bringt große Transparenz für die Beschäftigten. Da kann man wirklich nicht dagegen sein. Ich glaube, und auch das ist wesentlich, es bringt auch Transparenz für die Gäste im Gastronomiebetrieb, weil die genau wissen, dass das Geld jetzt auch wirklich dort ankommt, wohin sie es geben wollten, sozusagen als Anerkennung für die Leistung, die im Service erbracht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch eines zu einem Thema sagen, das man hier gerade in Richtung FPÖ sehr wohl bringen und ansprechen muss: Ich erinnere mich noch daran, wie es war, als wir die Coronakurzarbeit hatten, und welche Probleme wir im Gastronomiebereich hatten, weil dort die Grundeinkommen sehr gering sind und sehr stark mit Trinkgeldern gerechnet wird. Wir kennen auch die Einkommenshöhen in der Gastronomie. Das heißt, das Trinkgeld ist ein wesentlicher Bestandteil. Wir mussten auch eine Trinkgeldpauschale geben, weil es eben, wenn das Trinkgeld ausfällt, mit dem Grundgehalt sehr, sehr schwierig ist.

Das heißt, wir brauchen das Trinkgeld sozusagen als zusätzlichen Teil – so ist es im gastronomischen System gedacht –, aber gleichzeitig muss es dann auch mit Abgaben belegt sein, weil es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann mehr Absicherung gibt, denn wir wollen, dass sie auch im Krankheitsfall oder wenn sie in Pension sind, ein Einkommen haben, von dem sie dann auch leben können. 

Ich glaube, das ist in unser aller Sinn, und vor allem: Die einheitliche Pauschale macht jetzt allen, die in der Gastronomie arbeiten oder Arbeitgeber sind, das Leben leichter, und darauf kann man wirklich stolz sein. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

19.36

Vizepräsident Michael Wanner: Danke schön. 

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. 

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte schön.

RN/121

19.37

Bundesrat Manfred Repolust (FPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kollegen im Bundesrat! Wieder einmal muss ich ein bissl auf etwas replizieren, was die Frau Ministerin und die Kollegen heute hier gesagt haben. Die Regierung legt wieder einmal ein Gesetz vor, das angeblich Vereinfachung bringt, in Wahrheit aber das genaue Gegenteil tut: Es bringt mehr Bürokratie, mehr Kontrolle, mehr Belastung für die Betriebe.

Es geht heute um das Trinkgeld, ein freiwilliges Zeichen der Anerkennung – das haben wir schon gehört –, das zwischen Gast und Arbeitnehmer entsteht – und genau das will man jetzt regeln, pauschalieren und überwachen. Künftig sollen Versicherungsträger bundesweit einheitliche Pauschalbeträge für Trinkgelder festlegen. Das heißt, Beamte entscheiden, wie viel Trinkgeld eine Kellnerin zum Beispiel in Gamlitz, ein Frisör in Linz oder ein Taxifahrer in Wien üblicherweise bekommt. – Das ist realitätsfremd!

Trinkgelder schwanken je nach Saison, Betrieb und Tourismus, eine starre Pauschale kann nicht gerecht sein, und die jährliche Anpassung samt Internetverlautbarung zeigt nur eines: Der Staat will auch beim Trinkgeld mitreden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es soll jeder Arbeitgeber künftig bei bargeldlosen Trinkgeldern genaue Auskünfte geben – mit Aufteilungsschlüsseln, Summen und Rückfragen –, bis zu drei Jahre rückwirkend. Das mag auf dem Papier modern klingen, in der Praxis ist das ein Bürokratiemonster. Gerade kleine Betriebe in der Gastronomie und Hotellerie werden damit überfordert. Statt Entlastung gibt es Misstrauen, statt Unterstützung wieder Kontrolle.

Weil ich heute hier gehört habe, die FPÖ macht Angst, Herr Beer oder Frau Neureuter (Bundesrätin Neurauter [ÖVP/T]: Neurauter!), wir sparen mit der Wahrheit, und ich habe auch gehört: ein kleiner Betrag mit großem Effekt! – Das sind jetzt drei Dinge, die ich gehört habe. Sie sagen, das ist eine Pauschale. Was ist der Unterschied zwischen einer Pauschale und einer Steuer? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) 

Ich kann es Ihnen jetzt genau sagen, und zwar die Auswirkung einer Trinkgeldbesteuerung auf die Pensionshöhe – ich gebe Ihnen jetzt ein Beispiel, aber Sie haben das ja eh schon einmal gehört (Zwischenruf des Bundesrates Matznetter [SPÖ/W]) –: 

Trinkgeld monatlich: 80 Euro. Dauer der Tätigkeit: zehn Jahre. Gesamtsumme der versteuerten Trinkgelder: 9 600 Euro. (Bundesrat Matznetter [SPÖ/W]: Das ist steuerfrei! – Zwischenruf der Bundesrätin Hauschildt-Buschberger [Grüne/OÖ].) Beitragssatz: 22,8 Prozent. (Bundesrat Ebner [ÖVP/OÖ]: Sozialversicherung, keine Steuer!) Jährliche Pensionsgutschrift: 1,78 Prozent von 960 Euro, das sind 17 Euro und 9 Cent. Und die gesamte jährliche Pensionserhöhung – die gesamte jährliche Pensionserhöhung! – nach zehn Jahren sind 170 Euro brutto (Rufe bei der SPÖ: Was?), das sind im Monat 14,20 Euro. (Bundesrat Peterl [SPÖ/NÖ]: Was?) Das ist der große Sprung? Na servus! (Bundesrat Peterl [SPÖ/NÖ]: Bei 170 Euro im Monat?)

Wir wollen keine Bevormundung, wir wollen ein steuerfreies oder pauschal beitragsfreies Trinkgeld, keine neue Bürokratie, keine staatlichen Zugriffe auf das Trinkgeld. Wir stehen auf der Seite der Menschen, die arbeiten, nicht auf der Seite derer, die alles regeln wollen. Darum lehnen wir diese Vorlage ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.41 

Vizepräsident Michael Wanner: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. 

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. 

Die Debatte ist geschlossen.

RN/122

Abstimmung

Vizepräsident Michael Wanner: Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

RN/122.1

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Bundesrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen - - (Rufe bei der ÖVP: Nationalrates! – Bundesministerin Schumann: Nationalrates!) – des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

RN/122.2

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Irene Partl, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Stopp den Abgaben auf Trinkgeld – gerade in Zeiten der Teuerung braucht es Entlastung!“ vor.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.