RN/115
19.02
Bundesrätin Irene Partl (FPÖ, Tirol): Danke, Herr Vizepräsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kollegen! Liebe Zuseher! Vorweg ein Sommerlochgschichtl: Ich habe es eigentlich nicht ernst genommen und schon fast vergessen, doch weil heute so oft auf mehr Präsenz und Sichtbarkeit von Frauen hingewiesen wurde, wäre zuerst aber einmal Respekt vor Frauen angesagt. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Der Vorarlberger Kollege, der hier heute ganz vehement den Frauenanteil bei Veranstaltungen eingefordert hat, gerade dieser Kollege – Zitat – „staucht Tiroler Kollegin zusammen“. (Heiterkeit der Bundesrät:innen Kittl [Grüne/W] und Thoma [ÖVP/Vbg.].) – So lautet die Überschrift eines Artikels in den „Vorarlberger Nachrichten“ über die Art und Weise, wie dieser Kollege hier mit einer Frau umgegangen ist. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Oh! Uh!)
Er stauchte sie zusammen wegen ihres Dialekts. Hier im Bundesrat hört man bei vielen Reden der Kollegen, aus welchem Bundesland sie kommen. Ich finde das durchaus sympathisch. Wir sind ja schließlich die Länderkammer. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber Sie, Herr Thoma, haben sich für Ihre Kritik einzig eine Frau ausgesucht (Ruf bei der SPÖ: Oh Gott!), so viel zu Ihrem tatsächlichen Frauenverständnis. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Man sieht aber an Ihrem Medienauftritt: Dieser Schuss ist eh nach hinten losgegangen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ].)
Nun zum Tagesordnungspunkt: Wieder einmal erleben wir ein Paradebeispiel dafür, wie es diese Bundesregierung schafft, selbst in den kleinsten Bereichen des täglichen Lebens die arbeitenden Menschen weiter zu belasten. Der heute zu behandelnde Beschluss des Nationalrates zeigt deutlich, dass man offenbar glaubt, jeder Cent müsse reguliert, kontrolliert und versteuert werden, sogar das Trinkgeld. In unserem Antrag auf völlige Abgabenfreiheit wurde klargestellt: Trinkgeld ist kein Einkommen. Es ist eine freiwillige Anerkennung für gute Arbeit. (Beifall bei der FPÖ.)
Trinkgeld ist Anerkennung durch den Gast für Service, Freundlichkeit und Einsatzbereitschaft. (Bundesrätin Kittl [Grüne/W]: Dafür darf der Arbeitgeber weniger zahlen!) Es ist kein Lohnbestandteil, den der Staat regulieren und pauschalieren soll. Und das gilt natürlich auch für das Trinkgeld, das unsere Kleinstunternehmer erhalten – wie Friseurinnen, Würstelstandbetreiber, Taxler und viele andere fleißige Unternehmer. (Beifall bei der FPÖ.)
Der Beschluss beinhaltet auch die Informationspflicht. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, die Arbeitnehmer über bargeldlos eingenommenes Trinkgeld zu informieren. Das, was wie eine Schutzmaßnahme für Arbeitnehmer klingt (Bundesrätin Kittl [Grüne/W]: Ist es auch!), ist in Wahrheit ein Ausdruck staatlichen Misstrauens gegenüber den Arbeitgebern, vor allen gegenüber den vielen Klein- und Mittelbetrieben in den Dienstleistungsbranchen, in welchen gegenseitiges Vertrauen und die gelebte Praxis seit Jahrzehnten hervorragend funktionieren. Statt klare, einfache Rahmenbedingungen zu schaffen, wird erneut ein Bürokratiemonster installiert, das in der Praxis zu mehr Aufwand, mehr Misstrauen und womöglich zu rechtlichen Grauzonen führt. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist realitätsfremde Schreibtischpolitik statt Praxisnähe. Diese Regelungen – zentral verordnet, fern von einer betrieblichen Realität – sind Symptome einer Politik, die den Boden zur arbeitenden Bevölkerung längst verloren hat. Gerade in Zeiten von Personalmangel, hoher Inflation und enormem Kostendruck in den Betrieben wäre Entlastung angesagt, nicht eine zusätzliche, weitere Regulierung mit unnötigem Verwaltungsaufwand. Da stellt sich schon wieder einmal die Frage: Sepp, wo bist du? Sepp, was machst du? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Thoma [ÖVP/Vbg.].)
Das alles dient doch lediglich dazu, marode Sozialversicherungsträger auf dem Rücken jener zu erhalten, die Tag für Tag arbeiten und sich gemeinsam bemühen, ihre Betriebe über Wasser zu halten. Das ist sozial ungerecht und wirtschaftlich kontraproduktiv.
Wir Freiheitlichen fordern daher klar und unmissverständlich: Trinkgeld muss für alle vollständig beitragsfrei werden. Es darf keine Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Selbstständigen geben. Nach 52 Jahren im Gastgewerbe weiß ich, wovon ich rede: zwölf Jahre Kellnerin, 40 Jahre Wirtin, und immer im Team. (Bundesrätin Jagl [Grüne/NÖ]: Von zwölf Jahren als Kellnerin kannst du dir eine Pension leisten?) – Zwölf Jahre Kellnerin, 40 Jahre Wirtin, immer gearbeitet. Und ja, wir erinnern uns auch an den offenen Brief der Wirtschaftskammer, in dem alle Spartenobleute der Tourismusbranche unmissverständlich gesagt haben: Finger weg vom Trinkgeld! Aber was macht die ÖVP, die Partei, die diesen Brief – in der „Krone“ – damals federführend mitgestaltet hat? – Sie stimmt gegen unseren Antrag auf völlige Abgabenfreiheit des Trinkgelds. Das ist pure Heuchelei! (Beifall bei der FPÖ.)
Man gibt sich in den Sonntagsreden wirtschaftsfreundlich und stimmt werktags gegen die Interessen der eigenen Basis. Diese Bundesregierung hat jede Glaubwürdigkeit verloren – anstatt Entlastung gibt es Kontrolle, anstatt Vertrauen Bürokratie, anstatt Wertschätzung Misstrauen. Wir Freiheitliche stehen an der Seite jener Menschen, die mit Fleiß, Einsatz und Herzblut in der Gastronomie, im Handwerk und im Dienstleistungsbereich arbeiten. Sie alle verdienen Dankbarkeit, keine Mehrbelastung – daher: Hände weg vom Trinkgeld! (Beifall bei der FPÖ.)
Daher stellen wir folgenden Entschließungsantrag:
RN/115.1
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Irene Partl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp den Abgaben auf Trinkgeld – gerade in Zeiten der Teuerung braucht es Entlastung!“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die – neben der bestehenden Steuerfreiheit – die Abgabenbefreiung von Trinkgeldern zu 100 Prozent sicherstellt.“
(Beifall bei der FPÖ.)
19.10
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/115.2
Vizepräsident Michael Wanner: Der von den Bundesräten Irene Partl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Stopp den Abgaben auf Trinkgeld – gerade in Zeiten der Teuerung braucht es Entlastung!“ ist genügend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sandro Beer. Ich erteile es ihm.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.