RN/126

19.53

Bundesrätin Verena Schweiger, BA MA MA (SPÖ, Wien): Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Danke für Ihre Ausführungen – ich darf da jetzt eigentlich alles berichtigen. (Beifall und Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].) Ich finde es echt spannend, wie viel Unwahrheiten man sagen kann, wenn man die Fakten eigentlich völlig ignoriert.

Es geht jetzt um ein Thema, das für Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land entscheidend ist, es geht um die Weiterbildungsbeihilfe. 

Wir leben in Zeiten, in denen sich Berufsbilder rasend schnell verändern, in denen uns Digitalisierung, Automatisierung, Fachkräftemangel vor enorme Herausforderungen stellen, und deswegen braucht es gezieltere Chancen auf Weiterbildung. Es braucht Modelle, die Menschen ermutigen, sich weiterzubilden, umzuschulen und neue Wege zu gehen, und das mit Sicherheit, mit Planung, aber auch mit sozialer Absicherung. 

Die alte Bildungskarenz war ein Erfolgsmodell, obwohl sie nicht perfekt war, es gab Anpassungsbedarf. Die Bildungskarenz war viele Jahre ein wichtiges und auch ein erfolgreiches Modell, im Zuge der budgetär gebotenen Sparmaßnahmen war es aber notwendig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Bildungskarenz neu zu regeln und sie weiterzuentwickeln. Heute geht es stärker darum, gezielt jene zu unterstützen, die sonst eigentlich kaum einen Zugang zu Weiterbildung hätten: Menschen mit geringeren Einkommen, ohne formale Ausbildung oder Menschen, die beruflich wieder durchstarten wollen. Mit der neuen Weiterbildungsbeihilfe schaffen wir dafür klare Strukturen, soziale Treffsicherheit und Qualität, damit öffentliche Mittel dort wirken, wo sie Zukunft schaffen sollen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) 

Das neue Modell der Weiterbildungsbeihilfe berücksichtigt die Empfehlungen des Rechnungshofes und des Wifos und soll insbesondere weniger qualifizierten Beschäftigten eine Höherqualifizierung ermöglichen. Schon allein aufgrund des reduzierten Volumens von 650 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro ist klar, dass die neue Regelung etwas anders aussieht als zuvor, nämlich folgendermaßen:

Förderung statt wie bisher Rechtsanspruch, kein Anschluss der Bildungskarenz an die Elternkarenz mehr, eine höhere inhaltliche Anforderung an die Bildungsinhalte, eine 15-prozentige Beteiligung durch die Arbeitgeber:in für höhere Einkommensgruppen, eine verpflichtende Bildungsberatung bei einem Monatseinkommen von bis zu 3 225 Euro und eben die Deckelung der Förderung auf maximal 150 Millionen Euro jährlich gesamt. 

Was wirklich positiv ist, ist, dass es uns gelungen ist, die Mindestunterstützung während der Weiterbildungszeit deutlich zu erhöhen, nämlich auf 1 212 Euro pro Monat. Das ist ein ganz entscheidender Schritt, denn er eröffnet gerade jenen Gruppen neue Chancen, die bisher oft zu kurz gekommen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) Aus sämtlichen Untersuchungen zur betrieblichen Weiterbildung wissen wir: Gerade in diese Gruppen wird viel zu wenig investiert. Mit der neuen Weiterbildungsbeihilfe setzen wir daher ein ganz klares Signal: dass Weiterbildung kein Privileg für wenige, sondern eine Chance für viele sein muss. So stellen wir sicher, dass Weiterbildung keine leere Phrase, sondern ein Instrument sozialer Chancengleichheit ist. 

Wenn wir über Verantwortung reden, dann müssen wir auch die Doppelmoral der FPÖ benennen. Im Parlament tritt die FPÖ lautstark als Verteidigerin der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, aber gleichzeitig haben FPÖ-Vertreter in Brüssel – genauer gesagt ist es Ihr Bundesparteivorsitzender Herbert Kickl – die Abschaffung der Bildungskarenz als Sparmaßnahme vorgeschlagen, und zwar ohne Ersatzleistungen. Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar (Beifall bei Bundesrät:innen der ÖVP): erst die Einsparungen fordern, aber dann die Empörung zu inszenieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) 

Die SPÖ, allen voran unsere Bundesministerin, hat hingegen dafür gesorgt, dass die Reform sozial ausbalanciert, treffsicher und qualitätsgesichert umgesetzt wird. Die Weiterbildungsbeihilfe ist daher ein notwendiger Kompromiss, da die Kassen von der Vorgängerregierung leer hinterlassen wurden. Aber wir haben dafür gesorgt, dass soziale Treffsicherheit, Qualitätskontrolle und die Förderung Geringqualifizierter erhalten bleiben. Wir werden diese Novelle mit voller Überzeugung unterstützen: zum Wohl der Menschen, die sich weiterbilden wollen, zum Wohl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Chancen verdienen, und zum Wohl eines Bildungssystems, das Zukunft schafft. 

Erlauben Sie mir bitte, auch noch kurz zu TOP 14 zu sprechen. Da geht es um eine Gesetzesänderung, die auf den ersten Blick recht klein wirkt, die aber für viele Betriebe und Arbeitnehmer:innen in den Grenzregionen einen echten Unterschied machen wird. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nämlich drittstaatsangehörigen Grenzgänger:innen ohne Wohnsitz in Österreich eine Beschäftigung in einem politischen Grenzbezirk ermöglicht und dafür ein eigener Aufenthaltstitel eingeführt werden.

Was ist wichtig dabei? – Es kommt dadurch zu keiner Ausdehnung der Zulassung Drittstaatsangehöriger zum österreichischen Arbeitsmarkt (Ruf bei der FPÖ: Nein!), weil die nötigen inhaltlichen Kriterien nicht geändert werden. Die einzige Änderung ist, dass zukünftig der Wohnsitz in Österreich nicht verpflichtend sein soll. 

Mit dem neuen Aufenthaltstitel für Grenzgängerinnen und Grenzgänger schließen wir eine Lücke, die in der Praxis eigentlich längst spürbar war. Es geht um Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in einem unserer Nachbarländer haben, dort rechtmäßig leben, dort arbeiten dürfen – und die künftig auch in Österreich einer Beschäftigung nachgehen können. Das ist vernünftig, das ist praxisnah und das ist auch sozialpartnerschaftlich gedacht, denn eines ist klar: Unser Arbeitsmarkt steht vor großen Herausforderungen – in vielen Branchen. Ob es die Pflege ist, ob es die Produktion ist, ob es der Tourismus ist, es fehlen einfach teilweise qualifizierte Fachkräfte. 

Gleichzeitig müssen wir aber sicherstellen, dass faire Löhne, faire Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung nicht unter Druck geraten. Diese Balance ist ganz entscheidend, und sie findet sich auch in dieser Gesetzesnovelle wieder, denn der neue Aufenthaltstitel ist kein Freifahrtschein, sondern an klare Voraussetzungen gebunden: Das AMS prüft, ob es im Inland geeignete Bewerberinnen oder Bewerber gibt, und erst dann kann eine Stelle mit einem Grenzgänger, einer Grenzgängerin besetzt werden. Genau das ist ein fairer und ausgewogener Ansatz. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

Wir begrüßen, dass da ein Instrument geschaffen wurde, das gezielt dort hilft, wo der Arbeitskräftemangel besonders groß ist, etwa in den westlichen Bundesländern. Wir begrüßen, dass diese Menschen künftig in Österreich auch Beiträge leisten. Sie zahlen hier Steuern, sie tragen zur Wertschöpfung bei und sie sind Teil unseres Wirtschaftslebens. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: So wie in Wien!) Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für einen Arbeitsmarkt, der fair und solidarisch ist und der offen bleibt und für eine Politik, die Menschen zusammenbringt, statt sie gegeneinander auszuspielen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Deswegen funktioniert’s so gut!) Deshalb werden wir dieser Novelle natürlich zustimmen: weil sie praktikabel ist, weil sie sinnvoll ist und weil sie zeigt, dass Fortschritt in diesem Land nur mit sozialer Handschrift gelingt. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)

20.00

Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Simone Jagl.

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.