RN/162
22.56
Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen, last, but not least, würde ich sagen! Gesundheit kennt keine Grenzen, zukünftig auch in der digitalen Welt nicht mehr. Wir reden jetzt von dieser Novelle, mit der wir Österreich an den europäischen Gesundheitsdatenraum binden, zu einer sicheren Nutzung und Weitergabe von Gesundheitsdaten. Das klingt nach IT-Infrastruktur und das klingt nach Bürokratie, ist in Wahrheit aber eine Erleichterung im ganz normalen Alltag.
Worüber sprechen wir? – Künftig können EU-weit Rezepte digital eingelöst werden, eben das sogenannte EU-Rezept, und mit der EU-Patientenkurzakte können Ärztinnen und Ärzte im europäischen Ausland mit ausdrücklicher Zustimmung der Patientinnen und Patienten auf die wichtigsten Gesundheitsdaten zugreifen wie auf Allergien, laufende Medikation oder aber auch Vorerkrankungen.
Das klingt vielleicht im ersten Moment unspektakulär, aber es erleichtert die Behandlung enorm und kann im Ernstfall tatsächlich auch entscheidend sein. Dadurch ergibt sich weniger Bürokratie, weniger Doppeluntersuchungen, also noch mehr Effizienz, und weniger Risiko von Behandlungsfehlern. Damit das auch für alle ganz verständlich wird, werde ich das Ganze jetzt einfach auf ein paar Beispiele herunterbrechen:
Eine Diabetikerin verbringt ihren Urlaub in Frankreich und verliert ihre Medikamentenschachtel. Sie kann künftig ihren Arzt oder ihre Ärztin anrufen und mit dem ausgestellten E-Rezept in der örtlichen Apotheke ihr Medikament holen.
Ein Kärntner Pensionist, der in Kroatien urlaubt, braucht Nachschub für seine Herzmedikation: kein Papier, kein Fax, keine Sprachbarriere mehr.
Oder: Eine Tirolerin wird in Spanien wegen eines internistischen Notfalls in die Notaufnahme gebracht. Das Ärzteteam sieht dank dieser Neuerung sofort, dass sie blutverdünnende Medikamente nimmt und es sieht auch, dass sie allergisch auf Penicillin und Novalgin ist. Das ist eine lebensrettende Information. Ich kann Ihnen sagen, was passieren kann, wenn man auf Novalgin allergisch ist: Das kann zwar nur selten vorkommen, aber es kann zu einer Symptomatik kommen, die lebensbedrohlich ist, weil man mit einer Agranulozytose, wie man das in der Fachsprache sagt, kein Immunsystem mehr hat.
Diese Beispiele zeigen: Es geht nicht um die Technik, sondern es geht um die Sicherheit und es geht um die Qualität in der Versorgung. Persönliche Gesundheitsdaten sind sensibel, vollkommen klar, und darum bleibt die Entscheidung über deren Nutzung bei den Patientinnen und bei den Patienten. Wir reden von einem Opt-in-System: Die Teilnahme ist freiwillig, also wer ausdrücklich zustimmt, macht mit, und wer nicht mehr möchte, kann das auch jederzeit widerrufen.
Die Verordnung schreibt übrigens kein bestimmtes Zustimmungsmodell vor, sie schafft nur den Rahmen, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten ihre Datenschutzpraxis selbst gestalten. Österreich hat sich bewusst für ein freiwilliges Opt-in-System entschieden, weil niemand automatisch Teil des Systems werden soll, sondern nur jene, die das ausdrücklich möchten. Die EU greift nicht in nationale Entscheidungen ein, sondern sorgt für gemeinsame Sicherheits- und Qualitätsstandards, und wie die dann genau aussehen, entscheiden die Mitgliedstaaten.
Mich ärgert schon ein bisschen, dass hier Zweifel gesät werden, weil wir damit den Menschen keinen Gefallen tun. Ich sage wirklich, dass das etwas ist, das jeden von uns im Urlaub treffen kann; für jeden von uns kann das, was wir hier gerade beschließen – oder hoffentlich beschließen –, lebensrettend oder zumindest gesundheitsfördernd sein. Vertrauen in digitale Gesundheit entsteht nicht durch Angst und Misstrauen, das wir in der Bevölkerung schaffen, sondern durch Transparenz und durch Wahlfreiheit, und die geben wir den Patientinnen und Patienten – oder der Bevölkerung – mit dem Opt-in-System.
Ich kann auch aus persönlicher Sicht nur nochmals unterstreichen, warum diese Novelle so wichtig ist: Im Gesundheitswesen erleben wir einfach täglich, wie entscheidend so eine Information ist. Zu wissen, welche Medikamente jemand nimmt, welche Allergien oder welche Vorerkrankungen jemand hat, macht so einen Unterschied dahin gehend, wie ich diesen Menschen dann behandeln kann und ob ich ihn gut, effizient und effektiv behandeln kann. Und es kann eben auch Leben retten. Das ist etwas – also mir fehlen eigentlich schon fast die Worte, dass wir darüber streiten müssen, denn das kann doch nur im Sinne der Bevölkerung sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Deshalb hilft diese Novelle einfach, Abläufe zu vereinfachen, Doppelarbeit zu vermeiden und Ressourcen dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden: bei den Menschen in Not. Damit ist sie ein Schritt in die Richtung eines modernen, eines vernetzten und eines europäischen Gesundheitswesens. Ich weiß, das verursacht bei Ihnen, bei der FPÖ, vielleicht wieder irgendwelche Albträume; es tut mir leid, wenn Sie heute schlecht schlafen. (Bundesrat Kofler [FPÖ/NÖ]: Ich schlafe super!) – Das freut mich.
Sie – also die Novelle, nicht der nicht vorhandene Albtraum (Heiterkeit bei der FPÖ) – sorgt dafür, dass die richtige Information zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar ist, egal ob in Wien, in Kopenhagen oder in Zagreb – wo auch immer innerhalb der EU. Sie tut das auf Grundlage von Freiwilligkeit und Vertrauen. Das ist die Digitalisierung, die das Leben erleichtert und die vielleicht auch Leben rettet.
Ich hoffe doch sehr, dass wir heute dafür Zustimmung erhalten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
23.02
Vizepräsident Günther Ruprecht: In der Debatte zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig. – Frau Staatssekretärin, Sie gelangen zu Wort.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.