13.08
Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Danke schön, Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizekanzler, willkommen! Werte Zuseherinnen und Zuseher, Zuhörerinnen und Zuhörer zu Hause! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Jahresbericht und der Transparenzbericht des ORF: Das sind nicht nur irgendwelche Berichte, sie sind ein Einblick in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in eine Institution, die in unserer Demokratie einfach unverzichtbar ist. Er ist ein Baustein jener vierten Säule neben Legislative, Exekutive und Judikative, auf der die demokratische Stabilität ruht – eine Säule, die wir heute dringender denn je brauchen. (Beifall bei den Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP sowie des Bundesrates Mertel [SPÖ/Ktn.].)
Wir erleben in Europa und auch weit darüber hinaus einen wirklich besorgniserregenden Trend: Verschiedene Kräfte versuchen systematisch, öffentlich-rechtliche Medien zu schwächen, zu diskreditieren und zu delegitimieren. Jetzt könnte man vermuten, dass das kein Zufall ist, sondern Strategie, denn wer die unabhängige Berichterstattung angreift, der greift die demokratische Öffentlichkeit an. Und wir wissen, wenn der Raum, in dem Fakten gelten, kleiner wird, dann wächst der Raum für Manipulation. Wenn die Instanz geschwächt wird, die Macht kontrolliert und Missstände sichtbar macht, dann fällt wirklich eine wichtige Barriere der Demokratie weg.
Aber ich möchte auch ganz klar sagen: Es ist nicht nur das das Problem, diese Angriffe und der Druck, unter dem der ORF steht, sondern der ORF ist auch seit Jahrzehnten immer noch im Kreuzfeuer parteipolitischer Interessen. So wurde es in der Vergangenheit verabsäumt, echte Entpolitisierung zu schaffen. Wenn ich das höre, was Kollege Beer angekündigt hat, also was die umfassende Reform betrifft, dann habe ich schon Hoffnung. Wir sehen ja auch, dass mit der Abschaffung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute bei der Bestellung der Landesdirektoren schon ein wichtiger Schritt erfolgt ist.
Und ja, Transparenz ist wichtig, aber Transparenz ersetzt nicht Unabhängigkeit. Der vorliegende Transparenzbericht zeigt, was der ORF alles offenlegt, vom Budget bis zu den Gagenhöhen, aber er zeigt vor allem auch eines: wie wichtig es wäre, dass die Politik endlich die Hände vom Tagesgeschäft des ORF nimmt, statt je nach Mehrheitslage zu loben, zu drohen oder umzubauen.
Gerade jetzt sind wir in einer Zeit, in der die Verunsicherung steigt, Fake News und alternative Medien verbreiten sich schneller als je zuvor. Algorithmen belohnen Empörung statt Fakten, populistische Bewegungen gewinnen Zustimmung, indem sie gezielt das Vertrauen in Institutionen untergraben, vom Parlament bis zur Presse.
Gerade jetzt in dieser hoch fragilen Phase unserer Demokratie ist ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der stark, unabhängig und professionell arbeitet, nicht einfach eine Option, er ist überlebenswichtig. Er ist notwendig, damit Bürgerinnen und Bürger Zugang zu überprüften Informationen haben. Er ist notwendig, damit politische Macht nicht im Dunkeln agiert, und er ist notwendig, damit öffentliche Debatten nicht zu Echokammern werden, in welche Richtungen auch immer.
In einer Zeit, in der Desinformation eine Waffe geworden ist, sind unabhängige Medien unser demokratischer Schutzwall. Deshalb appelliere ich auch heute an uns alle – und das ist weit mehr als eine Formalität zum Transparenzbericht –: Stärken wir den ORF, entpolitisieren wir seine Strukturen wirklich, geben wir ihm die Freiheit, die er braucht, um seinem Auftrag gerecht zu werden, ihn zu erfüllen! Denn ohne starke, unabhängige Medien wird auch unsere Demokratie schwächer, und ohne eine demokratische Öffentlichkeit überlebt Demokratie nicht. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)
13.13
Vizepräsident Michael Wanner: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Vizekanzler Andreas Babler. - Bitte.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.