15.07
Bundesrätin Mag. Dr. Julia Deutsch (NEOS, Wien): Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier im Raum und via Livestream! Wenn man diese Dringliche Anfrage liest, dann könnte man meinen, unser Bildungssystem stünde gerade vor dem Abgrund. Da wird einem angst und bange, aber bitte lassen Sie mich sagen: Angst ist wirklich keine Bildungsstrategie. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Du bist sicher in eine Privatschule gegangen, Frau Kollegin, gell?) Fakten schon, und von denen habe ich Ihnen ein paar aufbereitet (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Privatschule oder öffentliche?), um zu zeigen, was sich im Bildungsbereich tut. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Privatschule oder öffentlich?) Da tut sich irrsinnig viel. Ich weiß, dass Sie das auch wissen (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Privatschule oder öffentlich, Frau Kollegin?): Wir haben heute schon 34 Fragen beantwortet bekommen. Aber gut, wir fangen einmal an. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Privatschule oder öffentlich?)
Zum Lehrermangel: Ja, wir haben in einzelnen Fächern und in Regionen Engpässe – das bestreitet auch niemand. Echte Herausforderungen haben wir im Bildungsbereich, die muss man angehen, aber das Bild eines flächendeckenden Kollapses existiert nicht – das zeichnen Sie, aber das stimmt so einfach nicht. Der Lehrermangel besteht punktuell, und genau dort setzen wir an.
Unser Ziel ist und bleibt: Der Lehrerberuf soll einer der besten Jobs dieses Landes werden, deshalb investieren wir in das, was Lehrer und Lehrerinnen brauchen. Das sind Bürokratieabbau, damit die Pädagogen und Pädagoginnen wieder Zeit für die Kinder und Jugendlichen haben, mehr Supportpersonal – Schulpsychologie, Sozialarbeit –, administrative Fachkräfte und gute Begleitung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern.
Was ich auch erwähnen möchte, ist der Bürokratiedschungel im Bildungsbereich, den Sie in Ihrer Anfrage angesprochen haben. Ja, auch das ist ein Problem, das bereits angegangen wird. Ich möchte nur wiederholen – wir hatten das in der letzten Bundesratsplenarsitzung –: 80 Prozent aller Erlässe wurden mit 1. September 2025 gestrichen. Das sorgt für mehr Klarheit, das sorgt für weniger Vorgaben und mehr Zeit für den Unterricht.
Die Schulleitungen werden durch die Einführung von pädagogisch-administrativen Fachkräften an Pflichtschulen unterstützt. Wir haben in diesem Schuljahr bereits 190 Stellen etabliert, 570 sind es dann im Endausbau.
Auch erst gestern wurde das erste große Entbürokratisierungspaket vorgestellt, und auch da finden wir Entbürokratisierungsmaßnahmen im Bildungsbereich. Als Beispiele: Wir modernisieren die Schulverwaltungs-IT, damit digitale Systeme Routinetätigkeiten automatisieren und damit auch die Lehrer und Lehrerinnen spürbar entlastet werden. Gleichzeitig machen wir das Ressourcen- und Personalmanagement flexibler und transparenter. Die Förderdokumentation wird auch verschlankt: Doppelte Einträge, unnötige Berichtspflichten entfallen, und es soll standardisiert und digitalisiert vernetzt werden – und unterstützt, damit die Servicequalität verbessert wird und die Schulen administrativ entlastet werden.
Dann möchte ich Sie auch noch – es war zwar schon Thema – gerne an den heutigen Bildungsausschuss des Nationalrates erinnern. Es ist nämlich aufgefallen, dass Sie, liebe ÖVP – Entschuldigung, FPÖ!; es war ein langer Tag, no offense (Zwischenrufe bei der FPÖ) – in der Anfrage die eine oder andere Maßnahme vermisst haben. Dabei haben Sie doch heute – nicht Sie persönlich, aber Ihre Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ im Nationalrat – dafürgestimmt. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja! – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Aber bedingt!) Darunter fallen das Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren, die Suspendierungsbegleitung und die Perspektivengespräche bei Schulabbrüchen. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Warum kommt denn das? Wolltet ihr NEOS und die SPÖ das? Nein, es kommt, weil der Druck von der FPÖ so groß ist! Deshalb! Danke! Ja, das ist die Wahrheit! – Bundesrätin Steiner-Wieser [FPÖ/Sbg.]: Bravo! – Beifall bei der FPÖ.) – Aber lieber Kollege Spanring, wären Sie damals in Regierungsverantwortung gegangen! Sie haben sich ja dagegen entschieden (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Ja!) und es kommt trotzdem; und nicht, weil der Druck so groß ist (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: ... die Umfragewerte sind es natürlich! Der Druck durch die Umfragewerte ist so groß!), sondern weil wir als Koalition, als Dreierkoalition, uns dafür entschieden haben, dass Dinge notwendig sind – unter anderem auch das. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Seid doch ein Mal ehrlich!) – Bitte, Herr Kollege, ich mache mir ein bisschen Sorgen um Ihren Blutdruck. (Beifall und Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Entschuldigung! (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Du bist ja eh eine Ärztin, also nicht so tragisch! – Heiterkeit bei der FPÖ.) – Ich will aber heute nicht mehr reanimieren, wenn es nicht sein muss, gell. (Bundesrat Spanring [FPÖ/NÖ]: Danke!)
Also, wir sind beim Kopftuchverbot stehengeblieben, das die Dreierkoalition jetzt in Gang setzt, beim dem das Ziel einfach der Schutz von jungen Mädchen sowie auch vor dem Gruppendruck ist und die Selbstbestimmung gestärkt werden soll. Wir verstärken dieses Verbot mit Empowerment-Projekten, mit Workshops, mit gezielter Elterninformation und auch mit Bubenarbeit.
Kommen wir zur Suspendierungsbegleitung: Wir haben auch schon gehört, dass während der Suspendierung viele junge Schülerinnen und Schüler ohne Begleitung, ohne Unterstützung sind. Kinder in dieser Situation alleinzulassen, darf keine Lösung sein, und deswegen wird es jetzt auch verpflichtend, damit Konflikte aktiv bearbeitet werden, anstatt dass die Konflikte eskalieren.
Perspektivengespräche bei Schulabbrüchen möchte ich auch noch erwähnen, denn auch da haben Sie heute zugestimmt. Viele Schulen machen das schon lange und auch erfolgreich. Wir machen das nun verbindlicher, um die Jugendlichen nicht zu verlieren, sondern ihnen neue Perspektiven zu öffnen.
Dann möchte ich noch zur geforderten Unterstützung kommen, dort, wo sie am meisten gebraucht wird und wo die Herausforderungen die größten sind: Ab dem kommenden Schuljahr kommt der Chancenbonus, und dieser bringt bis zu sieben zusätzliche Vollzeitäquivalente für Schulen, die am meisten Unterstützung brauchen. Das sind jene Schulen, die in besonders herausfordernder Umgebung arbeiten. Sie werden entlang ihrer sozioökonomischen Ausgangslage ausgewählt, und das ist wirklich ein Schritt in Richtung mehr Chancengerechtigkeit.
Dann – wir haben es auch schon gehört – wurde das Supportpersonal bereits stark aufgestockt. In der Schulpsychologie wurden in diesem Jahr 70 neue Stellen geschaffen, im Jahr 2026 folgen weitere neue 70 Stellen, und für die Schulsozialarbeit stellt der Bund jährlich bis zu 7 Millionen Euro bereit, verteilt nach dem tatsächlichen Bedarf der Bundesländer. Außerdem sind in diesem Jahr eigene Bundesplanstellen hinzugekommen, 30 im heurigen Jahr und 35 weitere ab 2026.
Zu guter Letzt würde ich mich auch noch gerne zum Thema Genderideologie äußern, auch wenn die Kollegin von den Grünen diesbezüglich eigentlich schon sehr viele gute Punkte erwähnt hat. Ich möchte einfach nur sagen: Dieser Begriff ist ein politisches Schlagwort – das verwenden Sie gerne, das weiß ich –, aber das ist kein pädagogisches Konzept! Schulen haben den Auftrag, Kinder zu stärken, ihnen Respekt und Selbstbestimmung zu vermitteln und niemanden auszugrenzen. Die Lehrpläne orientieren sich an den pädagogischen Standards und wissenschaftlicher Evidenz und nicht an irgendwelchen Kulturkampffantasien. Was in den Klassenräumen zählt, ist eine sichere Umgebung, in der jedes Kind lernen, wachsen und sich selbstbestimmt entwickeln kann.
Ich meine, viele hier haben Kinder, arbeiten mit Kindern, kennen Kinder – Kinder sind neugierig, Kinder stellen Fragen, Kinder sind vollkommen unvoreingenommen. Sie haben keine Vorurteile. Sie kommen ohne Vorurteile auf die Welt und sie wollen gerne die Welt kennenlernen. Sie sind weit offener als viele Erwachsene, wenn man ihnen Dinge altersgerecht und ruhig erklärt, und da könnte man schon meinen, dass sich vielleicht der oder die eine oder andere davon eine Scheibe abschneiden kann. Wenn wir alle mehr wie Kinder wären, dann wären wir vielleicht alle offener für diese Welt.
Die FPÖ will hier ein Bild des Kontrollverlusts zeichnen – in der Opposition ist das ihre Aufgabe. Die Realität ist aber: Wir haben Reformen am Weg! Wir tätigen massive Investitionen, wir setzen konkrete Maßnahmen, von denen wir schon viele, teilweise ja auch gemeinsam, beschlossen haben, und es kommen ja noch weitere auf uns zu. Und deswegen einfach die Bitte: Unsere Schulen brauchen keine Dramatisierung, sie brauchen Unterstützung, und diese bekommen sie. Und sie bekommen sie umso mehr, wenn wir alle gemeinsam zusammen daran arbeiten. Darum würde ich doch wirklich bitten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)
15.15
Vizepräsident Günther Ruprecht: Vielen Dank, Frau Kollegin!
Als Nächster in der Debatte ist Herr Bundesrat Herbert Kober zu Wort gemeldet. – Ich erteile es dir.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.