17.32
Bundesrat Sebastian Forstner (SPÖ, Oberösterreich): Vielen herzlichen Dank für das Wort, sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, liebe Korinna! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich korrigieren: Jetzt ist es schon ein bisschen später am Abend – nicht bei der ersten Rede.
Ich spreche heute nicht nur als junger Bundesrat der Sozialdemokratie zu Ihnen, sondern auch als jemand, der aus der betrieblichen Praxis kommt, der Gewerkschaftsmitglied ist und der weiß, was es heißt, wenn das Einkommen am Monatsende knapp wird – trotz harter Arbeit, trotz Ausbildung, trotz Engagement. Ich habe es schon einmal erwähnt, ich erkläre es auch gerne noch einmal: Ich habe selber eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann gemacht und war überrascht, wie hart das Leben dann ist, wenn man nach dem dritten Lehrjahr endlich ausgelernt hat. Man denkt, man kann auf eigenen Füßen stehen, fällt aber leider sehr schnell auf den Boden der Realität zurück, denn es geht sich einfach hinten und vorne nicht aus.
Das ist auch genau das, was wir immer wieder hören. Wir sind nämlich jetzt schon unterwegs, wir machen jetzt schon aktiv Hausbesuche, nicht weil eine Wahl vor der Haustür steht (Rufe bei der FPÖ: Ah!), sondern weil wir einfach jetzt schon bei den Leuten draußen sein und hören wollen, wo der Schuh drückt. Da hören wir immer wieder, dass das Geld einfach wirklich hinten und vorne nicht ausreicht und man da eben nachbessern muss.
Kollege Josef Muchitsch hat im Nationalrat schon sehr klar dargelegt, worum es bei diesem Tagesordnungspunkt geht: um eine sachliche, faire und sozial ausgewogene Neuregelung des Zuverdienstes bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe und vor allem um Ausnahmen, wo Menschen sie ganz dringend brauchen. Diese Möglichkeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind kein Geschenk, sondern Respekt vor der Leistung – das muss ich an dieser Stelle einfach noch einmal klipp und klar sagen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich als Betriebsrat habe jahrelang selbst miterlebt, wie Menschen zwischen Qualifizierung, Arbeitslosigkeit und finanzieller Unsicherheit zerrieben werden – Menschen, die nicht nicht arbeiten wollen, sondern die sich weiterbilden, die sich neu qualifizieren, die bereit sind, Verantwortung für ihre eigene Zukunft und auch für unsere Gesellschaft zu übernehmen. Genau diese Menschen stehen heute im Mittelpunkt dieser Regelung.
Ja, es stimmt, diese Maßnahme ist Teil einer Budgetsanierung, aber – das ist jetzt entscheidend – es ist gelungen, soziale Leitplanken einzuziehen, Leitplanken, für die die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften immer gekämpft haben: für Langzeitarbeitslose, für Menschen mit Behinderungen, für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 50 und nun auch für Menschen in längeren Ausbildungen, die in enger Abstimmung mit dem AMS erfolgen.
Kollege Muchitsch hat es in der Nationalratssitzung auch angesprochen – es geht um Ausbildungen, die länger als vier Monate dauern, die mindestens 25 Wochenstunden umfassen; also keine Alibikurse, sondern echte Qualifizierungen: in der Pflege – ganz wichtig –, im technischen Bereich, im Handwerk, wo wir es ganz, ganz dringend brauchen. Das wissen wir alle.
Genau da zeigt sich, worum es in der Sozialdemokratie geht, liebe Kolleginnen und Kollegen: Arbeit soll sich lohnen, Ausbildung soll möglich sein und soziale Herkunft darf kein Hindernis sein. Ich sage das ganz offen aus meiner gewerkschaftlichen Perspektive: Nicht jede junge Frau, nicht jeder junge Mann hat ein Hotel Mama oder eine Bank Papa im Hintergrund. Viele müssen neben einer anspruchsvollen Ausbildung arbeiten, um Miete, Lebensmittel und Fahrtkosten zu finanzieren. Wenn wir diesen Menschen den geringfügigen Zuverdienst verbieten würden, dann würden wir ihnen faktisch sagen: Bildung ist ein Privileg, aber nicht für dich! – Diese Gesetzesänderung sagt genau das Gegenteil, sie sagt: Wir lassen euch nicht allein!
Besonders wichtig ist mir auch der Aspekt der Gleichstellung, etwa beim Pflegestipendium. Pflege ist Schwerarbeit – wir wissen es –, Pflege ist systemrelevant und Pflege braucht Ausbildung. Wer sich dafür entscheidet, soll nicht in finanzielle Not gedrängt werden. Das ist nicht nur sozialpolitisch korrekt, sondern das ist auch arbeitsmarktpolitisch vernünftig. (Beifall bei der SPÖ.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es genauso wie Kollege Muchitsch: Wir brauchen diese 3 300 Menschen ganz dringend. Wir brauchen sie dringend in der Pflege – ich glaube, es sind 1 300, die in Pflegestipendien sind –, im Handwerk und in den technischen Berufen. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die sie nicht entmutigen, sondern ermutigen, einen Schritt, der zeigt, dass Sozialpolitik nicht ideologisch, sondern lebensnah sein muss, einen Schritt, der zeigt, dass wir im Parlament die Realität der arbeitenden Menschen kennen und auch ernst nehmen, und einen Schritt, der klarmacht – das ist ganz wichtig –: Wer sich bildet, wer Verantwortung übernimmt, den lassen wir alle nicht im Regen stehen.
Ich danke ausdrücklich unserer Bundesministerin und auch meinem Kollegen Josef Muchitsch aus dem Nationalrat für die klare gewerkschaftlich geprägte Haltung. Sie ist ein wichtiges Signal, auch für alle Betriebsrätinnen und Betriebsräte draußen im Land, die tagtäglich für faire Bedingungen kämpfen. – An dieser Stelle vielen herzlichen Dank für eure Arbeit! (Beifall bei der SPÖ und bei Mitgliedern des Bundesrates von der ÖVP.)
Last, but not least – ich bin froh, dass es heute noch keiner erwähnt hat –: Liebe Claudia, liebe Elisabeth, liebe Simone von den Grünen (eine Karte mit einem Foto von den drei Bundesrätinnen der Grünen vor einem erleuchteten Christbaum in die Höhe haltend), wie lieb ist das? (Heiterkeit der Bundesrätin Kittl [Grüne/W].) Ich habe mich irrsinnig gefreut, das ist so eine tolle Geste. Das ist genau das, worum es hier immer gehen sollte (Beifall des Bundesrates Mertel [SPÖ/Ktn.]): Am Ende vom Tag stehen wir zwar vielleicht nicht in derselben Mannschaft, aber wir stehen zumindest auf demselben Spielfeld. Das ist mir ganz, ganz wichtig. Es ist eine sehr liebe Geste.
Ich wünsche euch und natürlich allen Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat und allen, die hier anwesend sind, ein schönes Weihnachtsfest und besinnliche Feiertage! Ich hoffe, wir sehen uns im neuen Jahr alle gesund und munter wieder.
Vielen herzlichen Dank nochmals für diese Karte – sie ist wirklich ein Zeichen, dass Zusammenarbeit funktioniert. Bitte machen wir weiter so, schauen wir alle, dass wir im neuen Jahr etwas weiterbringen! – Danke für eure Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen, bei Mitgliedern des Bundesrates von der FPÖ sowie der Bundesrätin Deutsch [NEOS/W].)
17.39
Vizepräsident Michael Wanner: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Irene Partl.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 65 Abs. 2 GO-BR autorisiert.