10211 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

über den Beschluss des Nationalrates vom 2. Juli 2019 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds (Jungfamilienfondsgesetz) erlassen wird

Die Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Karlheinz Kopf, Sandra Wassermann, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zu Grunde liegenden Initiativantrag am 16. Mai 2019 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und bei der Beihilfe soll weiterhin eine geringfügige Beschäftigung während des Anspruchszeitraumes ermöglichen. Der Grenzbetrag von 6 800 Euro pro Kalenderjahr reicht dafür ab 2020 nicht mehr aus, weshalb eine Anpassung des Grenzbetrages erfolgt.

Selbständige, die nicht ganzjährig Kinderbetreuungsgeld beziehen, haben ein Wahlrecht und können daher entweder die Berechnung des Zuverdienstes mit den steuerlich erzielten Jahreseinkünften vornehmen lassen oder eine (steuerlich korrekte) Abgrenzung der Einkünfte auf den Anspruchszeitraum vornehmen und dem Krankenversicherungsträger vorlegen, womit nur die abgegrenzten Einkünfte zur Zuverdienstberechnung herangezogen werden und eine Hochrechnung auf einen Jahresbetrag erfolgt. Die Berechnung anhand der Jahreseinkünfte kann für den einzelnen Elternteil günstiger sein, weshalb nicht jedem Elternteil zu einer Abgrenzung geraten werden kann. Für die Vornahme sowie den Nachweis der Abgrenzung besteht eine (materiellrechtliche – so bestätigt vom VwGH am 25.09.2018, Zl. Ra 2018/03/0085) Zwei-Jahresfrist (Ende des zweiten Kalenderjahres nach dem jeweiligen Zuverdienstjahr), über die alle Eltern im Informationsblatt im Zuge der Antragstellung informiert worden sind.

Es hat sich in der Praxis herausgestellt, dass die Frist von den Eltern oftmals irrtümlich versäumt wurde, zumal eine Erinnerung vor dem Fristende nicht erfolgt ist. Für Geburten ab 1. März 2017 wurden zwei Erinnerungen an die Eltern vorgesehen: eine am Antragsformular anzukreuzende, gezielte Erinnerung für bereits bei der Antragstellung selbständig Erwerbstätige und eine zweite allgemeine Erinnerung für alle Eltern (auch für jene, die erst während des Kinderbetreuungsgeldbezuges eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen haben). Diese Gruppe ist daher von der Gesetzesänderung nicht erfasst.

Für Geburten ab 1. Jänner 2012 bis 28. Februar 2017 soll nun die Frist zur Vornahme der Abgrenzung und zur Vorlage der Abgrenzungsnachweise (die korrekt sein müssen und den steuerrechtlichen Bestimmungen zu entsprechen haben) verlängert werden. Abgrenzungen, die zwar korrekt und richtig sind, aber erstmals nach dem 31. Dezember 2025 vorgenommen werden/beim Krankenversicherungsträger einlangen, sind endgültig verspätet und werden nicht für die Berechnung des Zuverdienstes herangezogen. Die verlängerte Frist gilt auch für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 50 Abs. 24 KBGG anhängige, aber noch nicht rechtskräftig entschiedene Gerichtsverfahren betreffend Rückzahlungen für Geburten von 1. Jänner 2012 bis 28. Februar 2017.

Laut einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gilt die in § 8 KBGG normierte Zwei-Jahresfrist für die Vornahme und die Vorlage einer gewünschten Abgrenzung nur für Eltern, die das pauschale Kinderbetreuungsgeld (Konto) beziehen und nicht für Bezieher/innen des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes. Diese Rechtsansicht entspricht weder dem eindeutigen Gesetzestext (Verweis auf § 8) noch der Intention des Gesetzgebers. Zur Verhinderung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Bezieher/innen des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes einerseits und der Bezieher/innen des Kinderbetreuungsgeld-Kontos auf der anderen Seite erfolgt eine ausdrückliche Klarstellung, dass die zweijährige Abgrenzungsfrist seit ihrer Einführung im Jahr 2012 im Dauerrecht für alle Eltern gleichermaßen gilt.

Die Einführung des neu zu schaffenden Jungfamilienfonds hat den Zweck, Eltern zum Ausgleich für Rückzahlungen, welche alleine aus dem Versäumen der Vorlagefrist über den Nachweis nach § 8 Abs. 1 Z 2 Kinderbetreuungsgeldgesetz resultieren, eine Zuwendung aus dem Fonds zu gewähren, wobei es sich dabei um keine Familienleistung aus dem Familienlastenausgleichsfonds handelt.

Nur rechtskräftig entschiedene Fälle betreffend Geburten von 1. Jänner 2012 bis 28. Februar 2017 können durch ein Ansuchen auf die Zuwendung ausgeglichen werden. Ist die Rückzahlungsverpflichtung rechtskräftig, aber die Rückzahlung noch nicht (oder nicht zur Gänze) erfolgt, so kann die Zuwendung in Höhe des ausstehenden Betrages in Form einer direkten Rückzahlung an den Krankenversicherungsträger gewährt werden.

Da ausschließlich selbstständig Erwerbstätige betroffen sind, wird davon ausgegangen, dass es sich bei rund 95% der Fälle um Versicherte der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft handelt, die restlichen 5% der zu erwartenden Fälle betreffen Personen mit Mischeinkünften, die mehrfachversichert sind und das Kinderbetreuungsgeld bei einem anderen Krankenversicherungsträger bezogen haben.

Die Finanzierung und Abwicklung der Zuwendung soll aus Mitteln des Unterstützungsfonds der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (§ 44 GSVG in Verbindung mit § 356 Abs. 3 GSVG) erfolgen. Dieser Fonds wurde mit BGBl. I Nr. 2/2015 mit Mitteln für eine zweckgewidmete Verwendung (Überbrückungshilfe) dotiert. Von diesen Mitteln sind noch 1 010 813,48 € aufgrund des Auslaufens der Überbrückungshilfe verfügbar. Die Mittel sind in diesem Fonds gebunden. Ein Weiterbestand dieser zweckgewidmeten Geldmittel des Unterstützungsfonds ist aufgrund der gesetzlichen Abschaffung der Überbrückungshilfe mit Ablauf des 31. Dezember 2017 nicht mehr zweckmäßig. Daher sollen diese Mittel zielgerichtet eingesetzt werden, die übrigen Mittel aus dem Unterstützungsfonds nach § 44 GSVG bleiben davon unberührt.

Vorgesehen ist zu diesem Zweck eine Überweisung von 1 010 813,48 € an den Jungfamilienfonds. Nicht verbrauchte Mittel sind an den Unterstützungsfonds der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen zurück zu überweisen.

Es ist aus verwaltungsökonomischen und budgettechnischen Überlegungen sinnvoll, den Jungfamilienfonds bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin einzurichten (Art. 120b Abs. 2 und 3 B-VG), da die Mehrzahl der betroffenen Personen dort versichert ist.

Daher soll konsequenterweise die Zuständigkeit für die Vollziehung des JFFG, entsprechend der allgemeinen Zuständigkeit nach § 254 lit. l GSVG für Angelegenheiten des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz übertragen werden.

Die budgetären Mittel der Selbstverwaltung werden nicht ins Bundesbudget übertragen, sondern bleiben – was auch im Hinblick auf die Pflicht zur Rücküberweisung der nichtverbrauchten Mittel richtig erscheint - innerhalb der Selbstverwaltung und können somit zielgerichtet und effektiv eingesetzt werden.

Die Mitwirkungspflicht der Krankenversicherungsträger und des Kompetenzzentrums Kinderbetreuungsgeld soll sicherstellen, dass sämtliche Informationen die die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zur Abwicklung dieses Gesetzes benötigt, zur Verfügung stehen.

In Anlehnung an § 44 Abs. 4 Z 1 GSVG hat der Vorstand der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft Fonds-Richtlinien für die Abwicklung der Zuwendung aus dem Jungfamilienfonds zu erlassen.

Die Hauptstelle der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bzw. deren Rechtsnachfolgerin ist Verantwortliche im Sinne der DSGVO. Die entsprechenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen des ASVG und des GSVG sind auf die Tätigkeiten des Fonds sinngemäß anzuwenden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2019 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Christoph Steiner.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat David Stögmüller mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Sonja Zwazl.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Christoph Steiner gewählt.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 9. Juli 2019 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2019 07 09

                               Christoph Steiner                                                            Korinna Schumann

                                   Berichterstatter                                                                        Vorsitzende