10539 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Entschließungsantrag der Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Verbot des betäubungslosen Schächtens (285/A(E)-BR/2020)

Die Mitglieder des Bundesrates Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen haben am 22. Dezember 2020 einen Entschließungsantrag eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:

„Unter Schlachten versteht man das Töten eines Tieres durch Blutentzug und nachfolgender Ausweidung zum Zweck der Fleischgewinnung (§ 4 Z 13 Tierschutzgesetz - TSchG). Die Schlachtung und Tötung (§ 32 TschG) von Tieren darf nur so erfolgen, dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird und darf nur von Personen vorgenommen werden, die dazu die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Das Schlachten von Tieren ohne Betäubung ist mit zwei Ausnahmen verboten: Notschlachtungen und rituelle Schlachtungen.

Das Schächten oder Schechita ist das rituelle Schlachten von Tieren, insbesondere im Judentum und im Islam. Bezweckt wird das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres, da der Genuss von Blut sowohl im Judentum als auch im Islam verboten ist.

Die Tötung erfolgt im Judentum unbetäubt; im Islam ist eine elektrische Betäubung nach bestimmten Rechtsschulen zulässig. Mittels eines speziellen Messers mit einem einzigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite, in dessen Folge die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden, wird das Tier getötet.

Das Schächten ist vom Standpunkt des Tierschutzes aus absolut abzulehnen. Die Befürworter dieser Methode argumentieren zwar, dass nur durch den Schächtschnitt ein komplettes Ausbluten des Tieres sichergestellt sei, und dass - aufgrund des schlagartigen Abfalls des Blutdrucks und damit der Sauerstoffversorgung des Gehirns - eine sofortige Bewusstlosigkeit ohne nennenswerte Schmerzen eintrete. Geringe Fehler beim Schächten sind aber jedenfalls äußerst qualvoll für das Tier.

Aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse weiß man aber, dass die Blutversorgung des Gehirns auch durch nicht durchtrennte Gefäße im Bereich der Wirbelsäule und des tiefen Nackens weiter erfolgt und verweisen auf Aufnahmen geschächteter Tiere, die einen mehrminütigen Todeskampf durchleben, obwohl sichtbar die Luftröhre und Hauptschlagadern durchtrennt wurden. Eine sofortige Bewusstlosigkeit ist daher beim Schächten nicht bei allen Tieren gegeben. Auch ist ein Beharren auf das Schächten ohne vorherige Betäubung mit dem Hinweis auf das erforderliche Ausbluten nicht überzeugend, da ein betäubtes Tier in gleicher Weise ausblutet wie ein nicht betäubtes. Außerdem bleiben auch beim besten Ausbluten immer noch Blutrückstände im Fleisch, so dass dieses Argument auf jeden Fall angezweifelt werden kann.

Die Region Flandern in Belgien verbot jedoch bereits 2017 die Schlachtung ohne Betäubung, woraufhin jedoch von Religionsvertretern Klage erhoben wurde. Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr in seiner jüngsten Entscheidung (C-336/19) geurteilt, dass es kein Recht auf rituelles Schächten ohne Betäubung gibt. EU-Staaten dürfen somit rituelles Schächten ohne Betäubung der Tiere verbieten. Sie können damit den Tierschutz über die Religionsfreiheit stellen, indem das nationale Recht Schlachtungen ohne Betäubungen verbietet.

Wir Freiheitlichen teilen in diesem Zusammenhang den Standpunkt der Tierschutzorganisationen und des EuGH. Es darf keinen 2-Klassen-Tierschutz geben. Denn jeder, der ein Tier auf diese grausame Weise tötet und sich nicht auf seine Religion berufen kann, begeht eine Straftat und kann wegen schwerer Tierquälerei verurteilt werden.

Es soll ein EU-rechtskonformer Beitrag geleistet werden, Tierleid in einer Form zu lindern, die auch von der mosaischen und moslemischen Religionsgemeinschaft akzeptiert werden kann.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat diesen Antrag in seiner Sitzung am 26. Jänner 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Marlies Steiner-Wieser, Martin Preineder, Claudia Hauschildt-Buschberger und Dr. Andrea Eder-Gitschthaler.

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag der Mitglieder des Bundesrates Marlies Steiner Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Verbot des betäubungslosen Schächtens (285/A(E)-BR/2020) keine Mehrheit (dafür: F, dagegen: V, S, G).

Aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 32 Abs. 6 GO-BR ist ein Ausschussbericht zu erstatten.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Andrea Michaela Schartel gewählt.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung am 26. Jänner 2021 mit Stimmenmehrheit den Antrag, der Bundesrat wolle dem Antrag (285/A(E)-BR/2020) keine Zustimmung erteilen.

 

Wien, 2021 01 26

                      Andrea Michaela Schartel                                                     Christoph Steiner

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender