10633 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

über Beschluss des Nationalrates vom 20. Mai 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 8. März 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das österreichische Parlament hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit der Thematik eines möglichen Verbots von Glyphosat befasst. Im Hinblick auf Entschließungen des Nationalrats und des Bundesrats betreffend ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln, die Glyphosat enthalten, wurde am 20. Mai 2020 ein Gesetzesentwurf notifiziert (Notifikationsnummer 2020/308/A). Die Europäische Kommission, Ungarn und Italien haben dazu Bemerkungen, die tschechische Republik eine ausführliche Stellungnahme übermittelt. Somit endete die so genannte Stillhaltefrist mit dem 19. November 2020; bis zu diesem Zeitpunkt durfte der Gesetzesentwurf nicht beschlossen werden.

Weiters wurde aufgrund einer Entschließung des Nationalrats eine Studie betreffend die Machbarkeit und einen Aktionsplan für den Ausstieg von Glyphosat in Auftrag gegeben und vorgelegt.

Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Europäischen Kommission und der anderen Mitgliedstaaten, sowie der Ergebnisse der österreichischen Glyphosat-Studie der BOKU und AGES wird von einem gänzlichen Verbot Abstand genommen. Stattdessen sollen im Einklang mit der EU-Verordnung (EG) 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Konkretisierung das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat in jenen Fällen eingeschränkt werden, die in der Öffentlichkeit als besonders sensibel wahrgenommen werden, die gemäß dem einschlägigen Unionsrecht als zulässig bewertet werden können und die geeignet sind, das Schutzniveau für die Umwelt und die Menschen zu erhöhen. Insbesondere soll das Expositionsrisiko für alle nicht beruflichen Anwender sowie für gefährdete Personen, die sich möglicherweise auf öffentlich zugänglichen Freiflächen, dazu zählen Sport- und Freizeitplätze, Schwimmbäder, Kindergärten, Kinderhorte und Schulen, Kinderspielplätze, Park- und Gartenanlagen Friedhöfe oder Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen aufhalten, minimiert werden.

Die in Aussicht genommenen Anforderungen für die Inverkehrbringung entsprechen ebenfalls zweien der Sonderbestimmungen, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 der Kommission vom 12. Dezember 2017 zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat neu aufgenommen wurden. Es sind dies die Aufforderungen an die Mitgliedsstaaten, bei der Gesamtbewertung insbesondere auf u.a. den Schutz gewerblicher und nicht-gewerblicher Verwender, und die Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis bei der Verwendung vor der Ernte, zu achten. Die in Aussicht genommenen Anforderungen für die Inverkehrbringung sollen daher bereits in der Zulassung der betroffenen Pflanzenschutzmittel vorgenommen werden.

Die in Aussicht genommenen Anforderungen orientieren sich an den Vorgaben der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, wonach ein Rahmen für eine nachhaltige Verwendung von Pestiziden geschaffen wird, indem die mit der Verwendung von Pestiziden verbundenen Risiken und Auswirkungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt verringert und die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes sowie alternativer Methoden oder Verfahren wie nichtchemischer Alternativen zu Pestiziden gefördert werden.

Gemäß Art. 12 der Richtlinie 2009/128/EG ist die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf bestimmten Flächen so weit wie möglich zu minimieren oder zu verbieten. Dazu zählen ausdrücklich Gebiete, die von der Allgemeinheit oder von gefährdeten Personengruppen (Personen, die bei der Bewertung akuter und chronischer Gesundheitsauswirkungen von Pflanzenschutzmitteln besonders zu berücksichtigen sind, wie schwangere und stillende Frauen, Kinder im Mutterleib, Säuglinge, Kinder, ältere Menschen, sowie Arbeitnehmer und Anrainer, die über einen längeren Zeitraum einer hohen Pestizidbelastung ausgesetzt sind) genutzt werden, wie etwa öffentliche Parks und Gärten, Sport- und Freizeitplätze, Schulgelände und Kinderspielplätze sowie Gebiete in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Integrierter Pflanzenschutz bedeutet im Sinne der Richtlinie 2009/128/EG die sorgfältige Abwägung aller verfügbaren Pflanzenschutzmethoden und die anschließende Einbindung geeigneter Maßnahmen, die der Entstehung von Populationen von Schadorganismen entgegenwirken und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und anderen Abwehr- und Bekämpfungsmethoden auf einem Niveau halten, das wirtschaftlich und ökologisch vertretbar ist und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt reduziert oder minimiert. Der integrierte Pflanzenschutz stellt auf das Wachstum gesunder Nutzpflanzen bei möglichst geringer Störung der landwirtschaftlichen Öko­systeme ab und fördert natürliche Mechanismen zur Bekämpfung von Schädlingen.

Im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes und der guten landwirtschaftlichen Praxis ist auch die Anwendung glyphosathältiger Pflanzenschutzmittel im Rahmen der Vorerntebehandlung ökologisch und ökonomisch nicht erforderlich; darunter ist neben der Sikkation (Abtötung von Kulturpflanzen vor der Ernte zur Reifebeschleunigung) die Spätbehandlung gegen Unkrautdurchwuchs in der reifen Kultur zu verstehen.

Entsprechend der Glyphosat-Studie der BOKU und AGES handelt es sich hierbei um produktspezifische risikominimierende Maßnahmen und Auflagen, die gem. Art 10 Abs. 1 Z 12 B-VG als Anforderungen für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmittel auf Bundesebene im Rahmen des Pflanzenschutzmittelgesetzes vorgenommen werden können.

Die bestehenden Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat sowie das amtliche Pflanzenschutzmittelregister sind von Amts wegen durch das Bundesamt für Ernährungssicherheit entsprechend anzupassen.“

 

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 26. Mai 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Johanna Miesenberger.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Günther Novak, Andreas Lackner, Johanna Miesenberger, Otto Auer, Andreas Arthur Spanring und Martin Preineder.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Johanna Miesenberger gewählt.

Der Ausschuss für Land-, Forst- und Wasserwirtschaft stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2021 05 26

                          Johanna Miesenberger                                                        Martin Preineder

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender