10666 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 17. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 20. Jänner 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu § 27 Abs. 13 letzter Satz:

Die Verpflichtung zur laufenden elektronischen Übermittlung der gemäß dem Gesundheitstelematikgesetz 2012 (GTelG 2012), BGBl. I Nr. 111/2012, erforderlichen Daten aus der Ärzteliste an die Bundesministerin/den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist bereits im GTelG 2012 ausreichend verankert, sodass der letzte Satz in § 27 Abs. 13 daher entfallen kann.“

 

Ein im Zuge der Debatte im Nationalrat eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag war – auszugsweise – wie folgt begründet:

„I. Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte:

Die vorliegende Novelle dient einerseits der Umsetzung der Entschließung des Nationalrats 70/E vom 08.07.2020 (XXVII. GP) und andererseits der Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs vom 5. März 2020 und 12. Juni 2020. Mit der genannten Entschließung erging der Auftrag an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, dem Nationalrat bis längstens 30. Juni 2021 den Entwurf einer datenschutzkonformen Regelung vorzulegen, die sich auf den Zugang der Länder und/oder der Landesgesundheitsfonds zu entsprechend zu definierenden Daten aus der Ärzteliste und der Ausbildungsstellenverwaltung der Österreichischen Ärztekammer bezieht, die vor allem für die Planung der Landesgesundheitsfonds zur Erstellung der regionalen Strukturpläne Gesundheit und zur Qualitätssicherung erforderlich sind.

Hintergrund dieser Überlegungen sind zwei Art. 15a B-VG-Vereinbarungen, die den Landesgesundheitsfonds die Kompetenz zur integrativen und sektorenübergreifenden Planung, Steuerung und Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens übertragen. Als eine der Kernaufgaben der Landesgesundheitsfonds resultiert daraus die Verpflichtung zur Erstellung regionaler Strukturpläne Gesundheit, um die medizinische Versorgungssicherheit langfristig zu planen und sicherzustellen. Hierzu ist erforderlich, dass die Landesgesundheitsfonds über Daten zur Gesamt-Ressourcen-Situation im ärztlichen Bereich in qualitativer, quantitativer, örtlicher und zeitlicher Dimension verfügen. Die für die Planung erforderliche Datenbasis soll den Landesgesundheitsfonds durch den Zugang samt deren Verarbeitung von entsprechend zu definierenden Daten aus der Ärzteliste sowie aus der Ausbildungsstellenverwaltung der Österreichischen Ärztekammer ermöglicht werden, wobei im Wesentlichen diese Daten kategorial als „Mengendaten" zur verfügbaren „Menge" an Ärztinnen und Ärzten und zum Ausmaß ärztlicher Ressourcen zu einem bestimmten Zeitpunkt, als „Qualifikationsdaten" zu fach-und/oder allgemeinmedizinischen Qualifikationen und zu Sonder- und Zusatzqualifikationen der verfügbaren Ärztinnen und Ärzten sowie als „Räumliche Bezugsdaten" zum geografischen Standort der verfügbaren Ärztinnen und Ärzte zusammengefasst werden können.

Überlappend bzw. gleichgelagert sind die Bedürfnisse zur Sicherstellung der öffentlichen Krankenanstaltspflege und der Planung des Rettungswesens durch die Landesregierungen.

Die nunmehr vorgeschlagene Regelung soll daher eine diesbezügliche Datenübermittlung an die und Datenverarbeitung durch die Landesregierungen und die Landesgesundheitsfonds ermöglichen.

Hinsicht der Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs vom 5. März 2020 und 12. Juni 2020 ist Folgendes festzuhalten:

Mit Erkenntnis vom 05. März 2020, G 157/2019 ua hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge „von der Österreichischen Ärztekammer" im ersten Satz sowie die Wortfolge „der Österreichischen Ärztekammer" im letzten Satz des § 10 Abs. 8 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169, idF BGBl. I Nr. 25/2017, die Wort- und Zeichenfolge „und 10" in § 13b Z 2 sowie die Zeichenfolge „10," in § 117c Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169, jeweils idF BGBl. I Nr. 82/2014 als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. März 2021 in Kraft tritt. Im Übrigen wurde § 10 ÄrzteG 1998 idF BGBl. I Nr. 25/2017 nicht als verfassungswidrig aufgehoben, da die Verfassungswidrigkeit bereits durch die dargelegte Aufhebung beseitigt werden konnte (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 12.06.2020, G 252/2019 ua (G 252/2019-13) unter „IV. Erwägungen, Punkt 1.2.1.").

Mit dem genannten Erkenntnis vom 12.06.2020 hob der Verfassungsgerichtshof die Zeichenfolge „10," in § 117c Abs. 2 Z 1 ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169, idF BGBl. I Nr. 20/2019 als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr für Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich (Bearbeitungsgebührenverordnung 2014 — übertragener Wirkungsbereich) idF der 2. Novelle, Kundmachung der Österreichischen Ärztekammer Nr. 2/2019, veröffentlicht am 21. Juni 2019 auf der Website der Osterreichischen Ärztekammer (www.aerztekammer.at), im Hinblick auf die Zeichenfolge „10," in § 1, die Zeichenfolge „, 10" in § 4 und der Anhang der Verordnung (Tarif 2019) im Hinblick auf die Zeichenfolge „§ 10 und" in Punkt 3. gesetzwidrig war.

Zentrale Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs in den gegenständlichen Erkenntnissen waren insbesondere:

           1. Bestimmungen     über die Anerkennung bzw. Zurücknahme oder Einschränkung der Anerkennung als Ausbildungsstätte sind auf den Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen" des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG gestützt (vgl. dazu RV 1386 B1gNR 20. GP, 84, RV 467 BlgNR 24. GP, 3 und VfS1g. 4413/1963). Angelegenheiten des „Gesundheitswesens" sind nicht in Art. 102 Abs. 2 B-VG angeführt. Diese sind nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen, sondern in mittelbarer Bundesverwaltung (VfS1g. 19.123/2010; VfGH 13.03.2019, G 242/2018 ua).

           2. Gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG können in Angelegenheiten, die nicht in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannt sind, auch Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter die Landeshauptfrau/den Landeshauptmann betraut werden. Allerdings dürfen Bundesgesetze, die eine solche Zuständigkeitsübertragung vornehmen, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden (vgl. VfGH 13.03.2019, G 242/2018 ua).

           3. Nach Art. 102 Abs. 4 B-VG darf die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere als die in Art. 102 Abs. 2 B-VG bezeichneten Angelegenheiten nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. Art. 102 Abs. 4 B-VG stellt jedoch nicht auf die Errichtung von Behörden in Angelegenheiten, die nicht in Art. 102 Abs. 2 B-VG oder einer besonderen Verfassungsbestimmung genannt sind, sondern auf die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden ab (vgl. VfS1g. 19.721/2012 mwN; VfGH 13.03.2019, G 242/2018 ua).

           4. Als eine solche Bundesbehörde wird gemäß § 117c Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 die Österreichische Ärztekammer tätig, die gemäß § 195f Abs. 1 ÄrzteG 1998 in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches ausnahmslos an die Weisungen der Bundesministerin/des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gebunden ist.

           5. Ebenso   obliegt der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 117c Abs. 2 Z 1 ÄrzteG 1998 die Erlassung von Verordnungen über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr gemäß § 13b ÄrzteG 1998 unter anderem für die Angelegenheit des § 10 ÄrzteG 1998. Auch in diesem Fall besteht gemäß § 195f Abs. 1 ÄrzteG 1998 eine Weisungsbindung an die Bundesministerin/den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

           6. Da zur Übertragung der Aufgabe der Durchführung von Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten gemäß § 10 ÄrzteG 1998 an die Österreichische Ärztekammer sowie zur Erlassung von Verordnungen gemäß § 13b Z 2 ÄrzteG 1998 eine Zustimmung der Länder gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG nicht erfolgte, ist dies verfassungswidrig.

Auch wenn die fachliche Kompetenz der Österreichischen Ärztekammer zur Erfüllung der behördlichen Aufgaben unbestritten ist, soll mit den vorgeschlagenen Regelungen dem dringlichen verfassungs-/formalrechtlichen gesetzgeberischen Handlungsbedarf entsprochen werden.

Vorgesehen wird nun, dass die Österreichische Ärztekammer als Bundesbehörde im Sinne des Art. 102 Abs. 1 B-VG mit sämtlichen behördlichen Aufgaben im Bereich der An- und Aberkennung von ärztlichen Ausbildungsstätten einschließlich Lehrpraxen und Lehrgruppenpraxen unter der Weisungshoheit der Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner und der Bundesministerin/ des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betraut werden soll. Diese Betrauung wird (vorerst) mit 31. Dezember 2022 befristet, um allfällige weitere Entwicklungen berücksichtigen zu können. Die Novelle sieht somit den Übergang der gegenständlichen Zuständigkeiten auf die Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner ab dem 1. Jänner 2023 vor.

Da durch die Ermächtigung zur Einhebung von Bearbeitungsgebühren für die Durchführung der gegenständlichen Verfahren auch die Verordnungskompetenz der Österreichischen Ärztekammer berührt wird und diesbezüglich nur eine Weisungsbindung an die Bundesministerin/den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vorgesehen ist, soll die Österreichische Ärztekammer diesbezüglich als Bundesbehörde im Sinne des Art. 102 Abs. 4 B-VG mit entsprechender Befristung bis 31. Dezember 2022 tätig werden.

Hinsichtlich der Zuständigkeit zur Führung der Ärzteliste sowie Durchführung sämtlicher mit der Ärzteliste und der Berufsberechtigung im Zusammenhang stehender Verfahren einschließlich Besorgung diesbezüglicher Verwaltungsangelegenheiten soll die durch die Novellen BGBl. I Nr. 86/2020 und 31/2021 normierte Befristung mit 30. Juni 2021 in eine dauerhafte Betrauung der Österreichischen Ärztekammer umgewandelt werden. Diese umfassenden und für eine gesetzliche berufliche Interessenvertretung typischen Aufgaben soll die Österreichische Ärztekammer zukünftig als Bundesbehörde im Sinne des Art. 102 Abs. 1 B-VG im übertragenen Wirkungsbereich unter der Weisungshoheit der Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner und der Bundesministerin/des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wahrnehmen.

Im Übrigen bezieht sich die neue Weisungshoheit der Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner gemäß § 195f Abs. 1, mit Ausnahme der Erlassung von Verordnungen, auf sämtliche behördliche Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich der Österreichische Ärztekammer. Das Weisungsrecht bezieht sich dabei sowohl auf die Österreichische Ärztekammer als auch auf Dritte, derer sich die Österreichische Ärztekammer zur Aufgabenerfüllung bedient. Im Bereich der Qualitätssicherung im übertragenen Wirkungsbereich betrifft dies die Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung & Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH (ÖQMed), sodass sich auch im Bereich der ärztlichen Qualitätssicherung für den niedergelassenen Bereich eine Zuständigkeit der Länder widerspiegelt.

Gemäß Art. 102 Abs. 1 und 4 bedarf die Novelle der Zustimmung der Länder vor Kundmachung.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 22. Juni 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger.

An der Debatte beteiligte sich Bundesrat Dr. Karlheinz Kornhäusl.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger gewählt.


Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2021 06 22

                Claudia Hauschildt-Buschberger                                              Christoph Steiner

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender