10682 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Juni 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Diziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Rechtsanwaltsordnung, das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 20. Mai 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu Art. 1 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung)

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2020 wurden in der RAO zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer eine Briefwahl bzw. Briefabstimmung zur Erledigung der der Plenarversammlung zugewiesenen Aufgaben auch dann anordnen kann, wenn die Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer diese Möglichkeit bislang nicht oder nur eingeschränkt eröffnet. Darüber hinaus wurde eine Beschlussfassung durch den Ausschuss ermöglicht, dass die (im Fall der Briefwahl/Briefabstimmung an sich stets gebotene) Durchführung einer Plenarversammlung ausnahmsweise entfallen kann. Damit wird sichergestellt, dass die von den Plenarversammlungen zu besorgenden verschiedenen Aufgaben auch dann verlässlich und zeitgerecht erledigt werden können, wenn die Durchführung von Plenarversammlungen in Präsenz pandemiebedingt nicht bzw. nicht wie geplant möglich sein sollte. Über Vorschlag der Rechtsanwaltschaft sollen diese zusätzlichen Maßnahmen und Möglichkeiten bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden.

Zu Art. 2 (Änderung des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter)

Mit der Änderung des DSt durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 58/2020 wurde klargestellt, dass die im Bereich der RAO vorübergehend eröffnete Möglichkeit der ausschließlichen Briefabstimmung auch für die Festsetzung bzw. Änderung der Geschäftsordnung des Disziplinarrats zur Verfügung steht. Ebenso wie in der RAO (siehe die Erläuterungen zu den dort vorgeschlagenen Änderungen) soll auch diese Vorkehrung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden.

Zu Art. 3 (Änderung des 1. COVID-19-JuBG)

Es wird vorgeschlagen, das Außerkrafttreten des 1. COVID-19-JuBG um weitere sechs Monate zu verschieben. Denn solange Maßnahmen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz getroffen werden können, bleiben auch Auswirkungen auf den Gerichtsbetrieb möglich. Im Besonderen soll es für weitere sechs Monate möglich sein, bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen unter Verwendung geeigneter Kommunikationsmittel zur Wort- oder Bildübertragung durchzuführen (§ 3 Abs. 1), im Fall der Einstellung der Tätigkeit eines Gerichts ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen (§ 4), besondere Vorkehrungen in Straf- und Strafvollzugssachen (§§ 9 und 10) zu treffen und für die Gerichte im Umlaufweg zu beraten und abzustimmen. Da auch § 3 bereits ein Ablaufdatum in sich trägt, aber die Möglichkeit, Verhandlungen über Videokonferenz abzuhalten, auch in Zukunft bedeutsam sein kann, soll dieses „Ablaufdatum“ ebenfalls um sechs Monate verlängert werden. Nicht verlängert wird die Regelung des § 3 Abs. 4 zu Insolvenz- und Exekutionsverfahren.

Die Verlängerung hat indes keine Auswirkung auf die Unterbrechung und Hemmung von Fristen nach den §§ 1 und 2, weil diese Bestimmungen ausdrücklich nur Fristen bis zum Ablauf des 30. April 2020 betreffen. Dasselbe gilt für die §§ 5 bis 6. Verlängert wird aber die Geltung des § 7 über die Unterhaltsvorschussgewährung.

Soweit sich die Verordnungsermächtigung in § 8 auf die Bestimmungen bezieht, die bereits „abgelaufen“ sind, läuft sie in Zukunft ins Leere. Bedeutsam bleibt aber die Anordnung, nach der die Bundesministerin für Justiz weitere Bestimmungen vorsehen kann, die den Einfluss der Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, auf den Lauf von Fristen und die Einhaltung von Terminen für anhängige oder noch anhängig zu machende gerichtliche Verfahren regeln. Die Verordnungsermächtigung nach § 8 Abs. 2 (besondere Formen oder Örtlichkeiten für die Einbringung von Eingaben an das Gericht und für Zustellungen durch die Gerichte) bleibt ebenfalls bedeutsam. Auch die Verordnungsermächtigungen nach § 9 – mit Ausnahme der bereits „abgelaufenen“ Z 3 – und § 10 bleiben wirksam.

Zu Art. 4 (Änderung des 2. COVID-19-JuBG)

Die Gebührenfreiheit der – mit der Änderung des 1. COVID-19-JuBG vorgeschlagenen – Unterhaltsvorschussgewährung soll ebenfalls verlängert werden.“

Im Zuge der Plenarberatungen wurden auch die Sonderbestimmungen für Verhandlungen und Versammlungen mittels Videotechnologie in Exekutions- und Insolvenzverfahren verlängert.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 22. Juni 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Elisabeth Grossmann und Dr. Karlheinz Kornhäusl.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, G, dagegen: F).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross gewählt.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2021 06 22

                        Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross                                                             Karl Bader

                                   Berichterstatter                                                                        Vorsitzender